#60 Casper und Dylan

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Austin

Nachdem Casper bei Dylan gewesen war, war er noch bei mir vorbei gekommen. Dankend hatte er ein Bier von mir entgegengenommen und wir saßen gemeinsam im Garten.

„Dylan war komisch", meinte Casper auf einmal, weswegen ich es sofort hinterfragte. „Er war ungewöhnlich ruhig. Wollte nicht wirklich reden", erklärte er. „Vielleicht nur ein schlechter Tag", vermutete ich. „Hat er auch gesagt, aber ich habe es ihm nicht geglaubt", sagte er.

Ich war mir sicher, dass Dylan ihm die Wahrheit gesagt hatte. Eigentlich hatte er keinen Grund, um zu lügen. Wenn wirklich was wäre, hätte er mir schon längst geschrieben.

„Hast du ihn eigentlich schon wegem dem Halloween Ball gefragt?", wechselte Casper das Thema. „Nein, ich wollte warten, bis er wieder aus dem Krankenhaus raus ist", erklärte ich.

Verstehend nickte er. Casper schien mir ein wenig geknickt zu sein. Er hatte niemanden, den er fragen konnte. Als ich mit ihm über den Ball geredet hatte, hatte er mir erzählt, dass er sonst immer mit Ruby dorthin gegangen war. Ruby war dieses Mal nur vergeben.

„Ein Leben ohne Sex ist scheiße", schnaubte Casper belustigt. „Ist aushaltbar", schmunzelte ich. „Du und Dylan hatten noch nicht?", fragte er skeptisch. „Nein. Ich möchte ihm auch seine Zeit lassen wegen der Vorgeschichte", meinte ich. „Das ist gut. Bei seiner Verletzung seid ihr eh gezwungen noch eine Weile zu warten", schätzte er.

Ich lachte kurz auf, denn ich konnte es nicht glauben, dass ich mich mit Casper über mein Sexleben unterhielt. Dieses Gespräch konnte nicht an einem einzelnen Bier liegen. Casper schien ziemlich frustriert zu sein, so wehleidig, wie er das gesagt hatte.

„Ich muss echt verzweifelt sein, wenn ich mit dir über so etwas rede", lachte Cas. „Nein, alles gut. Wann hattest du zuletzt?", interessierte ich mich. „Gutes halbes Jahr her. Ich weiß noch nichtmal mehr mit wem", gab er zu.

Ich konnte mir gut vorstellen, dass er bei seinem letzten Sex betrunken war. Wahrscheinlich grenzte es schon an ein Wunder, dass er es überhaupt noch wusste. Vielleicht wäre Casper heute auch mit der Person zusammen, wenn er noch wüsste, wer es war.

Wenn Casper nüchtern war, war er wirklich sehr nett. Man konnte gut mit ihm reden. Kein Thema war ihm unangenehm. Zumindest ließ er sich nichts anmerken.

Komplett betrunken war er zwar nett, aber kaum ansprechbar. Wenn er redete, kam nur Mist raus. Man hatte das Gefühl, dass man ihn abhalten musste irgendeinen Mist zu bauen. Oder, dass er sich zur Bewusstlosigkeit betrank.

Schweigend überflog ich den Brief von Alex, welchen Dylan mir gegeben hatte. Ich hatte eine halbe Stunde gebraucht, bis er mit der Sprache rausgerückt hat.

„Verzeihst du ihm?", wollte ich wissen. „Ich weiß es nicht", seufzte Dylan. „Du wärst fast durch diesen Psychopathen verreckt", erinnerte ich ihn. „Austin", schaute er mich ernst an.

Wahrscheinlich hatte ich kein Recht dazu, aber es machte mich sauer. Alex Aktionen waren unverzeihlich. Zusätzlich rechtfertigte dieser halbherzige Brief nichts.

Dylan nahm den Brief wieder an sich, wobei er so tat, als ob es sein größter Heiligtum wäre. Skeptisch betrachtete ich ihn, aber wollte nichts zu seinem Verhalten sagen.

„Bist du jetzt eifersüchtig?", wollte Dylan wissen. „Nein", antwortete ich unsicher. „Austin, ich liebe nur dich", legte er seine Hand um meinen Nacken, damit er mich zu sich ziehen konnte. „Und ich nur dich", raunte ich gegen seine Lippen.

Hatte ich überhaupt einen Grund, um eifersüchtig zu sein? Es war, wie ein Zwiespalt, aber Dylan hatte mir versichert, dass er nur mich liebt. Ich glaubte es ihm, aber wie er den Brief behandelte, verunsicherte mich.

Es machte mir Angst, dass Dylan mich einfach ersetzen könnte. Zwar hatte Alex es nicht erwähnt, aber ich war mir ganz sicher, dass er Dylan noch immer liebte. Am besten hätte ich ihn zur Strecke gebracht, als ich die Chance dazu hatte.

Der Kuss hätte von mir aus noch Stunden gehen können, aber leider drückte Dylan mich weg. Er fing an mich ganz genau zu mustern, was mich verwunderte. Dylan schien irgendein Problem zu haben, was ich nicht verstand.

„Du bist eifersüchtig", schloss Dylan anscheinend aus meinem Gesichtsausdruck. „Nein", widersprach ich. „Doch, ich sehe, wie du nachdenkst", erklärte er. „Dylan", seufzte ich.

Wo genau lag sein Problem? Ich wusste nicht, ob ich ihn verstehen musste, wodurch ich ihn nur anschaute. Kommunikation wäre sehr hilfreich gewesen.

„Oke, ja. Ich bin ein wenig Eifersüchtig. Ich habe Angst, dass du zu Alex zurück gehst", gab ich zu. „Werde ich nicht, keine Sorge. Selbst, wenn ich ihm verzeihen würde, wäre es für mich kein Grund, um dich zu verlassen. Ich liebe nur dich, du Idiot", erklärte Dylan mir. „Tut mir leid", murmelte ich.

Behutsam legte Dylan eine Hand auf meine Wange, wobei er mich anlächelte. Es fühlte sich so ehrlich an. Ehrlich war das, was wir beide benötigten.

Sein Liebevoller Blick erinnerte mich an das Gespräch mit Casper am Vortag. Wenn Dylan nicht verletzt gewesen wäre, wäre ich bestimmt, wie eine Raubkatze, über ihn hergefallen.

„Worüber denkst du nach?", wollte Dylan wissen. „Ist nicht wichtig", winkte ich ab. „So wie du grinst, ist es zumindest witzig", vermutete er.

Ich erzählte Dylan von dem Gespräch mit Casper, wodurch er erstmal lachen musste. Er konnte genau so wenig verstehen, wie Casper auf das Thema gekommen war.

„Casper kann fast jeden mit seiner Art haben", behauptete Dylan. „Solange er dich nicht möchte", meinte ich. „Das haben wir schon lange hinter uns", gab er verlegen zu.

Verwirrt schaute ich ihn an. Casper und Dylan? Niemals. Dylan kratzte sich unsicher am Hinterkopf. Nun war ich auf die Erklärung gespannt.

„Ist schon ein paar Jahre her. Cas und ich haben auch nie eine Beziehung versucht. Wir wollten unsere Freundschaft nicht kaputt machen, weil uns die wichtiger war als unsere Gefühle", erzählte Dylan. „Hätte ich nicht gedacht", meinte ich nur.

Für mich war das wirklich vorstellbar. Die beiden passten mir nicht zusammen, aber vielleicht lag das auch daran, dass ich es mir nicht vorstellen wollte. Eventuell konnte ich es mir schlecht vorstellen, da ich Dylan zuvor in keiner Beziehung gesehen habe.

„Wenn wir, was miteinander angefangen hätten, wären wir bestimmt heute nicht mehr befreundet", vermutete Dylan. „Es schien eine gute Entscheidung gewesen zu sein", meinte ich. „Ja, wir waren uns zum Glück einig", sagte er.

Ich hoffte, dass, wenn wir aus irgendwelchen Gründen nicht mehr zusammen sein würden, dass wir trotzdem Freunde bleiben würde.

Meiner Meinung nach, waren Freundschaften nach einer Beziehung schwer. Man fühlte sich meist noch immer, wie in einer Beziehung. Meist muss eine Pause oder ein Abstand her.

Aber ich bereute es kein Stück, dass ich Dylan gefragt hatte. Es hatte sich so richtig angefühlt und das tat es noch immer. Ich hatte keine Zweifel.

Der Verrat in PersonDonde viven las historias. Descúbrelo ahora