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Julian PoV.:

Alter Schwede, was für eine Scheiße das heute schon wieder war. Als hätte ich Bock, mich mit so beschissenen Junkies zu unterhalten und mir diese Geschichten von Versagern anzuhören. Bei so nem Leben müsste ich mich wahrscheinlich auch 24/7 zudröhnen, um das auszuhalten. Ich schaue auf, in den Spiegel, der über dem Waschbecken hängt und mustere mein Spiegelbild darin. So fertig wie ich derzeit aussehe, würde ich wahrscheinlich auch als einer dieser Junkies durchgehen. Ich schüttle kurz meine Haare auf und verlasse dann die Toilette, es wird Zeit endlich nach Hause zu kommen.

Als ich durch die Eingangstür trete, höre ich zwei Personen miteinander diskutieren, denke mir aber erst nichts dabei und will schon weitergehen, als ich meinen Kopf dann doch in die Richtung der beiden drehe und feststelle, dass es Ella ist, die von so einem fertigen Typen gegen die Wand gedrückt wird. Sie fleht ihn schon fast an, sie loszulassen, man kann deutlich die Panik in ihrem Gesicht erkennen. Doch der Typ scheint keine Anstalten zu machen und drückt nur noch fester zu. Kurz hadere ich mit mir, ich hab eigentlich gar keinen Bock mich da jetzt einzumischen und will eigentlich gar nicht wissen, mit welchen seltsamen Menschen die sich abgibt, aber etwas in mir sträubt sich dagegen, sie jetzt ihrem Schicksal zu überlassen.

Ich mache einen großen Schritt auf die beiden zu und raffe meine Schultern. "Ey hast du den Schuss nicht gehört, lass sie sofort los!" rufe ich und baue mich vor ihm auf. Zwar habe ich länger nicht trainiert, aber so nen Fliegenschiss wie den mache ich nach wie vor mit dem kleinen Finger kalt. Abrupt lässt er von ihr ab und kommt auf mich zu. "Und was willst du jetzt, Blondie? Hau ab, das geht dich nix an, was ich mit ihr mache." Unverkennbar gehört er auch zur Szene, ich will gar nicht wissen, wo der sich rumtreibt, geschweige denn will ich ihn anfassen müssen. "Was bist du für einer, dich an ner wehrlosen Frau zu vergreifen? Verpiss dich gefälligst, sonst kannst du's den Bullen erklären." zische ich ihn an und werfe einen kurzen Blick zu Ella, die sichtlich darum bemüht ist, die Fassung zu behalten. Auch ihr mysteriöser Typ wechselt einen Blick mit ihr und macht dann endlich einen Schritt zurück. "Das wirst du mir noch büßen, Schlampe." faucht er sie an und ist dann schon um die Ecke des Gebäudes verschwunden.

Unschlüssig stehe ich Ella nun gegenüber und mustere sie kurz. "Gehts dir gut?" frage ich sie dann doch höflicherweise und sie nickt nur schnell. "Alles gut." hektisch greift sie nach ihren Sachen, die auf dem Boden liegen, und rafft sich dann. Sie scheint meinen kurzen Anflug von Hilfsbereitschaft so nicht erwartet zu haben, ich aber eigentlich auch nicht. Aber ich hätte sie unter keinen Umständen damit alleine lassen können, der Typ scheint auf mich zu schlimmerem bereit zu sein.

"Wollen wir los? Ich fahre Sie noch eben nach Hause." Sie versucht offensichtlich, das von gerade eben zu überspielen und ich merke, dass sie etwas zu verbergen hat, aber muss ja so sein, wenn dieser Kerl, sie hier so angeht. Außerdem was ist das mit dem beschissenen gesieze die ganze Zeit? Vielleicht sollte ich ihr mal sagen, dass sie das mal unterlassen kann. Ich für meinen Teil unterlasse es, sie nach diesem äußert seltsamen Zusammentreffen zu fragen, denn eigentlich geht sie mir ziemlich am Arsch vorbei. Auf der anderen Seite, habe ich vorhin bei dem Termin schon bemerkt, dass sie ständig versucht hat was zu überspielen und irgendwas zu vertuschen. Und dieser Drogentyp jetzt noch dazu machen mich stutzig. Hat die kleine brave Ella etwas zu verbergen, was besser niemand wissen soll?

Ich sollte mich mal erkundigen, sicher ist es von Vorteil, ein bisschen was gegen sie in der Hinterhand zu haben, nur zur Sicherheit.

Schweigend treten wir den Rückweg an, bei dem ich ihr noch meine Adresse nenne und mich dann durch die Straßen Dortmunds kutschieren lasse. Es fuckt mich jetzt schon ab, noch mehr auf sie und andere angewiesen zu sein ohne Führerschein. Der letzte Blitzer auf der Autobahn hat mich dann doch den Kragen gekostet und ich könnte mich noch immer ohrfeigen dafür.

U N B R E A K A B L E - Julian BrandtWhere stories live. Discover now