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A/N: Mal etwas anderes: Heute seid ihr gefragt zu erraten, wer die beiden Protagonisten sind. Im Verlauf der Handlungen wird es kleine Hinweise geben, anhand derer ihr eure Vermutungen aufstellen könnt. Die Auflösung wird es in einem folgenden Kapitel geben. Ich hoffe euch gefällt diese Idee und viel Spaß beim Lesen sowie Knobeln :)

Zusammengerollt lag er in seinem Bett, die Decke über den Kopf gezogen, das Zimmer vollständig abgedunkelt und durch das fehlende Lüften stickig. Kein anderer Menschen hätte sich in diesem Raum aufhalten könnten, die abgestandene Luft hätte ihn sofort erschlagen. Doch ihm war das egal, er hatte sich daran gewöhnt. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er zuletzt frische Luft in das Zimmer gelassen hatte. Mit Sicherheit war es schon ein paar Wochen her und wenn er so darüber nachdachte, dann befand sich seine gesamte Wohnung in diesem erbärmlichen Zustand. In der letzten Zeit hatte er die Aufnahme von Mahlzeiten und Getränken schleifen lassen, vermutlich mehr als für ihn gesund war. Manchmal erinnerte er sich daran, dass er seinem Körper ein paar Nährstoffe zuführen musste, ansonsten würde er hier elendig krepieren. Doch würde er davon überhaupt etwas spüren? Würde es überhaupt einen Unterschied machen?

Er war zulange alleine mit sich, alleine mit der einnehmenden Dunkelheit und alleine mit den schrecklichen Gedanken in seinem Kopf, die er einfach nicht loslassen konnte. Es fiel ihm schwer sich daran zu erinnern, wer er war, bevor er zu dem geworden ist, was er jetzt nun einmal war. Seine Lebensfreude war erloschen, sie war ebenso tief begraben wie die Splitter seines gebrochenen Herzen. An besonders schlimmen Tagen waren die Gedanken so laut, dass er sich wünschte endlich zu sterben. Endlich Frieden zu finden. Endlich kein Leid mehr spüren müssen. Endlich frei von allem sein. Aber war der Tod wirklich das? Frieden? Erlösung? Wir wussten es nicht und trotzdem redeten wir uns genau das ein - es war Frieden. Wer konnte uns auch etwas gegenteiliges erzählen? Und genau damit gaben wir uns zufrieden. Wir hielten weiterhin fest an unseren Glauben, der uns vorgaukelte, dass der Himmel ein besserer Ort war als die Erde. Er wusste nicht einmal, ob er in den Himmel kommen würde oder nicht eher in der Hölle landete. Schlimmer als sein Leben konnte es kaum sein. Sein Leben war seine persönliche Hölle, der er nicht entfliehen konnte.

Wieder einmal hasste er sich dafür, dass er erneut einen Menschen in sein Leben gelassen hatte. Diese kleine Stimme der Vernunft hatte „Erinnere dich daran, was beim letzen Mal passiert ist. Soll es etwa wieder so sein?" geflüstert, während sein Herz „Verschenk dein Herz. Es wird der richtige Mensch sein." so laut geschrieben hatte, dass er sich diesem hingegeben hatte. Im Nachhinein wunderte er sich, wie blöd er nur sein konnte, um die Vernunft auszuschalten und sich von diesem blöden Ding in seiner Brust leiten zu lassen, das nun schon so oft auf jede erdenkliche Weise gebrochen wurde und zu seiner Überraschung noch immer schlug. Wann kam der Zeitpunkt, an dem es soweit in Scherben lag, dass es endlich aufhörte zu schlagen? Würde dieser Zeitpunkt überhaupt jemals kommen? Bei ihm vermutlich nicht, er würde weiter leiden müssen. Dieses endlose Leid war seine Bestimmung, er konnte ihr nicht enfliehen, egal wie verzweifelt er dies auch versuchte.

War es falsch gewesen, sich eine neue Chance zu geben und sein Herz zu verschenken. Er wollte „Ja!", schreien und doch war dort dieses verzweifelte „Nein.". Auch er hatte ein Recht darauf glücklich zu sein, auch wenn ihm dies unmöglich erschien. „Liebe macht blind.", hatte sein Vater ihm all die Jahre seiner Kindheit eingetrichtert. Sein Vater hielt nichts von Gefühlen, in seinen Augen waren sie eine Schwäche. Als kleines Kind hatte er dies zur Kenntnis genommen, doch je älter er wurde, desto mehr zweifelte er an seinem Vater. Dies hätte er um keinen Preis der Welt auch nur ausgesprochen, vor allem nicht in der Nähe seines Vaters. Viel zu sehr hatte ihm gegraut, wie sein Vater reagieren würde. Schon bei einer belanglosen Kleinigkeit wurde sein Vater unbeschreiblich wütend, dass er als kleiner Junge Angst verspürt hatte. Er hatte sich immer bemüht alles richtig zu machen und hatte lernen müssen, dass er nichts richtig machen konnte.

Aber dieser Junge war nicht wie sein Vater, er war das komplette Gegenteil. Er hatte ihm alle Zeit der Welt gelassen und ihm gezeigt, dass er es wert war geliebt zu werden. Dieser Junge hatte ihm die Schönheit des Lebens vorgeführt, sein Lächeln sorgte dafür, dass er Herzklopfen bekam. Für wenige Wochen hatte er sich so gefühlt, als wäre er etwas wert. Als hätte sein Leben einen Sinn, als wäre es nicht vollkommen nutzlos. Und dann kam dieser Umschwung, der ihm das Herz erneut in Tausend, gar Millionen Einzelteile zeriss. Dieser Junge hatte es mühsam zusammengesetzt, hatte es gepflegt und geheilt, bevor er es wieder zerstörte. Aber er war nicht sauer, er war es gewohnt. Er hatte sich gefragt, wann dieser Tag kommen würde, an dem dieser Junge verstand, dass er es nicht wert war geliebt zu werden. Das er ein Wrack war, das er komplett und nachhaltig zerstört ist. Und so sehr er sich darauf versuchte einzustellen und damit zu rechnen, es riss ihn aus der Bahn.

Bei diesen Erinnerungen überrollten ihn die Tränen. Er war überrascht, dass er überhaupt noch dazu in der Lage war Tränenflüssigkeit zu produzieren. Es sah vermutlich erbärmlich aus, wie er dort lag und weinte, doch das interessierte ihn nicht. Wer war schon da, um ihn zu sehen? Wer war schon da und sah, dass er dem Tod näher war als dem Leben? Niemand. Er war alleine. Schon seit Wochen. Das Bett hatte er seitdem nur notgedrungen verlassen, jedes Klopfen oder Läuten an der Tür ignoriert. Er vegetierte vor sich hin und glaubte manchmal, dass seine Seele seinen Körper verlassen hatte. In diesen Momenten fühlte er sich nahezu befreit und schwerelos, bis seine Blase drückte oder sein Magen knurrte. Es fühlte sich schmerzhaft an auf dem Boden der Realität zu landen, die ihn jedes einzelne Mal wieder einholte. Egal wie schnell er wäre, die Realität wäre um ein vielfaches schneller und würde ihn immer wieder einholen. Und so hatte er es aufgegeben wegzulaufen und bewegte sich auf der Stelle. Er kam nicht vor und auch nicht zurück.

„Hallo?", hörte er eine vertraute Stimme, die dafür sorgte, dass sich sein verkrüppeltes Herz schmerzhaft zusammenzog und sich die Splitter in seinen Brustkorb bohrten. Konnte es wahr sein? Konnte er wirklich hier sein, konnte er sich wirklich Sorgen um ihn machen und nach ihm schauen. Doch er rührte sich nicht. Er blieb weiterhin unter seiner Decke liegen und hoffte, dass er nicht bemerkt werden würde. Trotzdem spitzte er seine Ohren und glaubte zu hören, wie er durch seine Wohnung lief und nach ihm suchte. Die Schritte stoppten immer wieder, bevor sie sich wieder in Bewegung setzten und immer näher kamen. Schlussendlich hatte er das Schlafzimmer erreicht und öffnete die Tür. Der erste Weg führte ihn direkt zu seinem Fenster, dort zog er die Vorhänge auf und ließ frische Luft in das Zimmer. Er rührte sich immernoch nicht, obwohl er wusste, dass er entdeckt worden war.

Die Matratze senkte sich auf der anderen Seite ab und er spürte den so vertrauten Körper an seinem. „Bist du wirklich hier?", flüsterte er. Zum einen fehlte ihm die nötige Kraft und zum anderen glaubte er zu träumen. „Ich bin hier. Und ich werde nicht gehen.", flüsterte diese engelhafte Stimme in sein Ohr und er spürte die weichen Locken, die seinen Nacken streiften. „Du bist schon gegangen.", entgegnete er und konnte nicht glauben, dass er diese Worte ausgesprochen hatte. „Es war vielleicht die falsche Zeit sich zu verlieben, aber was ich für dich gefühlt habe, hat sich richtig angefühlt.", erklang die Stimme wieder und er spürte, wie sich diese zarten Lippen auf seinen Nacken legten und dort federleichte Küsse verteilte. „Ich verstehe dich nicht.", offenbarte er. „Ich verstehe mich auch nicht. Ich hoffe nur, dass es noch nicht zu spät ist und du mir eine zweite Chance gibst."

„Du wirst wieder gehen. Du wirst sehen, dass man mich nicht lieben kann und das ich kaputt bin. Du wirst sehen, dass ich Probleme habe zu vertrauen und mich zurückziehe, wenn ich Gefahr laufe verletzt zu werden. Du wirst sehen, dass ich-", doch bevor er weiterreden konnte, spürte er die Lippen auf seinem Mund und wie sie ihn zum Schweigen brachten. Das erste Mal seit so vielen Wochen fühlte er sich wieder lebendig, er genoss das Prickeln in seinem Körper. „Und vor allem werde ich dir zeigen, dass ich dich trotz allem lieben werde. Es hat mir zuerst Angst gemacht, aber meine Gefühle für dich sind stärker. Ich verspreche dir, dass ich bei dir bleiben werde und dich unterstützen werde. Es ist okay, wenn du mir noch nicht wieder vertrauen kannst oder du dich manchmal von mir entfernst. Du sollst nur wissen, dass ich da bin.", flüsterte der Engel gegen seine Lippen.

„Du wirst nicht gehen?", fragte er noch einmal nach,
„Ich bleibe."
„Du wirst bei mir bleiben?"
„Für immer."
„Auch wenn ich kompliziert bin?"
„Besonders dann."
„Warum?"
„Weil dir mein Herz gehört."

Ende

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