Kapitel 42

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Raif und Alban? Wieso wurde ich das Gefühl nicht los, dass das ein schlechtes Zeichen war? Ein sehr schlechtes. Ich wandte mich ab und betrat das Krankenhaus. Obwohl meine Gedanken Karussell fuhren, rief ich mich zur Vernunft und redete mir ein, dass das alles eine plausible Erklärung haben musste. Ich nahm mir vor, Raif sofort darauf anzusprechen.

Im Wartebereich suchte ich nach Fiona, fand jedoch nur Ilir vor. Er sah fix und fertig aus und sein Anblick erinnerte mich vom Neuen daran, wofür ich verantwortlich war. Mit kleinen Schritten näherte ich mich ihm. Als er mich bemerkte, stand er auf und kam auf mich zu.

„Ich wollte dich gerade anrufen",sagte er.

Jegliche Farbe wich mir vor Angst aus dem Gesicht. In Sekundenschnelle bildete sich ein gewaltiger Knoten in meiner Brust. War es möglich, dass sich ihr Zustand verschlechtert hatte, während ich zu Hause saß? Ich schwankte zu einen Stuhl und setzte mich, weil ich das Gefühl hatte, die Krankenhauswände würden sich drehen.

„Egzona, stimmt was nicht?", fragte Ilir besorgt und setzte sich neben mich.

„Ist Jeta .. also .. geht es meiner Mutter gut?"

„Es ist alles okay. Verläuft alles reibungslos."

Ich stieß einen tiefen Seufzer aus und versuchte meine Atmung zu stabilisieren. Unglaublich, wie hilflos ich meiner Angst ausgeliefert war. Ilir tätschelte mir beruhigend den Arm.

„Schön, dass du da bist. Ich wollte dich um etwas bitten", sagte er

„Alles, was du willst", antwortete ich schnell. „Soll ich Fisnik abholen?"

„Nein, ich -"

„Ich kann mich um ihn kümmern, wirklich."

„Eigentlich -"

„Ich hab mich zwar krank schreiben lassen, aber das macht nichts."

„Egzona!"

Ilir zwang mich ihn anzusehen, indem er kurz nach meinem Arm griff. Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. Ich bewunderte ihn, dass er trotz allem einen kühlen Kopf bewahrte. Einer musste es schließlich tun.

„Eigentlich wollte ich, dass du Jeta besuchst", sagte er.
„Aber ich bin doch hier?"

„Nein, ich meine einen richtigen Besuch. Auf der Intensivstation."

Ich war baff. Um ehrlich zu sein, hatte ich mich nicht getraut ihn danach zu fragen, schließlich waren die Besuche begrenzt. Jetzt war ich so unglaublich glücklich, dass ich in Tränen ausbrach.

„Die Ärzte sagen, dass Freude sich positiv auf die Genesung auswirken kann. Und was würde deiner Mutter mehr Freude bereiten, als deine Anwesenheit?"

„Danke", sagte ich weinend und nahm seine Hände. „Danke, danke, danke."

„Vielleicht flüsterst du ihr das ein oder andere nette Wort ins Ohr."

Ich nickte schniefend.

„Sie liebt dich, Egzona."

„Ich weiß und ich werde ihr diese Liebe doppelt zurückgeben. Das schwöre ich!"

Er nickte zufrieden und lehnte sich müde zurück. Ich dankte ihm noch einmal, bevor ich schließlich aufstand und mich für den Besuch anmeldete. Eine Krankenschwester lächelte mich freundlich an.

„Bitte nicht allzu lange bleiben",bat sie mich. „Wir wollen Frau Berisha schließlich nicht überfordern, oder?"

Ich nickte zustimmend, und nachdem ich mein Handy ausgeschaltet und mir die Hände desinfiziert hatte, betrat ich den Raum. Oh Gott! Ich blieb erst einmal wie gelähmt ander Tür stehen. Es tat unglaublich weh, all diese Geräte und Schläuche zu sehen, an denen sie angeschlossen war.

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