FÜNFZEHN

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„Wieso habt ihr nicht einfach gesagt, dass ihr euch dabei nicht wohlfühlt?", gibt Ean entsetzt von sich, während Lurra verzweifelt versucht, ihr Gesicht bestmöglich mit Schminke zu verändern, um unerkannt zu bleiben.
„Ich war in dieser Situation eben überfordert. Er hatte mir davor über die Situation im Schloss erzählt und nach so einer Information, eine solch einfache Bitte abzulehnen, gehört sich eben nicht", versucht sie mühsam zu erklären.

„Ich sage euch jetzt schon, er wird euch heute noch einen Antrag machen, Prinzessin."
Misa verstummt, während Lurra dem ganzen Gespräch bloß zuhört und nichts dazu sagt. „Sollte es dazu kommen, denke ich mir, was aus. Im schlimmsten Fall könnt ihr euch darauf vorbereiten, heute schon die Burg zu verlassen."

Der Uku schlängelt sich an ihren Beinen vorbei und macht es sich daraufhin auf dem Bett bequem. „Schaut doch wie niedlich", versucht Lurra vom Thema abzulenken, wird jedoch von den beiden ignoriert.
„Ich werde mir die Situation als Leibwächter von weiter hinten anschauen. Ich werde nach einer Rüstung fragen, um nicht aufzufallen", ist das Letzte, was von Ean kommt, bevor er das Zimmer verlässt.

„Ich gebe Ean ungern recht, aber das heute wird unfassbar riskant", kommt es zum Schluss auch noch von Lurra, die verzweifelt versucht, Misas Augen eine andere Form zu verleihen.

Später am Abend kommen zwei Zofen mit einem Kleid, was, wie versprochen, eins der schönsten Kleider ist, die Misa je in Cealium gesehen hat. Unfassbar prachtvoll, so wie sie es aus dem Schloss kennt und doch unterscheidet sich das Kleid von dem, was sie gewohnt ist. Das Kleid fällt einfach zu Boden und ist um einiges offener. Auch ein Korsett ist hier nicht nötig.
Lurra nimmt das Kleid entgegen und schickt die Zofen weg. Es sticht sofort aus der Menge heraus, und Misa erkennt, dass sie dadurch viel Aufmerksamkeit erregen wird – genau das, wovor die drei sich gefürchtet haben.

Kaum ist sie fertig, klopft es bereits an der Tür. Anubis steht in einem prachtvollen Gewand vor der Tür, um sie zum Fest zu begleiten. Misa klammert sich mit einem aufgesetzten Lächeln an ihn, so wie sie es auch im Schloss gewohnt war. „Ich gratuliere euch zum Geburtstag. Leider habe ich es nicht geschafft, euch ein Geschenk zu besorgen." Er schenkt ihr ein Lächeln und dankt ihr.
„Euch als Begleitung zu haben, ist mir Geschenk genug." Misa wird kurz nervös. Es ist unübersehbar, dass er Gefallen an ihr findet. Genau das, was sie vermeiden wollte. Doch er behandelt sie mit außerordentlicher Höflichkeit, was auch sie dazu bringt, Sympathie für ihn zu empfinden.

Als die beiden im Hof ankommen, ist dort alles herrlich geschmückt. Auch die Menschen sind bereits versammelt.
„Anubis Zakera und seine Begleitung Artemis aus Esmeraya", verkündet ein Herr ihre Ankunft. Die Blicke liegen auf den beiden, doch keins dieser Gesichter kommt Misa bekannt vor. Sie schaut sich genau um, doch auch Ean sticht ihr nicht ins Auge.

Sie hält sich erstmal weiterhin an Anubis. Er erzählt ihr über die Dinge, die er vorhat, sobald er erstmal den Platz seines Vaters einnimmt, die sie ziemlich überraschen.
„Wie ich hörte, ist euer Volk in Esmeraya dem König sehr nah", beginnt er ein Thema, was für Misa Tabu ist, doch trotz allem geht sie auf drauf ein. Dank Ean kennt sie viele Geschichten über Esmeraya. Er erzählt gerne über seine Heimat, auch wenn er jedes Mal betont, wie wenig er es vermisst. Doch Misa sieht jedes Mal in seinem Gesicht, dass es bloß die halbe Wahrheit ist.

„Die meisten fühlen sich dem König untergeben. Mich interessiert die Politik nicht, deswegen kann ich nur von dem sprechen, was ich um mich rum zuhören bekomme. Wie steht ihr zum König?" Er schaut sich erst um, bevor er ihre Frage beantwortet.
„Dem König stehe ich sehr neutral gegenüber. Mich stört eher der Bastard auf dem Thron", gibt er mit einem entsetzten Ausdruck von sich.
„Ich weiß nicht, ob ihr es mitbekommen habt, aber seitdem die Prinzessin und ihr Verlobter entführt wurden, steigt die Unzufriedenheit in unserem Volk", führt er fort.

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