Unmusikalisch

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Im Haus gegenüber gibt die Klavierlehrerin gerade Privatstunden, wer auch immer dort immer das gleiche Teilstück spielen muss, ist nicht unbegabt, sie jedoch scheint seit Stunden nicht zufrieden. Aber mir ist dazu etwas eingefallen:     


Habt ihr euch schon mal vorgestellt,

ihr könntet selber spielen

ein Instrument von dieser Welt,

eines von den vielen?

Klavier, Gitarre, Flöte,

Geige womöglich sogar,

Trommel, Tuba, Trompete

oder Harfe wunderbar?

Ihr könntet Töne entlocken

dem Ding unter eurer Hand.

Alle wär'n von den Socken

auf und ab im ganzen Land.

Melodische Freude verbreiten,

Weisen, Sonette und mehr,

und sanfte Klänge leiten

herrliche Lieder daher.

Ich bin der Versuchung erlegen

und habe es ausprobiert.

Konnte Hände und Lippen bewegen

und habe die Noten studiert.

Doch Schreck – es kommen nur schräge

trötige Töne, Missklang,

und man sagte mir, es läge

an meiner Hände Zwang,

in die falschen Tasten zu greifen,

die Luft verkehrt zu bemüh'n,

nicht die richtigen Seiten zu streifen,

die Register verkehrt zu ziehen.

Das Quietschen und Fiepen und Jaulen,

das ich da herausgebracht,

tat alle Lehrer vergraulen

und hat mich traurig gemacht.

Und so lausche ich nun hin und wieder

anderen mit hellem Ohr,

die mir ihre schönen Lieder

spielen am Instrument vor.

Die Flöte verstaubt in der Lade,

die Gitarre ist längst verkauft.

Die Notenblätter – wie schade

zum Papierknäuel zusammengerauft.

Selbst mit Singen konnt' ich nicht landen,

ich summ' höchstens mal vor mich hin,

denn irgendwann hab' ich verstanden,

dass ich unmusikalisch bin. 

Aus dem Kopf gefallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt