𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟚

95 17 2
                                    

- Es tut mir wirklich leid.

Nachdem Robin Nia schon sechs Nachrichten geschickt hatte und sie immer noch nicht darauf reagierte, machte er den Versuch, sie anzurufen.

Es klingelte einmal und zack wurde er weggedrückt.

Wütend das sie so stur war, brummte er mit zittriger Hand, mit der er sein Handy hielt, herum.

Das waren immer Momente, wo er sich dachte, dass es als ihr bester Freund einfacher war, mit ihr umzugehen.

Er verstand auch nicht, wieso sie nur bei ihm so war. Robin wusste ganz genau, dass sie Jenaro zum Beispiel jeden Scheiß sofort verziehen hatte. Und dabei hatte er selbst nichts Schlimmes getan. Nachdem sie zum x-ten Mal meinte, ihre Mutter würde sich unfair ihrem Vater gegenüber verhalten, hatte Robin lediglich gesagt, das fremdgehen das respektloseste ist, das man einer Person antun kann, der man sagt, das man sie lieben würde. Woraufhin sie behauptete, dass jedem mal so etwas passieren könnte. Was ihn schlicht und einfach dazu brachte zu fragen, wann er denn damit rechnen müsste, dass sie sich anderweitig umschauen würde.

Sie war so sauer, dass sie ein Ei nach ihm geworfen hatte, das glücklicherweise an seinem Pulli abprallte und erst auf dem Boden kaputt ging.

Sein Handy vibrierte.

- Ich mag es nicht, wenn du so scheiße zu mir bist.

Er stöhnte auf über die Wahrnehmung seiner Freundin. Doch er hatte ebenso keine Lust, jetzt eine Diskussion übers Handy zu führen.

- Wo bist du? Ich komme dahin.

- Bushaltestelle.

Er nahm sich seine Jacke und ging hinunter. Als er sich die Schuhe anzog, schmulte sein Vater um die Ecke. »Wohin?«

»Nia.« , antwortete er kurz und knapp.

»Kommt ihr wieder hier hin, oder bleibt ihr weg?«

»Weiß ich noch nicht. Wieso?«

Katja schlug auf Vincents Oberarm. »Lass den Jungen in Ruhe.«

Dieser lachte. »Ich wollt' doch nur wissen, wie lange wir ... ungestört wären.«

Robin verzog sein Gesicht. »Ja jetzt werde ich lange wegbleiben. Danke für den Film in meinem Kopf.«

»Hey, Kopfkino hatte ich lang genug, als ich dich auf der Tochter meines besten Freundes gesehen habe.« , konterte dieser.

Robins Augen rollten zur Seite und er öffnete die Haustüre. »Bis später.«

Ohne Umwege steuerte er sofort die Haltestelle an, wo er seine Freundin schon sitzen sah. Er sagte kein Wort und setzte sich neben sie. Sie hatte geweint, das vernahm er als Erstes und er griff unmittelbar nach ihrer Hand, die er dann festhielt.

»Warum bist du in letzter Zeit immer so zu mir?« , fragte sie schließlich.

»Nia, wir sehen die Sache halt unterschiedlich. Das heißt aber nicht, dass ich dich nicht liebe.«

»Ich seh' das nicht unterschiedlich, aber du verstehst mich einfach nicht.«

Er war sich nicht sicher, was sie nun genau meinte. »Was verstehe ich denn nicht?« , fragte er mit ein wenig Vorsicht.

»Ich will nicht alleine sein.« , sagte sie.

»Du bist doch nicht alleine.«

»Doch. Es wird so kommen.«

»Wer lässt dich denn alleine?« Wieder fragte er, was sie genau zum Ausdruck bringen wollte, weil er sich nun selber die Frage stellte, ob sie ihn damit meinte. Nia begann zu weinen und Robin nahm sie sofort in den Arm. »Niemand lässt dich alleine.« , sagte er, als er über ihren Kopf streichelte.

»Doch. Mein Vater.« , schniefte sie.

»Dein Vater lässt dich nicht alleine.«

Nia löste sich aus seiner Umarmung und wischte sich mit den Fingern die Tränen von den Wangen. »Ich find' das auch nicht toll, was er gemacht hat, aber ... ich will, dass er wiederkommt. Zu uns.«

»Das verstehe ich ja, aber ...«

»Nein, du verstehst nicht.« , unterbrach sie ihn. »Er ersetzt uns. Erst meine Mutter und dann mich.«

»Er ersetzt dich nicht.«

»Doch.« Sie schniefte erneut. »Er bekommt ein Kind mit einer anderen.«

»Ja, aber das heißt nicht, dass er dich ersetzt Nia. Du bist du. Und das Kind ... ist sein anderes Kind.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Er wird zwei Familien haben und eine davon wird seine Lieblingsfamilie sein. Meinst du, er wird zu uns kommen, wenn meine Mutter ihn ignoriert? Ihn wie Scheiße behandelt? Nein. Er wird immer bei der anderen Frau sein und bei dem anderen Kind. Irgendwann wird er mich dann komplett vergessen, weil ich ja kein kleines Kind mehr bin.«

»Nein Nia. Das wird er nicht tun. Du bist seine Tochter. Du darfst dir nicht so einen Schwachsinn einreden.« , sagte Robin. »Selbst wenn dein Vater in Alaska leben würde, würdest du sein ein und alles bleiben.«

»Nein. Er ersetzt uns. Ich will doch nur, dass meine Mutter ihn wieder nimmt. Das sie ihm verzeiht ... und das dann alles wieder so wie früher wird.«

»Ich glaube, selbst wenn sie ihm verzeihen würde, würde es nie wieder so wie früher sein.«

»Aber darf ich mir das deshalb nicht wünschen?«

»Natürlich, aber ... das liegt nicht in deiner Macht Nia. Das ist die Sache deiner Eltern und du hast es leider so hinzunehmen.« Er streichelte sanft über ihren Rücken. »Aber egal, was noch kommen wird, dein Vater wird keine Lieblingsfamilie haben und erst Recht wird er dich nicht ersetzen.«

Sie zog die Nase hörbar laut hoch. »Bist du dir da sicher?«

»Natürlich. Dein Vater liebt dich abgöttisch.«

»Aber das ist es ja.«

»Was?«

»Er sagte auch immer, er liebt meine Mutter über alles ... und dann ... jetzt hat er diese andere.«

»Er ist mit ihr zusammen?«

»Nein. Also ich weiß es nicht. Aber ich will das einfach nicht. Ich will, dass er wieder zu uns kommt. Wir sind doch seine Familie.«

»Vielleicht wird es ja doch wieder.« , sagte er, obwohl er darin keine Hoffnung sah. Robin wollte einfach nicht mehr, dass seine Freundin traurig war.

»Meinst du?«

»Wer weiß. Du kannst nur abwarten. Vielleicht ... ja vielleicht hilft ein wenig Abstand ja und sie kommen dadurch wieder zusammen.«

»Du meinst, sie werden sich dann vermissen?!«

»Kann gut möglich sein. Aber ... Nia, auch wenn nicht, musst du es akzeptieren. Deine Eltern lieben dich und keiner wird dich alleine lassen.«

Sie trocknete sich abermals die Tränen und stand dann auf. »Sollen wir wieder zu dir?«

Er verzog ein wenig die Mundwinkel. »Lass uns lieber erst noch etwas herumlaufen. Will da zu Hause in nichts reinplatzen.« , sagte er und stand dann ebenso auf, ehe er seine Freundin an die Hand nahm und mit ihr losging.

Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)Kde žijí příběhy. Začni objevovat