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-zwei Wochen später-

Ella PoV.:

Nervös drehe ich den Stift in meinen Händen und überfliege die Notizen auf dem Tablet, die ich mir in der vergangenen Stunde noch gemacht habe. Ich sitze schon seit halb sieben hier und zerbreche mir den Kopf über den heutigen Tag. Die aufgehende Sonne, die ihre warmen Strahlen durch mein Bürofenster schickt, verspricht, dass es ein guter wird, doch dessen bin ich mir nicht sicher. Heute geht es für Julian in das Drogenberatungszentrum und ich weiß nicht, wie ich diesen Besuch so unbeschadet überstehen soll, ohne dass er oder irgendjemand anderes aus dem Büro von irgendwas Verdacht schöpfen könnte. Mir ist bewusst, dass mich dort nicht nur einer der Mitarbeiter erkennen wird und ich bete schon jetzt inständig, dass mich nichts in eine unangenehme Situation bringen wird. Denn dann bin ich vermutlich geliefert, denn wie ich letzte Woche feststellen durfte, tratscht Julian munter alles weiter,was ihm so an mir nicht passt und alles, bei dem ich mich in seinen Augen falsch verhalten oder was falsches gesagt habe. Da er in dieser Beziehung trotz seines durchaus wackeligen Stands dennoch derjenige ist, dessen Worte Gewicht haben, habe ich natürlich von meinem Projektleiter diese Rückmeldungen direkt wieder zurückbekommen. Zu meinem Glück gibt dieser nicht viel auf sowas, aber von meinem tatsächlichen Hintergrund wird er sicher nicht begeistert sein. Also hoffen und bangen, dass nicht schiefgehen wird.

Wie immer steht um neun ein kleines Briefing an, aber wie immer ist natürlich nicht klar, ob er überhaupt auftauchen wird. Langsam habe ich mich mit diesem frustrierenden Verhalten ein wenig abgefunden und versuche, das Beste für mich daraus zu machen, schließlich bin ich hier die, die liefern muss. Manchmal komme ich mir so affig vor, die persönliche Assistenz von jemandem zu sein, der in diesem Alter immer noch nicht weiß, wie man sich zu benehmen hat, während die anderen in der Abteilung an kreativen Projekten arbeiten und niemandem seinen blöden Arsch retten müssen. Wie immer um diese Uhrzeit streckt Ben seinen Kopf durch die Tür und schenkt mir ein strahlendes Lächeln. "Guten Morgen, Ella. Bist du schon fleißig?" fragt er mich und nimmt lässig vor meinem Schreibtisch Platz. Ich nicke bestätigend. "Wir haben heute wieder einen Termin, nochmal auf Nummer sicher gehen, dass ich an alles gedacht habe." Mein Gegenüber schmunzelt. "Das hast du doch sowieso, so wie ich dich mittlerweile kenne." Über die Zeit die ich hier bin sind Ben und ich zu recht guten Kollegen geworden, meinem Gefühl nach vielleicht ein bisschen zu gut, aber vielleicht ist er von Grund auf eher ein flirty Typ. Nichtsdestotrotz schätze ich seine Meinung, denn auch er hat schon viel mit Julian zusammengearbeitet, aber das lag wohl noch vor seiner Ich-scheiß-auf-alles-und-jeden-Zeit.

"Der Termin auf der Kinderstation war für mich das totale Chaos, weil er nichts von dem erfüllt hat, was eigentlich geplant war. Und man selber steht da wie ein Depp, nur weil er mal wieder bei allem auf Durchzug geschaltet hat, was ich ihm gesagt habe. Abgesehen davon hatte er ne Fahne, die man zehn Kilometer gegen den Wind noch gerochen hätte. Wenigstens war er zu den Kindern einigermaßen nett, ansonsten hätte ich mich wahrscheinlich nicht mehr beherrschen können." murre ich. "Es ist ja immer wieder verwunderlich, wie das auf den Dingen, die nachher gepostet werden null so rüberkommt." Ich antworte mit einem Schulterzucken. "Das ist ja der Sinn der Aktion, auch wenn ichs nicht fair finde, weil er nix draus mitnimmt und immer noch ein Arschloch ist." Ich stütze meinen Kopf in meinen Händen ab und fange das aufmunternde Lächeln meines Kollegen auf. "Über die Hälfte hast du ja schon. Und nächste Woche stehen sowieso erstmal Medientage an, dann lernst du auch mal nette Spieler kennen." Ich weiß nicht, ob es das besser macht, denn meine Meinung gegenüber Fußballern war und ist nicht gerade die beste, da können sie auch noch so nett sein. Sieht man ja an Julian, dass das meistens auch nur Schein ist.

Kurz vor neun tritt dann tatsächlich ein blonder Kerl in meine Tür und ich versuche meinen Kommentar zu seinem Kommen runterschlucken. "Guten Morgen, setzen Sie sich doch." Ich erhebe mich zur Begrüßung und mache eine Handbewegung zu dem Stuhl, in dem bis vor einer halben Stunde noch Ben saß. Ich habe beschlossen, das mit dem siezen so lange durchzuziehen, bis es ihm selbst zu blöd wird, wie lange das auch dauern mag.

U N B R E A K A B L E - Julian BrandtWhere stories live. Discover now