#18 Pavillon

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Dylan

Nach dem Training wollte ich alles andere als mir irgendwelche Probleme anhören, die eigentlich keine waren, aber trotzdem hatte ich am Abend noch einen weinenden Casper in meinem Zimmer sitzen. Ihm wurde die Entscheidung genommen bei welchem Elternteil er lieber bleiben wollte. Sein Dad hatte entschieden, dass er bleibt durch die eh schon kaum existenten Sozialkontakte. Im Grunde das was Casper wollte, aber es machte ihn trotzdem fertig, dass man ihm einfach die Entscheidung genommen hatte. Erst um zwei Uhr nachts war er verschwunden. Als ich ins Bett gegangen war, brannte noch Licht bei Austin, obwohl er schon schlafend in seinem Bett lag.

„Du siehst nicht gut", fiel Mom auf, als ich in die Küche schlurfte. „Kaum geschlafen, aber geht schon", winkte ich ab, während ich mir Kaffee einschüttete. „Habe mitbekommen, dass Casper erst recht spät das Haus verlassen hat. Warum hat er nicht hier geschlafen?", wollte sie wissen. „Er wollte nach Hause", erklärte ich.

Von der Nacht erledigt, setzte ich mich seufzend auf einen Stuhl. Mom musterte mich skeptisch, aber schien nichts mehr hinzuzufügen zu wollen. Als ich mir durchs Gesicht rieb, wurde ihr Blick nicht sonderlich besser. Seufzend schob sie ihren Laptop zur Seite, wobei sie ihre Lesebrille abnahm.

„Ich sehe, dass dir etwas auf dem Herzen liegt", versuchte Mom mich zum reden zu bringen. „Alles gut, bin nur ziemlich müde", blieb ich bei meiner Meinung.

Mir schwirrte immer wieder der Kuss mit Austin durch den Kopf. Es schien für ihn nur ein Spiel gewesen zu sein, aber mich traf es mehr als es sollte. Austin konnte schlecht wissen, dass ich schwul war. Genervt von diesem Gedanken schüttelte ich meinen Kopf, wobei ich aufstand, damit ich meine Tasse in die Spüle stellen konnte. Die Sonne schien auf den Pool, wodurch ich nochmal nach oben lief, damit ich mir eine Badehose anziehen und ein Handtuch holen konnte. Kurz schaute ich ins Calvins Zimmer, da ich mich wunderte wo er abgeblieben war. Tatsächlich lag er seelenruhig im Bett und schlief. Die Decke lag halb auf dem Boden, wodurch sein Oberkörper frei lag. Er lag auf seinem Bauch, wobei ein Arm unter seinem Kopf lag. Ein Bein hatte er angewinkelt. Leise schloss ich die Tür, damit er nicht wach wurde.

„Du willst mich doch veraschen", schaute Ruby mich entsetzt an, nachdem ich ihr von dem Kuss mit Austin erzählt hatte.

Da es mich zu viel beschäftigt hatte, war ich zu Ruby gefahren. Ich dachte nicht, dass es mich so aus der Bahn werfen würde, aber es war geschehen. So wirklich verstehen, warum es so war, tat ich auch nicht.

„Ich wünschte es wäre so", entgegnete ich ihr. „Und was willst du jetzt machen? Du kannst das jetzt nicht einfach vergessen", wollte Ruby wissen. „Doch und genau das werde ich. Ich wollte es nur einmal los werden", sagte ich.

Ruby schüttelte nur ihren Kopf. Ich wusste, dass es nicht die richtige Methode sein würde, aber eine bessere sah ich auch nicht. Ruby legte ihren Kopf gegen meine Schulter, während ich meinen gegen das Kopfende, des Bettes, lehnte. Es war wieder eine Stille zwischen uns ausgebrochen, die ich genoss. Manchmal reichte es, wenn jemand nur bei einem war.

„Weißt du, ob Riley zur Party am Wochenende kommt?", schaute Ruby unsicher zu mir hoch. „Nicht nur sie, Austin kommt auch", meinte ich. „Du kommst, ich brauche dich als seelische Unterstützung", redete sie mir direkt meine Überlegung aus, die ich noch nichtmal ausgesprochen hatte.

Manchmal war dieses Mädchen schlauer und vorausschauender als man dachte. Oder sie kannte mich zu gut, ja das war es wahrscheinlich. Ruby lehnte sich über mich, damit sie an die Tüte Chips, die ich mitgebracht habe, dran kam. Ihre Haare fielen mir ins Gesicht, wodurch ich diese weg pustete.

„Bleibst du die Nacht hier oder fährst du später wieder?", frage Riley, als sie sich gegenüber von mir setzte. „Ich denke Mal, dass ich gleich wieder fahre. Mom wollte, dass ich ihr helfe den Pavillon aufzubauen", meinte ich. „Ich kann mich noch daran erinnern, als Calvin das letztes Jahr machen wollte", schmunzelte sie.

Bis heute wusste ich noch immer nicht, wie Calvin es hinbekommen hatte, dass das Ding nach zehn Minuten eingebrochen war. Ich hatte noch mit Mom versucht es neu aufzubauen, aber es bestand keine Chance mehr. Dad war so sauer, dass er kein neues mehr letztes Jahr gekauft hatte. Dieses Jahr wollte er es nicht nochmal ohne aushalten.

„Fahr lieber jetzt, bevor deine Mutter sich noch aufregt, wenn Calvin ihr seine Hilfe anbietet", lächelte Ruby. „Wäre bestimmt besser", stand ich auf.

Mit einer kurzen Umarmung verabschiedete ich mich von ihr. Als ich zuhause ankam, stand Mom schon im Garten und war sich am aufregen. Sie hatte versucht den Pavillon aufzubauen, aber war gerade mal dazu gekommen die einzelnen Teile auszuräumen. Ihr Blick lag überfordert auf der Anleitung.

„Es wird jedes Jahr komplizierter", seufzte Mom, als sie mich sah. „Vielleicht ist es endlich mal so stabil, dass es zwei Sommer überlebt", nahm ich ihr die Anleitung weg.

Mein Blick schweifte über die Anleitung in meiner Hand. Ich verstand kein Wort, aber die Zeichnungen waren halbwegs verständlich. Zweifelnd schnappte ich mir die erste Stange. Nach einer halben Stunde und mehrfachen fluchen, stand zumindest das Gerüst. Nun musste nur noch die Plane drüber. Alleine bekam ich es wohl nicht hin, wodurch ich nach Calvin rief, da Mom zu klein war. Als ich keine Reaktion bekam, konnte ich nur genervt aufstöhnen. Genau in dem Moment lief Austin durch den Garten, wodurch ich nach ihm rief. Direkt kam er rüber und half mir. Dad hatte mir gesagt wohin er den Pavillon haben wollte, wodurch wir diesen dahin schoben.

„Danke, das habt ihr super gemacht", lächelte Mom uns entgegen. „Kein Problem", wollte Austin schon wieder gehen, aber Mom hielt ihn auf. „Bleib doch noch ein bisschen. Ich habe eben frischen Eistee gemacht", bat sie ihn, wodurch er nur kurz nickte.

Na super, das war wohl das letzte was ich in dem Moment wollte. Warum musste ich ihn um Hilfe bitten? Zu meinem Glück setzte er sich neben mich und nicht direkt gegenüber von mir, denn dort hatte Mom sich hingesetzt. Sie hatte die Kanne mit dem frischen Eistee und Gläser auf den Tisch gestellt.

„Austin, wie fühlt ihr euch bis jetzt hier?", interessierte Mom sich. „Es ist sehr schön hier. Ich war gestern mit Riley spazieren, wobei wir eine Eisdiele direkt hier um die Ecke entdeckt haben", erzählte Austin. „Das Eis ist super dort", meinte ich. „Hast du dir hier schon andere Sportvereine angeschaut? Außer natürlich den von Dylan", fragte sie weiter. „Nein, aber ich habe überlegt, dass ich erst nächstes Jahr wieder mit Sport anfangen. Ich war vorher fünf Jahre im Verein schwimmen", wieder dieses Glänzen in seinen Augen, als er vom schwimmen erzählte.

Austin und Mom unterhielten sich noch über verschiedene Sportarten, aber nur beim Schwimmen wurde seine Augen groß. Ich verstand nicht, warum er sich hier nicht einen Verein suchte. Man sollte doch dem nachgehen, was man mochte. Riley und Lina stießen nach einer Zeit auch zu uns, da sie Austin suchten und er nicht an sein Handy ging. Nur Calvin blieb weg, aber dieses Mal schaute ich nicht  nach ihm. Vielleicht war er auch weggefahren, während ich bei Ruby war.

Der Verrat in PersonWhere stories live. Discover now