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*nicht Katleens POV*

Wasser. Kaltes Salzwasser.

Seine Augen brauchten etwas Zeit, um sich sowohl an die Dunkelheit als auch an das Meer zu gewöhnen, bis sich Elijah endlich unter Wasser zurecht finden konnte.

Dann sah er sie.

Katleen, Arme und Beine gefesselt, wie sie langsam auf den Meeresgrund sank. Zwei Mal glaubte Elijah, ihren Körper zucken zu sehen, doch vermutlich war es nur eine Einbildung. Er schwamm näher so schnell er konnte und erkannte dann die Wolke Blut, die von Kat aufstieg während sie sank.

Endlich erreichte er sie und schloss sofort einen Arm um ihren Körper. Sie war kalt, so kalt. Noch unter Wasser schnitt er ihre Fesseln mit einem Messer, dass er eingesteckt hatte, durch. Die Schusswunde an seiner Schulter brannte, doch es war im egal. Elijah ignorierte jeden Schmerz, als er wieder durch die Oberfläche brach und die kühle Nachtluft seine Lungen füllte.

Er musste sofort an Land.

So schnell und gleichzeitig vorsichtig wie möglich schwamm Elijah zu einer kleinen aber langen Landzunge, die aus Felsen bestand und nachts größtenteils überflutet war, bis auf ein paar wenige Stellen. Sein Vater hatte sicher nichts von dieser Landzunge gewusst, sonst wäre er mit seinem Boot weiter aufs Meer gefahren. So hatte Elijah die Yacht die ganze Zeit im Blick.

Endlich erreichte er einen großen Felsen, der über Wasser war, und hievte Katleen darauf. Die Küste war nicht weit weg, doch bis er sie erreichen würde war es vielleicht zu spät.

Elijah beugte sich über Katleen und kontrollierte sofort ihren Atem, dann ihren Puls. Als er beides nicht spüren konnte, stieg Panik in ihm auf. Er schaute einen Moment lang auf und sah das Boot seines Vaters etwas weiter vor sich, umzingelt von Booten der Küstenwache. In einer anderen Situation würde er sich freuen, doch nicht jetzt.

Sofort war seine Aufmerksamkeit wieder bei Kat. So schnell wie möglich legte er sie gerade hin und versuchte, sie wiederzubeleben. Wieder und wieder, unermüdlich. Er weiß nicht, wie lange es dauerte, aber irgendwann glaubte er, eine Bewegung gespürt zu haben. Sofort beugte er sich herunter und suchte nach einem Herzschlag. Als er ein leichtes Pochen in Kats Brustkorb hörte, hätte Elijah am liebsten laut aufgeschrien. Plötzlich hustete Kat.

Schnell drehte Elijah ihren Kopf zur Seite und hielt ihren zitternden, kalten Körper fest, während sie das ganze Meerwasser aushustete.

"Kat?"

Er wagte fast gar nicht, ihren Namen auszusprechen, als würde er dann aus einem Fiebertraum erwachen. Er hielt die Luft an um eine Antwort, sei sie noch so leise, besser hören zu können.

"Elijah?"

"Ja, Kat, ich bin es!"

Doch diesmal antwortete sie nicht mehr. Kats Augenlider flimmerten, und ihr Brustkorb hebte und senkte sich, doch sie antwortete nicht mehr.

"Nein, nein, Katleen!"

Elijah hob ihren Oberkörper aus seinen Schoß und lauschte nocheinmal ihrem Atem. Sie war am Leben, aber sie war bewusstlos. Sie brauchte sofort einen Arzt, wer weiß wie lange sie sonst noch überleben würde. Elijah hob die Hand um Kats Gesicht zu berühren, doch er hinterließ einen blutigen Abdruck auf ihrer Wange.

Vielleicht lag es daran. Sie hatte zu viel Blut verloren. Er hob ihre Hand und sah das Tattoo mit dem blutigen X darüber. Oh, sein Vater würde dafür bezahlen.

Schnell zog er sein Shirt aus, legte es auf die Wunde und band es mit seinem Gürtel fest. Etwas besseres viel ihm jetzt nicht ein, es musste reichen. Dann blickte er wieder hilfesuchend um sich.

Selbst wenn er es an die Küste schaffte, bis er zu Fuß ein Krankenhaus erreichte, dauerte es. Er konnte nur hoffen, dass Kat irgendwann aufwachte.

Also hielt er sie fest, versuchte sie zu wärmen und zu verhindern, dass sie aufhörte zu atmen. Erst jetzt bemerkte Elijah seine eigenen Schluchzer. Er hatte die letzten Minuten geweint. Aus Sorge und Angts. Um Kat.

"Bitte wach auf", wiederholte er immer und immer wieder.

Dabei bemerkte er nicht das kleine Dingy, das hinter ihm an den Felsen dockte. Er bemerkte auch nicht die zwei Polizisten, die daraus austiegen und mit gehobenen Waffen und Taschenlampen auf ihn zugingen.

"Sir?", fragte der eine Mann, als er hinter Elijah trat.

"Hände da hin wo ich sie sehen kann!", rief der andere. Doch Elijah dachte nicht daran, Kats Körper loszulassen. Er drehte sich auch nicht zu den Polizisten um.

"Wach auf, Kat. Bitte", flüsterte er, in der Hoffnung sie würde ihn hören und reagieren. Und selbst wenn nicht, er wollte ihr versichern, dass er da war. Er war für sie da.

"Sir, Hände hoch! Was ist hier passiert?!"

Elijah antwortete nicht, sondern wiederholte immer wieder seine Bitten an Kat. Wach auf. Sag etwas. Bitte. Sie bewegte sich nicht.

Es war schon fast ironisch. Als Elijah nach Hawaii kam, war er fest davon entschlossen, den Anführer der hiesigen Mafia zu ermorden, falls er nicht freiwilig sein Gebiet aufgab. Dass es sich bei besagtem Anführer um eine Frau handelte, änderte für Elijah nichts. Er war bereit, Kat zu töten. Und jetzt versuchte er verzweifelt, sie am Leben zu halten.

Elijah glaubte nicht an einen Gott. Er hatte in seinem Leben nur wenig Gutes erfahren, dass eine solche Vermutung zulassen würde. Doch ob ihn jetzte ein Gott oder der Teufel hörte, war ihm egal. Irgendjemand musste doch helfen können.

"Hilf mir, bitte", flüsterte er. "Hilf ihr."

"Zum letzten Mal, Hände hoch oder wir schießen!", brüllte der Mann hinter Elijah und hielt eine Pistole an seinen Kopf.

"Was ist denn mit dem los?", fragte der andere, als Elijah immer noch nicht auf die Anweisungen der Männer reagierte. Sie gingen um ihn herum und beleuchteten die Situation mit ihren Taschenlampen.

"Okay, die muss sofort in ein Krankenhaus. Ich glaube, solange es der Kleinen nicht gut geht, kannst du den Typen da vergessen."

Einer der Männer kniete sich hin und streckte eine Hand nach Kats Hand aus, vermutlich um ihren Puls zu fühlen.

"Hände weg!", schrie Elijah ihn wütend an und hob zum ersten Mal seinen Blick, um die Männer zu betrachten. Sie trugen dunkle Uniformen und Schutzwesten, auf denen HPD - Honolulu Police Departement - stand. Na toll, Polizisten konnte Elijah gerade nich gebrauchen.

"Hören Sie zu, wir werden sie in ein Krankenhaus bringen. Allerdings sage ich gleich, dass wir Sie anschließend zu einigen Sachen befragen müssen."

Elijah sah die Polizisten an, dann blickte er zur Küste, und dann zu Kat. Sie sah so zerbrechlich in seinen Armen aus, wie eine Porzellanpuppe. Wäre nur nicht das Blut in ihren Gesicht und auf dem Rest ihres Körpers. So sehr er sich auch dagegen sträubte, es war ihre einzige Chance.

Er sah die Männer wieder an und nickte.

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