Kapitel 38

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Müde sitze ich am Esstisch, gegenüber von Milan. Unwohl verschränke ich meine Arme vor der Brust und überkreuze die Beine. Nach wie vor habe ich nur mein kurzes Kleidchen an und ehrlich gesagt ist mir ein wenig kalt.
„Du isst nichts?" Er sperrt mich in seiner Villa ein und fragt mich warum ich nicht esse? Sein Ernst? Mir ist kalt und ich habe einen Kater. „Mir ist schlecht." Zurückgelehnt schließe ich meine Augen und atme tief durch. „Kommt davon, wenn-"
„Wenn man eingesperrt wird, gut erkannt. Du solltest mich echt nach Hause gehen lassen. Denkst du wirklich meine Mutter verzeiht dir das?" Mama würde ihn umbringen, wenn er mir auch nur ein Haar krümmt. Da bin ich mir sicher!
„Sie wird mir verzeihen! Sie hat mir bis jetzt immer alles verziehen." Wütend ballt Milan seine Hände zu Fäusten. Gespielt lache ich auf. „Ach, deswegen musste ich 17 Jahre ohne Vater aufwachsen? Weil sie dir alles verziehen hat? Wohl kaum!" Plötzlich schlägt er mit der Faust auf den Tisch. „Halt die Klappe und geh auf dein Zimmer!" Ich habe keine Angst vor ihm. Er würde mir nichts tun. Er weiß, dass er meine Mom für immer verliert, wenn er auch nur einen falschen Zug macht. „Tolle Erziehung, Vater!" Genervt stehe ich auf und lasse mich von einen fremden Anzugträger in mein Zimmer bringen. Hinter mir wird sofort die Tür abgeschlossen und der Schlüssel abgezogen.
In dem kleinen begehbaren Kleiderschrank suche ich nach Klamotten. Der Typ hat wirklich Gewand in meiner Größe in diesem Schrank. Gar nicht komisch...
Mit einem Pullover und einer Leggings lasse ich mich auf mein Bett fallen. Nach einer Weile fallen meine Augen zu und ich schlafe wieder ein.

Samiras Pov.: (noch im Club)

Paranoid schaue ich mich um. Wo verdammt noch mal ist meine Tochter?
Der Alkohol vernebelt meine Sicht. Ich kann sie nirgends finden. Schnell greife ich nach meinem Handy und versuche sie zu erreichen, aber es geht nur die Mailbox ran. „Lucía, Schatz wo bist du?" Ich schreie ich mir die Seele aus dem Leib aber alle schauen mich nur blöd an. Wieso hilft mir niemand? Verzweifelt bahnen sich die Tränen an meinen Wangen ihren Weg hinunter. Ich raufe mir durch die Haare und gehe vom schlimmsten aus. Sie wurde abgefüllt und weggeschleppt oder vielleicht hat ihr auch jemand Drogen untergejubelt.
Oder... was wenn Milan dahinter steckt? Würde er mir meine Tochter weg nehmen, nur damit ich wieder zu ihm gehe? Vermutlich. Ich kann ihn nicht einschätzen. Er ist wahrscheinlich immer noch davon überzeugt, dass Lucía von ihm ist. Oder er weiß es, und will mir eins auswischen, indem er sie entführt. Falls er sie hat, werde ich ihn umbringen. Niemand nimmt mir mein Baby weg!
Weinend lehne ich mich an einer Wand im Club an. Was mache ich denn jetzt nur? Ich verdecke meine verheulten Augen mit meinen Händen und versuche einen klaren Gedanken zu fassen.
Plötzlich wurden mir die Hände vor meine. Gesicht weggezogen. Ich blinzle ein paar Mal, um die Person zu erkennen. Leandro? Was macht der denn hier. Aber jetzt weiß ich wenigstens, dass Lucía nicht bei ihm ist. „Samira? Alles okay?" Besorgt schaut er mich an und ich reiße meine Handgelenke aus seinem Griff. „Schaue ich so aus als würde es mir gut gehen?", schnauze ich ihn an und fange wieder an zu weinen. „Hey, Baby! Ich dachte wir gehen zu dir." Verwirrt schaue ich die blonde Barbie an. Gott, bitte sag mir, dass Leandro nicht gerade diese Barbie mitnehmen wollte. Bei der ist ja wohl gar nichts echt. Ekelhaft!
„Keine Sorge, geh mit deiner Puppe mit, ich komme alleine klar." Zitternd nehme ich wieder mein Handy zur Hand und gehe meine Kontakte durch. Ich hätte weniger trinken sollen. Ich bin so dicht, dass ich kaum noch die Namen auf meinem Display erkennen kann. Alles ist verzerrt und unklar. Wen soll ich den überhaupt anrufen? Ich bin alleine, war ich schon immer. Ich hatte nie Hilfe, ich musste immer durch alles alleine durch. Und jetzt stehe ich auch alleine da. Verdammt.
„Clara, verschwinde!" Leandro schickt anscheinend dieses Püppchen weg und schaut mich wieder mitfühlend an. „Was hast du?" Genervt schaue ich ihn an. Hysterisch fange ich wieder an zu schreien. „Was ich habe? Meine Tochter ist weg! Lucía ist alles was ich habe und jetzt ist sie einfach weg! Sie würde nie einfach gehen ohne Bescheid zu sagen oder eine SMS zu schreiben. Ich bin mir sicher, dass sie jemand verschleppt hat. Sie ist mein ein und alles und jetzt ist sie weg." Weinend lasse ich mich an der Wand hinunter gleiten und setze mich auf den schmutzigen Boden. „Okay, wir finden sie schon. Soll ich jemanden anrufen für dich?" Verwirrt schaue ich ihn an. Ich will seine Hilfe eigentlich nicht aber ich denke ich bin zu betrunken mein Leben selbst in den Griff zu bekommen. „Keine Ahnung. Ich habe ja niemanden außer Lucía." Nachdenklich griff er nach meinem Handy und schaut sich meine Kontakte an. Ziemlich viele gibt es da nicht. Ich schätze ich habe nur um die 10 Nummern in meinem Handy gespeichert. „Alexander vielleicht?" Verwirrt schaue ich ihn an. Will ich Alexander anrufen? Will ich, dass er mich so sieht? Dass er mich wie vor 17 Jahren rettet?
Ich nicke. Ich hasse es so schwach zu sein. Ich sollte mein Leben selbst unter Kontrolle haben und nicht ständig andere Leute damit belästigen. Und ich habe auch noch mit ihm geschlafen obwohl ich in einer Beziehung war. Oder bin? Ich weiß es nicht. Ares will mich bestimmt nicht mehr zurück, oder doch? Nein, ich denke nicht. Er hasst Frauen die Lügen und betrügen. Ich denke, ich bin so eine Frau. Eine Lügnerin. Ich hätte ihm sagen sollen, dass Lucías Vater hier ist, weil ich ihn angerufen habe. Und ich hätte ihm auch von Milan erzählen sollen. Dass er hier ist und mich bedroht. Aber er hätte mir nicht helfen können. Ares ist ein guter Mensch. Er ist perfekt. Zu perfekt. Und ich bin verkorkst. Ich kann nicht einmal auf meine 17–jährige Tochter aufpassen. Traurig schlage ich meinen Kopf leicht an die Wand hinter mir. Wie kann man nur so eine schlechte Mutter sein? Ich hatte einen Job: auf meine Tochter aufpassen. Das habe ich nicht geschafft.
Ich bin nicht besser als meine eigenen Eltern. Mein Herz bricht bei der Erkenntnis.

Gefährliche Liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt