Kapitel 27

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Was mir jetzt noch gefehlt hatte, war, dass die Beiden sich anfreundeten. Das konnte und durfte nicht passieren. Niemals! Genauso gut könnte ich mein eigenes Grab schaufeln.

„Raif wollte sich wegen Lorik bedanken", sagte Berat.

Oh, okay. Lorik. Kindergarten. Brand. Das hatte ich glatt vergessen. Ich strich mir meine nassen Haare aus dem Gesicht und näherte mich den Beiden. Raif stand auf und hielt mir seine Hand hin, und so wie es sich gehörte, ergriff ich diese auch.

„Ich hab gehört was passiert ist und .. danke. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich auch noch Lorik verloren hätte. Tausend Dank, dass du ihn und den anderen da raus geholt hast."

„Jeder hätte an meiner Stelle das selbe gemacht", antwortete ich.

„Ja, vielleicht. Trotzdem wollte ich mich persönlich bedanken. Lynn kommt später auch vorbei ..."

Er zuckte mit den Schultern und sah mir dabei intensiv in die Augen. Ich bereute es mich neben Berat gesetzt zu haben, denn dieser legte einen Arm um mich und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. Er spielte mit und tat so, als wisse er, was gestern passiert war. Dieser Heuchler!

Am liebsten hätte ich ihn von mir gestoßen und ihm eine geklatscht. Oder ihn mit dem Kissen, der auf dem freien Sessel lag, erstickt. Wo wir gerade beim Kissen waren. Raifs Augen fixierten diesen kurz, bevor er mich wieder ansah. Und zwar auf eine Art und Weise, die mir eine Gänsehaut einjagte. So nach dem Motto: „Läuft wohl nicht, was?"

„Egi ist ein Engel. Ein Schutzengel", sagte Berat. „Hast du gewusst, dass sie Angst vor Feuer hat?"

Raif schüttelte brav seinen Kopf und tat so, als sei er überrascht. Wenn das doch nur das Einzige wäre, das er von mir wusste ..

„Sie hat es trotzdem geschafft cool zu bleiben und die Jungs raus zu bringen. Und dann hat sie diesem Verrückten eine Gehirnerschütterung verpasst."

Ich warf Berat einen überraschten Blick zu. Woher wusste er davon? Er hatte sicher mit Rinor gesprochen, anders konnte ich mir das gerade nicht erklären.

„Kann es kaum glauben, dass diese Powerfrau zu mir gehört", fuhr er stolz fort.

Was sollte das denn werden, wenn es fertig war? Wieso machte Berat auf heile Welt und tat so, als seien wir ein frisch verliebtes Pärchen? Das nervte mich. Und zwar vor allem deshalb, weil er es vor Raif machte, es war zwecklos mir etwas anderes einzureden.

„Du Glückspilz", antwortete Raif höflich.

Oh Gott, seine Tonlage brachte mich völlig aus dem Konzept. Entging Berat etwa der Blick, den Raif mir zuwarf, oder bildete ich mir das nur ein? Ich hoffte ja, dass Letzteres der Fall war.

Um dieser unangenehmen Situation zu entkommen, stand ich auf und bot Kaffee an, den Raif abschlug — Gott sei Dank.

„Ich muss zur Arbeit, wollte nur kurz danke sagen, bevor wir weg sind", sagte er.

„Wohin geht ihr?", fragte Berat überrascht.


Ein komisches Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Ich senkte meinen Kopf und starrte auf den Parkettboden, während Raif erzählte, dass sie eine neue Wohnung gefunden hätten.

Schließlich stand er auf, dankte mir abermals und reichte mir zum Abschied seine Hand. Die Berührung verursachte eine solche Gänsehaut, dass ich befürchtete Berat würde etwas merken. Dieser schien jedoch in seiner eigenen Traumwelt zu weilen, so, als wäre er gar nicht präsent. Was war nur mit ihm los? Wo schweiften seine Gedanken jetzt schon wieder hin?

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