1. Kapitel

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Wie immer bei meinen Storys gilt: Ich habe war einen ungefähren Plan, aber daran halten werde ich mich sowieso nicht. Und ich nehme immer gerne Inspirationen aus Kommentaren also haut in die Tasten :)

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Louis:

Ein letztes Mal werfe ich den Blick auf meine Sporttasche und frage mich, ob ich sie nicht doch mitnehmen soll. „Louis, kommst du endlich? Essen ist fertig", höre ich Mum rufen und seufze. Sie wird mich umbringen, wenn ich auch nur erwähne, dass ich meine Sportsachen mitnehmen möchte. Ich verlasse mein Zimmer und gehe die Treppe herunter in das kleine Wohnzimmer, wo meine Familie bereits auf mich wartet. „Sorry." – „Hast du deine Tasche schon gepackt?", möchte Mum wissen und reicht mir einen Teller mit Gemüseauflauf. Gemüse. Ich mag es nicht sonderlich, aber ich esse es inzwischen freiwillig. Ich muss es essen, um weiterzukommen. „Nein", murmle ich und nehme mir die Wasserflasche, die auf dem Tisch steht.

„Ey, ich wollte auch was!", beschwert sich meine kleine Schwester Lottie, als ich die Flasche leer mache. „Hol dir halt eine Neue", antworte ich schulterzuckend. Lottie schnaubt und steht auf. Die Stuhlbeine kratzen über den Boden. „Kinder, bitte", seufzt Mum und setzt sich zu uns. „Lottie, du weißt doch, dass ihr die Stühle nicht so über den Boden kratzen sollt. Und Louis, du weißt ganz genau, dass immer die Person eine neue Flasche Wasser holt, die sie leer gemacht hat." Ich antworte nicht. Mum hat recht, es ist einer der Regeln, die wir hier, seit ich denken kann, haben.

„Ich gehe gleich nochmal eine Runde joggen", wechsle ich das Thema. „Hattest du nicht heute Morgen erst Training?", werde ich gefragt. Ich zucke mit den Schultern. „Vielleicht hofft er, dass er endlich ein Sixpack bekommt", kichert meine kleine Schwester Felicity. „Haha", antworte ich trocken und verdrehe die Augen. „Mir geht es nicht um ein Sixpack, mir geht es um meine Ausdauer", erkläre ich zum bestimmt hundertsten Mal. „Großer, wir müssen morgen früh raus, das hast du nicht vergessen, oder?" – „Mein Wecker steht schon auf vier Uhr", erwidere ich. Vier Uhr morgens. Bah. Um acht Uhr geht unser Flieger. Mum hat eine Stunde eingeplant, bis wir mit einem Taxi zum Flughafen fahren. Theoretisch sollte man zwei Stunden vor Abflug dort seit, aber es ist Anfang August und ich kann nicht leugnen, dass wir ziemliche Chaoten sind. Es ist nicht blöd, deswegen eine Stunde mehr einzuplanen. „Ich werde nur eine kleine Runde laufen, okay?", lenke ich ein. Ich mag den Gedanken nicht, dass ich in den nächsten zwei Wochen fast keine Zeit dazu haben werde, Sport zu machen.

Mit Mum darüber zu diskutieren, bringt mir nichts. Ich habe es versucht, aber sie blockt komplett ab. Es ist ein Familienurlaub, Louis. Wir fliegen alle zusammen nach Ibiza, um uns zu entspannen, und nicht damit du eine neue Laufroute ausprobieren kannst. Missmutig stochere ich in meinem Auflauf herum. Was wohl ist, wenn ich zwei Wochen keinen Sport machen? Nein, das kann sie nicht verlangen. Es muss ja nicht laufen sein, kann ja auch... ja, was?

„Habt ihr euch schon überlegt, was ihr auf Ibiza machen wollt?", wechselt Mum das Thema. „Ich möchte unbedingt auf einen dieser Hippie Märkte!", antwortet Lottie sofort enthusiastisch. „Auf einen Hippie Markt?", frage ich perplex und skeptisch. „Ja", nickt sie begeistert. „Da gibt es Klamotten und Schmuck und ganz viel Essen und –" – „Ich will ans Meer", unterbricht Fizzy sie. „Ich auch", lächelt Mum und holt einen Reiseführer heraus. Sie war extra im Reisebüro, um sich einen zu holen. Ich bin zwar der Meinung, Google hätte es auch getan, aber die Unterhaltung fange ich mir ihr gar nicht erst an.

„Was haltet ihr von diesem Strand?", fragt sie uns und dreht den Reiseführer so, dass wir die Bilder sehen können. Es ist eine kleine Bucht, von Felsen umgeben und mit türkis-blauem Wasser. Ich zucke mit den Schultern. „Von mir aus." Es ist schön, keine Frage, aber es gibt mit Sicherheit dutzende dieser Buchten und Stände auf der Insel. Fizzy nimmt ihr das Heft ab und blättert selbst darin herum. „Können wir dahin?" – „Nach Cala Salada? Zeig mal, wo das ist." Dieser Ort sieht quasi genauso aus, wie der andere. Wo ist der Unterschied? „Louis, wie findest du es?" – „Es ist ein Strand", antworte ich. „Mir egal." Mum antwortet darauf nicht. „Es ist gar nicht so weit von Sant Antoni weg", bemerkt Lottie und sieht von ihrem Handy auf. Kurz muss ich überlegen, was Sant Antoni ist, dann fällt mir aber ein, dass der Ort, wo wir sein werden, so heißt. „Perfekt", grinst Fizzy glücklich und blättert weiter durch den Reiseführer.

Ich helfe Mum mit dem Abwasch. Lottie ist duschen und Fizzy soll ihr Zimmer aufräumen, bevor wir morgen in den Urlaub fliegen. Theoretisch müsste ich das auch noch tun, aber nicht, bevor ich meinen Koffer nicht gepackt habe. „Alles okay, Großer?", fragt Mum mich, als meine Schwestern außer Hörweite sind. „Natürlich, was soll sein?" – „Meinst du wirklich, ich merke nicht, dass etwas nicht stimmt? Ich bin deine Mutter", antwortet sie und auch, wenn ich mir wünschte, sie hätte unrecht, weiß ich, dass sie uns alle durchschauen kann – immer. Ich zucke mit den Schultern, anstatt mit Worten zu antworten. Sie legt den Lappen weg und kommt zu mir. „Lass gut sein, Mum." – „Was ist los, Louis? Ist etwas in der Schule oder –" – „Nein, alles gut", sage ich etwas zu schnell. „Wir haben Ferien, wieso sollte etwas in der Schule sein?" Skeptisch zieht sie daraufhin eine Augenbraue hoch. „Mit deinen Freunden, vielleicht?" Ich antworte nicht und trockne den nächsten Teller ab.

„Ich weiß, dass du lieber hierbleiben würdest, aber du bist erst 14, Großer. Noch lasse ich dich nicht für zwei Wochen allein zu Hause." – „Denkst du, ich würde das Haus abfackeln?" – „Nein", schmunzelt sie. „Aber weder aufräumen noch einkaufen. Außerdem gehörst du zur Familie und zwei Wochen Strand und Sonne tut dir bestimmt gut." – „Mit Garantie bekomme ich einen Sonnenbrand." – „Wir haben genug Sonnencreme, das ist kein Argument", entgegnet sie lediglich. Ich seufze und verdrehe die Augen. Ich möchte nicht, dass sie fragt, denn ich möchte nicht darüber reden. Wenn Mum mich allerdings mit diesem Blick ansieht, fällt es mir schwer, meinen Vorsätzen zu folgen und die Klappe zu halten.

„Ich möchte einfach gerne weiter Sport machen", presse ich schließlich heraus. Sie mustert mich kritisch. „Es... ich kann nicht die ganze Zeit nur durch die Gegend laufen und komische Hippie Märkte besuchen und am Strand liegen und nichts tun", erkläre ich und laufe einige Schritte hin und her. „Ich will endlich bessere Ausdauer aufbauen und fitter werden und so, aber das wird nicht klappen, wenn wir nur im Stand liegen!", beschwere ich mich. „Du bist doch fit, Großer." Ich schüttle den Kopf. „Nein, du verstehst das nicht!" Ungewollt werde ich lauter, aufgebrachter und wütender. Ich werde nicht einmal wütend auf Mum, ich weiß nicht, wieso meine Laune sich plötzlich derart ändert.

„Ich will einfach besser werden!" Ich sehe an mir herab und werde unzufrieden. „Schätzchen, du solltest dich nicht mit irgendwem vergleichen." Irritiert sehe ich sie an. „Ich habe doch gar nicht..." – „Ich kenne dich, Louis, dein Leben lang schon. Und du bist ein Teenager und unzufrieden mit dir selbst." Ich schweige. Am liebsten würde ich ihr sagen, dass sie falsch liegt, aber das wäre eine Lüge. Ich mag Lügen nicht, mochte ich noch nie. „Lass mich raten: Einige der Jungs aus deiner Klasse sind größer." – „Ach was.", murmle ich. Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich nicht gerade groß bin. Um nicht zu sagen, man sieht es auf der ersten Blick. Mum lehnt sich an die Arbeitsplatte. „Liegt es daran, dass dein Körper noch nicht so weit entwickelt ist, wie der, einige deiner Mitschüler?" – „Mum!"

„Das ist nichts schlimmes, Louis." – „Aber Mum!" – „Du hast dir einen Rasierer gekauft, Großer, er liegt auf der Ablage im Bad." – „Ja, und?" – „Du benutzt ihn nicht." – „Was... kontrollierst du das etwa?!" Geschockt sehe ich sie an. Sie schmunzelt. „Nein, natürlich nicht, aber ich putze zwischendurch das Badezimmer und dazu gehört auch die Ablage. Du hast bisher nicht einmal den Rasierer woanders hingelegt. Und die Schutzhülle ist übrigens auch noch über den Klingen." Fuck. Ich schnaube und verschränke die Arme vor der Brust. „Und?" – „Das ist nicht schlimm, Großer. Wirklich nicht. Du bist 14, du entwickelst dich noch." Großer Gott, kann dieses Gespräch bitte enden?

„Machst du deswegen seit einigen Wochen so viel Sport?" – „Ich bin jetzt im Verein, ich mache einfach gerne Sport", antworte ich. „Du weißt, dass du davon nicht plötzlich wächst und eins achtzig groß bist?" Eins siebzig wäre ja schon schön. „Schon klar." Sie streicht mir durch die Haare und zieht mich in eine Umarmung. Ich will es nicht zugeben, aber es tut gut. Ich bin sicher, sie weiß es, auch ohne, dass ich es sage. Sie streicht mir über den Kopf und sagt: „Unser Hotel hat ein kleines Fitnessstudio. Wir schaffen es bestimmt, dass du ein paar Mal dort trainieren kannst, wenn du das möchtest. Und vielleicht kannst du ja auch am Strand laufen gehen, während die Mädchen Musik hören oder lesen oder so." – „Das wäre okay?" – „Natürlich ist das okay", nickt sie sofort und sieht mich an. „Übertreib es nur nicht." –„Mache ich nicht." – „Und pack nicht nur Sportklamotten ein." Ich nicke. „Ich gehe dann mal meinen Koffer packen."

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So fängt es also an. Erste Eindrücke und Gedanken?  :)

Love, L 

Under The SurfaceWhere stories live. Discover now