Kapitel 39

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Samira POV:

„Samira?" Verwirrt schaue ich auf. Ich bin so sehr in meinem Selbstmitleid versunken, dass ich gar nicht gemerkt habe, dass Alexander mit mir redet. Sofort fange ich wieder an zu weinen. „Lucía! Sie ist weg! Bitte hilf mir sie wieder zu bekommen." Alexander schaut mich verwirrt an und zieht mich an den Oberarmen hoch, damit ich ihm gegenüber stehe. „Was? Was ist denn passiert?" Schniefend schaue ich mich um. „Wir waren tanzen und haben etwas getrunken. Sie ist an die Bar gegangen und einfach nicht mehr wieder gekommen. Jemand hat sie mir gestohlen. Wir müssen sie finden." Konzentriert hört er mir zu. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und eine kleine Falte bildet sich auf seiner Stirn. Ich bin mir nicht sicher ob meine Sätze überhaupt Sinn ergeben, aber er nickt zumindest. „Okay, komm wir bringen dich hier mal raus."
„Wenn dir was an Lucía liegt, dann finde sie!", höre ich, wie Alex zu Leandro sagt, der anscheinend immer noch bei uns steht.
Plötzlich schmeißt er mich über seine Schulter. Gar keine gute Idee. Mir ist absolut schlecht und mein Kopf fühlt sich so an als ob er explodieren würde. „Lass mich runter." Mein Jammern bringt nichts und ist vermutlich auch viel zu leise, um zu Alexanders Ohren zu gelangen. Draußen vor dem Club lässt er mich endlich hinunter. Auf wackeligen Beinen richte ich mich auf. „Danke. Wahrscheinlich hat jeder jetzt meinen blanken Arsch gesehen." Schnauze ich ihn an. Mein Kleid ist für solche Hebefiguren einfach nicht gemacht. Aber wer erwartet schon so durch einen Club getragen zu werden. „Glaub mir, für dieses Kleid werde ich dich noch übers Knie legen." Ungewollt schleicht sich ein kleines Grinsen auf mein Gesicht. Gott, ich hab's vermisst.
„Steig ein!" Alex holt mich aus meinen Tagträumen und öffnet mir die Tür zu seinem Wagen. „Wenn du mich jetzt auch entführst, bringe ich dich um." Alex verdreht nur die Augen und steigt bei der Fahrerseite ein. „Mach die Augen zu." War das ein Befehl oder eine Bitte? Nett klang es jedenfalls nicht. „Nein, wir müssen Lucía finden!" Gähnend lege ich meinen Kopf an die kalte Fensterscheibe und schließe meine Augen. „Zuerst kümmern wir uns um dich."

Dehydriert und ausgelaugt wache ich auf und strecke mich. Wo bin ich denn? Verwirrt setze ich mich auf. Ah, mein Schlafzimmer. Und wie bin ich da hin gekommen? Gott, ich glaube mein Kopf explodiert gleich. Stöhnend stehe ich auf und mache mich auf den Weg in die Küche. Ob Lucía auch so einen Kater hat?
Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Lucía! Gestern Abend. Sie war weg. Stolpernd laufe ich in die Küche, wo Alexander an seinem Laptop sitzt. Mit aufgerissenen Augen schaue ich ihn an. Er ist auch hier? Oh Gott! Ich muss aufhören zu feiern als wäre ich 18.
„Du bist wach.", stellt er fest und kommt zu mir rüber. Er legt seine Lippen für eine Sekunde auf meine Stirn und drückt mir dann ein Glas Wasser in die Hand. „Hier, nimm das!" Er steckt mir eine kleine Tablette in den Mund und ich spüle sie mit einem Schluck Wasser hinunter. Ich hoffe das kleine Ding bewirkt Wunder.
„Was habe ich da eigentlich an?" Verwirrt schaue ich an mir hinunter und sehe ein weißes Shirt, welches mir bis unter den Po reicht. Hatte ich mich gestern noch umgezogen? Ich kann mich nicht erinnern. „Ich habe dir eins meiner T–Shirts angezogen. War bestimmt bequemer als dein enges Kleid." Er hätte eine Atombombe neben meinem Bett explodieren lassen können und ich hätte vermutlich weiter geschlafen. Ich habe gar nichts mitbekommen. Im Nachhinein betrachtet ist mir das ganze mehr als unangenehm.
Genervt schaue ich ihn an und er zuckt nur mit seinen Schultern. „Ich habe alles schon gesehen." Augenverdrehend setze ich mich auf einen Stuhl und lege langsam meinen Kopf auf die Tischplatte. „Bitte sag mir, dass du Lucía schon gefunden hast." Ich höre ihn laut ein und ausatmen. Das ist kein gutes Zeichen.
„Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke Milan hat sie. Ich schätze, dass er mit ihr in seinem Anwesen ist. Eine Stadt weiter, am Stadtrand."
Der Typ hat mir gerade noch gefehlt. „Ich werde ihn umbringen. Wenn er ihr auch nur ein Haar ausgerupft hat, wird er das zeitlich segnen, das ist so sicher wie das Amen im Gebet." Ich stehe auf und laufe auf und ab. „Steh schon auf, wir müssen mein Kind retten!"
Alex kommt auf mich zu und hält mich an den Handgelenken fest. „Also erstens: sie ist unser Kind! Und zweitens: bevor du auch nur einen Fuß vor die Tür setzt, wirst du dich waschen und ein wenig ausruhen. Trink Wasser und komm wieder zu dir. Du bist noch angetrunken und so kannst du Milan nicht gegenüber treten. Er würde dich auslachen." Die Witzfigur bin ich doch sowieso schon sein ganzes Leben.
Wütend auf mich selbst gehe ich in das Badezimmer und lasse mir heißes Wasser in die Wanne ein. Wie blöd kann man sein und so viel trinken, wenn man mit seiner Tochter unterwegs ist? Ich hatte Verantwortungen!
Ich ziehe mich aus, schminke mich ab und lege mich in die Badewanne. Plötzlich kann ich leise Schritte hören, die immer näher kommen. Die Tür wird geöffnet und Alexander steht vor mir. „Ich weiß was du denkst. Es ist nicht deine Schuld." Genervt schüttle ich meinen Kopf. „Wessen Schuld ist es dann? Sie ist mein Kind? Ich habe die Verantwortung. Als Mutter ist es meine Aufgabe auf sie aufzupassen... so lange bis sie alt genug ist." Niedergeschlagen ziehe ich meine Beine an und lege mein Kinn auf mein abgewinkeltes Knie.
„Darf ich dir Gesellschaft leisten?" Ich zucke mit den Schultern und eine Minute später sitzt er mir nackt gegenüber. „Dreh dich um." Seine Stimme klang mehr nach einem Befehl als nach einer Frage. Zögernd drehe ich mich um und sofort schlingt er eine Hand um meinen Bauch und zieht mich näher zu sich ran. Sanft streicht er über mein rechtes Schulterblatt. Ich zucke ein wenige zurück aber er drückt mich wieder an sich. „Es tut mir leid." Ich weiß was er meint. Das Brandmal auf meinem Rücken ist immer noch zu sehen. „Wir sind quitt, schätze ich." Murmele ich mit der Erinnerung im Kopf, dass ich ihm genauso weh getan habe.
Wir sind beide auf eine ähnlich Art und Weise abgefuckt.

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