66. Mick Schumacher x Dennis Hauger

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Genervt verließ er den Raum, in dem sie zuvor über mehrere Stunden hinweg das Rennergebnis analysiert und nach Verbesserungen gesucht haben. Man sollte meinen, dass diese Besprechungen aufgrund eines Autos kürzer ausfallen würden, doch damit täuschte man sich. Die Mitarbeiter von Haas schossen sich auf sein Rennen ein und nahmen jede einzelne Entscheidung genaustens unter die Lupe, um zu sehen, wo man ihm einen weiteren Fehler unterstellen konnte. Dieses Prozedere kannte er von vorherigen Rennen und folgte dem Gespräch nur noch halbherzig. Mick war vermutlich der Einzige, der von allen Anwesenden erkannte, dass nicht nur seine Fehler dazu geführt haben, dass sie wieder einmal nicht in die Punkte gefahren sind. Er hatte eine starke Leistung auf der Strecke erbracht und fuhr konstant in den oberen Rängen, bis ein Boxenstopp seinem Rennen ein unschönes Ende bescherte. Daran waren nicht nur die Angestellten von Haas beteiligt, auch andere Anwesende trugen ihren Teil dazu bei. Doch diese Tatsache schien niemand zu erkennen oder auch nur das Bestreben zu verfolgen, dass sie dies erkannten. Viel einfacher war es, wenn man über Stunden hinweg seinem Fahrer versuchte Fehler zu unterstellen, damit man wieder einmal einen Sündenbock für ein verkorkstes Rennen vorweisen konnte. Mick war es leid, dennoch blieb er stumm und nahm diese Vorwürfe ohne einen weiteren Kommentar auf. Einmal hatte er dies versucht, doch hatte dieser Versuch dazu geführt, dass er sich immer tiefer in die Scheiße ritt. Also schwieg er und betete dafür, dass diese Besprechungen ein schnelles Ende fanden und er sich in sein Zimmer flüchten konnte.

Schnell verschwand er um die nächste Ecke und befand sich zielstrebig auf dem Weg zu seinem Fahrerzimmer, als er eine Stimme hinter sich wahrnahm. „Mick!", rief eine Stimme mit dänischem Akzent. Er blieb stehen und schloss seine Augen, bevor er sich umdrehte und seinen Teamkollegen mit einem freundlichen, wenn auch aufgesetzten Lächeln anschaute. „Was gibt es Kevin?", fragte er diesen, als er ihn erreicht hatte und neben ihm herlief. Innerlich wünschte er sich, dass der Däne ihn bald darauf wieder allein lassen würde, doch schien dieser etwas auf dem Herzen zu haben. Sie erreichten fast schweigend das Fahrerzimmer des Deutschen, in welchem dieser sich auf seine Liege setzte und darauf wartete, was sein Gesprächspartner tat. Dieser lehnte sich an die Wand und stand ihm direkt gegenüber. „Es tut mir leid, Mick.", sagte dieser, nachdem weiter Stille herrschte und der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher sich seltsam vorkam. Irritiert schaute er seinen Teamkollegen an und wartete darauf, ob dieser noch etwas sagte. „Es tut mir leid, wie dich die anderen Leute hier behandeln. Als ob du unfähig wärst dieses Auto zu führen, denn das bist du ganz bestimmt nicht und das wissen sie eigentlich auch.", erörterte sein Gesprächspartner weiter und brachte Klarheit hinter seine Aussage. „Das ist schon okay Kevin, daran trägst du keine Schuld.", winkte er selbst ab und hoffte, dass ihr Gespräch damit beendet war.

„Das weiß ich, Mick. Dennoch finde ich es schade, dass diese Leute dein Potenzial unterdrücken und dich offenbar nicht wertschätzen können. Jeder Fahrer von uns hatte schwierige Zeiten und ist aus diesen wieder hinausgekommen, sie sollten sich nicht so dermaßen auf dich einschießen. Am Ende des Tages sind genau diese Vorwürfe und haltlosen Unterstellungen der Grund, weswegen wir uns weiterhin auf der Stelle bewegen und nicht nach vorne kommen, wo wir hinwollen. Dafür müsste man bei allen Parteien die Fehler erkennen und benennen, um diese im Anschluss zu lösen und somit dafür zu sorgen, dass wir nicht weiter auf der Stelle treten. Zudem sollte man seinen Fahrer nicht bewusst ausbremsen und durch offensichtlich verkorkste Boxenstopps das Rennen versauen, um ihm daraus einen Strick zu drehen.", führte Kevin weiter aus und sein deutscher Teamkollege wusste, dass dem Dänen diese Tatsache sauer aufstieß. Mit jedem weiteren Wort klang er verbitterter und Mick beschlich das Gefühl, dass er diese Aussagen schon eine ganze Weile in sich trug mit der Hoffnung sie irgendwann aussprechen zu können. „Du bist ein toller Fahrer Mick und ich finde es nicht fair, wie sie mit dir umgehen. Auf dir lastet ohnehin ein wahnsinniger Druck von den Medien, da sollte dein Team nicht um die Ecke kommen und noch mehr Druck aufbauen. Sie sollten hinter dir als Fahrer stehen und sich nicht negativ in der Öffentlichkeit über dich äußern. Auch das ist nicht förderlich für das Ziel, welches wir zu erreichen versuchen." Mick wusste ganz genau, auf welchen medialen Druck der Däne anspielte und wurde von einer Welle der Trauer überrollt. Natürlich war er nicht wie sein Vater und er würde auch nie so sein, weil er eben nicht Michael ist. Er hatte die Leidenschaft seines Vaters geerbt und gab alles dafür, um eines Tages in dessen Fußstapfen zu treten, doch bis dahin war es noch ein langer Weg.

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