Erneutes Treffen

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Es war seltsam dieses Gefühl völlig unbeschadet unter Wasser zu treiben, dachte Lucy als sie ihren Geist öffnete um das Geschehen zu verfolgen. Sie wusste nicht wann es los gehen würde, da sie so tief im schwarzen See war, dass sie Geräusche von außen nicht hörte. Sie hätte hoch treiben können doch sie war zu fasziniert von dem Ausblick der sich ihr bot. Ein Ausblick, den wohl noch nicht viele Menschen zu Gesicht bekommen hatten ohne die Konsequenzen zu spüren in das Reich der Meeresbewohner eingedrungen zu sein. Steinerne mit Algen bedeckte Häuser wurden vom trüben Licht angestrahlt, die erstaunlich viele Ähnlichkeit mit menschlichen Häusern hatten. Um manche davon waren Tanggärten angelegt, und vor einer Tür, an einem Pfahl angeleint, sah sie sogar einen Hausgrindeloh. Lucy war zusammen mit den anderen an einer gigantischen Statur angebunden die auf einer Art Dorfplatz zu stehen schien. Wassermenschen mit langen Sperren standen vor der Gruppe Geiseln und sangen das seltsame Lied von dem Lucy wusste, dass es Teil des Eierrätseln gewesen war. Lucy ließ ihren Geist weiter treiben. In ein paar der Häusern sah sie kleine Familien fröhlich beisammen sitzen - Eltern und Kinder beim Essen oder gemeinsamen spielen - und unwillkürlich kam ihr der Gedanke, dass auch über die Wassermenschen einige Gerüchte in der Zaubererwelt existierten die so nicht ganz zu stimmen schienen.
Lucy war so fasziniert von dem Anblick, dass sie nicht mal bemerkte, wie etwas von außen an ihrem Geist zog, so unvorsichtig, dass es eindringen konnte bevor sie die Möglichkeit hatte sich zu schützen.

Als sie die Augen öffnete stand sie in einem heruntergekommenen Zimmer. Dicke Staubwolken lagen auf den alten dunklen Möbeln, den Fensterbänken und dem Boden. Sie kannte das Zimmer, hatte schon einmal davon geträumt. Lucy's Nackenhaare stellten sich auf als die hohe kalte Stimme zu sprechen begann.
„Lucy Potter. So sehen wir uns wieder."
Die Stimme klang schwach und dennoch begann Lucy zu frösteln. Sie sah erneut nur auf den Rücken des Stuhles, konnte den Menschen dahinter nicht erkennen.
„Wie komme ich hier her?", fragte sie und bemühte sich eine feste Stimme zu wahren.
„Du bist mächtig kleine Lucy und dennoch macht deine Gabe dich ebenso schwach. Du lässt deinen Geist unbewacht wenn du ihn schweifen lässt", antwortete Voldemort gelangweilt.
„Warum bin ich hier?", fragte sie. „Was willst du von mir?"
„Ich habe deinen Zorn gespürt", antwortete Voldemort.
„Meinen Zorn?", fragte Lucy verwirrt nach.
„Den Zorn tief in deinem Inneren, kleine Lucy. Du bist zornig über diese ungerechte Welt. Du hast die Wassermenschen gesehen, nicht wahr?"
„Woher weißt du das?"
„Ich weiß was momentan in der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei vor sich geht", sagte er bloß. Lucy erschauderte.
„Was willst du nun von mir?", fragte sie erneut.
„Ich möchte dir helfen", antwortete er und der Stuhl wurde herum gedreht. Doch entgegen Lucys Vermutung saß dort nicht der Voldemort den sie aus der Erinnerung an den Tod ihrer Eltern kannte sondern ein siebzehn jähriger Junge.
„Tom", hauchte Lucy verwirrt.
„Ich dachte mir, dass du diese Gestalt eher bevorzugen würdest als das was ich im Moment bin. Ich möchte mich mit dir unterhalten Lucy."
In Lucy stieg unbändige Wut auf. Unzählige Erinnerungen an den Jungen mit den faszinierenden Augen kamen in ihr hoch. Wie er Ginny Monate lang manipuliert hatte um Morde in seinem Namen zu begehen, wie er sie entführt und zum Sterben zurück gelassen hatte nur um selbst wieder auferstehen zu können und die Erinnerung an einen verbotenen Tanz im Dämmerlicht.
„Sag mir, kleine Lucy, was liegt dir an den Geschöpfen dieser Welt?", fragte Tom und schien wirklich an ihrer Antwort interessiert zu sein. „Warum liegt dir ihr Schicksal so am Herzen? Was macht dich so wütend auf die Hexen und Zauberer dieser Welt?"
„Würde ein Mensch wie du das überhaupt verstehen?", fragte sie zischend und ballte ihre Hände zu Fäusten.
„Lass es mich versuchen", sagte Tom überlegend. „Du kannst dich mit ihnen identifizieren, nicht wahr? Du, die alleine in der Muggelwelt aufgewaschen ist. Die gefoltert wurde nur weil alle um dich herum Angst vor dir hatten. Du verstehst sie, nicht wahr?"
Lucy war verblüfft. Gegen ihren Willen stieg ein wenig Bewunderung in ihr auf.
„Irgendwie schon", antwortete sie. „Viele von ihnen wollen nur leben ohne Angst haben zu müssen verstoßen zu werden. Gejagt und getötet für den Vorteil der Zauberer."
„Wenn du das ändern könntest, würdest du es tun?", fragte er mit einem funkeln in den Augen.
„Was meinst du?", fragte sie. Tom trat näher an sie heran. Lucy wusste nicht warum, doch sie ließ es zu, gefangen in seinem Blick.
„Würdest du diese Welt gerne ändern?", fragte er und legte seine Hand auf ihre Hüfte. Sanft nahm er ihre andere Hand in seine und sah ihr tief in die Augen. Lucy schluckte doch sie konnte sich nicht mehr befreien. Er hielt sie nur mit seinem Blick fest.
„Würdest du?", fragte er erneut und ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen.
„Wie könnte ich alleine die Welt verändern?", fragte sie atemlos.
„Du bist mächtig, kleine Lucy", sagte Tom erneut. „Mit deiner Gabe stehen dir alle Türen offen. Du musst sie nur nutzen um all jenen die helfen die ungerecht behandelt werden. Ich könnte dir dabei helfen. Ich könnte dir zeigen wie du deine Gabe richtig einsetzen kannst."
Ein eiskaltes Gefühl bereitet sich in Lucys Magen aus und sie entfernte sich blitzschnell von dem Jungen.
„Du willst mich nur benutzen Tom!", rief sie vorwurfsvoll. „Du willst mir nicht helfen, du willst dich selbst bereichern!"
„Lucy...", sagte er sanft und hob seine Arme. „Ich möchte dir nicht weh tun. Ich möchte dir wirklich helfen."
„Warum?", zischte sie. „Warum hast du so ein Interesse an mir?"
„Du bist interessant", antwortete er und trat wieder einen Schritt näher. „Du bist anders als die anderen, du bist etwas besonderes."
„Ach ja?", fragte Lucy und hob eine Braue. „Würdest du das auch so sehen wenn ich diese Gabe nicht hätte? Hätte ich dann überhaupt einen Wert für dich? Du bist nicht an mir interessiert sondern an meiner Kraft."
Vor ihr blieb er stehen und griff erneut nach ihrer Hand. Lucy wollte ihn abschütteln doch Tom war stärker als sie. Er legte seine Hände um sie, drückte sie zurück an die Wand und hielt sie dort fest.
„Was willst du von mir?", fragte Lucy atemlos. Tom beugte sich zu ihr hinunter und schloss seine Augen. Gänsehaut breitete sich auf ihrem ganzen Körper aus als sein Gesicht dem ihren immer näher kam...

Als Lucy die Augen öffnete sah sie blauen Himmel über sich. Das erste Gesicht, dass sie erkannte war das von Ava. Lucy fröstelte. Sie spürte noch immer die Wärme von Toms Atems auf ihrem Gesicht und die kalten Hände auf ihren Armen. Schon wieder war sie seinem Charme erlegen obwohl sie sich selbst geschworen hatte sich von dem Jungen fernzuhalten. Frustriert schloss sie die Augen und biss sich auf die Lippe als sie spürte wie ihr heiße Tränen der Wut und der Scham in die Augen traten.
„Lucy du musst jetzt aufstehen", flüsterte Ava ihr ins Ohr. „Wir sind immer noch mitten in der zweiten Prüfung."
Lucy riss die Augen auf und setzte sich auf. Tatsächlich, sie lag auf dem Steg der mitten in den schwarzen See führte. Gefühlt hundert Augenpaare musterten sie. Sie wunderten sich wahrscheinlich was passiert war, warum sie als einzige Geisel nicht sofort aufgewacht war als sie die Wasseroberfläche erreichte und warum sie nun dort lag und aussah als hätte sie das Ende der Welt miterlebt.
„Alles in Ordnung?"
Harry trat an ihre Seite, Fred und George im Schlepptau die beide sofort an Lucys Seite traten. Mit wackligen Knien stand Lucy auf, ging wortlos zu George der seine Arme um sie schlag. Lucy versteckte ihre Gesicht an seiner Brust als sie die Tränen nicht mehr unterdrücken konnte. Obwohl nichts passiert war, und Ava sie hatte zurück holen können bevor es zu einem Kuss gekommen war, fühlte sie sich schmutzig, als hätte sie George betrogen. Sie wusste, dass sie mit Dumbledore reden musste über das was geschehen war, er, der sie gewarnt hatte sich von Tom Riddle fernzuhalten, doch sie konnte nicht. Denn sie wusste, tief in ihrem Inneren, vergraben unter Zorn und Stolz, da interessierte der Junge mit den kalten Augen sie. Und das war etwas, was Lucy sich nicht eingestehen wollte. Denn wenn sie ehrlich war bereitete ihr das eine Heiden Angst.

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #4 Where stories live. Discover now