Kapitel 12

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♠Damon♠

"Noch ein Erdbeer-Mojito!", ruft der schon betrunkene, bunte Vogel in meinen Rücken. Ich werfe mir mein Geschirrtuch über die Schulter und schüttle den Kopf.

"Der hat doch für heute genug oder?", fragt mich Orion, der den Mann am Ende der Theke besorgt mustert.

"Hast du mitbekommen, was passiert ist?"

Orion schüttelt den Kopf und sieht mich, als Aufforderung zu erzählen, gespannt an.

"Viel habe ich nicht verstanden so gelallt hat er und ich erzähle das jetzt nur dir, denn eigentlich halte ich mich an mein Barkeeper Schweigegelübde."

"Schon klar."

"Also er meinte, dass er von seinem Mann hierher geschickt wurde, damit er Spaß und Ablenkung hat, nachdem er eben erst gekündigt wurde, aus Gründen, die ich nicht ganz verstanden habe. Dann hat er wohl vor ein paar Tagen besagten Spaß auf einer Junggesellenparty gehabt, bei der er mitfeiern durfte. Doch sein Mann nimmt ihm genau das jetzt wohl übel, obwohl er ihn zuvor doch regelrecht dazu aufgefordert hat."

"Ohhh, okay. Und so wie du aussiehst willst du mir sagen, dass du ihm nicht ganz glauben kannst?"

"Genau."

"Da hat er auch allen Grund zu", höre ich dann eine meiner liebsten Stimmen auf der ganzen Welt und drehe mich lächelnd zu Phedoka um.

"Ey Alter, bevor du die Schrulle bedienst, bin ich erst mal dran, ich warte schon so lange", schreit der bunte Vogel zu uns und ich sehe, wie Phes Gesicht an Farbe zulegt und knallrot wird.

"Seit zwei Tagen sitzt er fast Tag und Nacht hier und lässt sich die Birne zulaufen. Geht unseren Gästen so hart auf die Nerven, dass sich schon ein paar über ihn beschwert haben und nun pöbelt er auch noch mich an? Ich glaube, ich muss ein ernstes Wörtchen mit Heya sprechen. Und mit ihm."

Ich kann Phes Erzürnung verstehen, denn dieses Verhalten kennt sie gut genug und es tut mir auch heute noch wahnsinnig leid. Auch wenn ich nicht alkoholsüchtig war, sind die Konsequenzen dieselben.

Die Wirkung mag etwas anders sein. Während man beim Koksen eine gesteigerte Wachheit und Aufmerksamkeit verspürt und die Stimmung euphorisch gehoben wird, was dann auch die sexuelle Hemmung sinken lässt, macht einen der Alkohol oft schwermütig, melancholisch oder depressiv. Schlimmer noch, Alkoholismus verstärkt diese Emotionen, wenn sie bereits vorhanden sind. Manche werden auch aggressiv.

Blackouts, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Erschöpfung bis hin zu Angstzuständen, Schuldgefühlen, Selbstvorwürfen und Suizidgedanken sind bei beiden Formen der Sucht gleich. Genauso, wie man für kurze Zeit seine Probleme vergisst. Aber glaubt mir, am nächsten Tag kommen sie doppelt wieder herauf. Was viele dann dazu bringt "nachzulegen" und sich erneut in einen Rausch zu versetzen. So wie ich das jahrelang gemacht habe, bis ich Phe über den Weg stolperte.

Ich bin ihr so dankbar, dass sie mir damals geholfen hat und ich jemanden hatte, dem ich wichtig genug war. Was Phe mir gegeben hat, würde ich gerne an den jungen Mann weitergeben und ihm helfen, aus diesem immerwährenden Sumpf rauszukommen.

"Warte damit noch bitte, ich möchte mein Glück versuchen. Vielleicht spricht er ja mit mir und ganz vielleicht bekomme ich ihn dazu mit mir zu einem Treffen zu gehen", bitte ich Phe. Mit ihren warmen braunen Augen sieht sie mich lächelnd an und nickt.

"Okay, aber woher willst du wissen, dass er ein Alkoholproblem hat? Es kann ja auch sein, dass er erst so viel trinkt, seit das passiert ist?"

Berechtigte Frage, doch weiß ich eine Antwort darauf.

"Als er so in Plauderlaune war, verriet er mir seinen Social Media Account. Natürlich hat er mich dann neugierig gemacht und ich habe ein paar seiner Videos durchgescrollt. Und auch wenn es nicht offensichtlich ist auf den ersten Blick, kann ich sehr gut sehen wo er getrunken hat und wo nicht, wenn es nicht gerade offensichtlich war, weil er eine Flasche auf dem Tisch oder in der Hand hatte. Das Ganze reicht ein paar Monate zurück. Vielleicht so ungefähr ein Jahr."

"Mhm okay. Dann versuch dein Glück und erzähle mir von deinem Ergebnis", meint Phe dann, steht auf und zeigt unauffällig auf die Stelle, wo der bunte Vogel eben noch stand und jetzt verschwunden ist, bevor sie sich umdreht und geht. Ich schaue mich um, doch kann ich ihn nicht entdecken.

"Ich glaub der ist in den BDSM Bereich gegangen, ich konnte nur noch einen Zipfel von ihm die Treppe hinunter schwanken sehen. Der hatte wohl die Nase voll vom Warten", kichert Orion, als er ein Tablett mit leeren Gläsern neben dem Spülbecken abstellt.

Brummend nehme ich die Gläser und beginne sie zu waschen. Es ist eh gleich Schichtwechsel.

Als ich fertig bin mit den Gläsern ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und schreibe in den Familienchat von Leon, Eric und mir, dass ich etwas später nach Hause komme. Mit kurzen Worten erkläre ich, um was es geht. Die beiden sind wirklich keine eifersüchtigen Menschen. Außer am Anfang unserer Beziehung, bis wir viel geredet und Abmachungen getroffen haben. Dennoch werde ich ihnen nachher genauer erklären, was passiert ist.

Nach dem Schichtwechsel mit Slade, schaue ich mich intensiver im Club um, denn Blair wird den bunten Vogel zwischenzeitlich sicher wieder nach oben verfrachtet haben. Ich denke nicht, dass er was da unten zu suchen hatte und ich kenne Blair gut genug um zu wissen, dass er das ebenso sehen wird.

In einer der dunklen Nischen entdecke ich ihn dann, wie er dort ganz alleine sitzt.Ich setze mich neben ihn, was er nicht einmal bemerkt. Dann stupse ich ihn vorsichtig mit meinem Zeigefinger an.

"Hey du."

Erschrocken zuckt er zusammen und sieht mich mit glasigen und blutunterlaufenen Augen an.

"Was willst du? Du hast mich einfach auf dem Trockenen gelassen", beschwert er sich und drückt seine Unterlippe schmollend nach vorne. Eigentlich ist er ja ganz niedlich, auch wenn er wahrlich nicht mein Geschmack ist.

"Ja, erstens wäre es besser du würdest aufhören zu trinken und zweitens begegnet man uns im Resort, auch wenn wir "nur" Angestellte sind, mit Respekt und Freundlichkeit."

"Ja blabla. Gar nichts darf ich hier. Nicht trinken, nicht streamen, nicht flirten, nix. Für was bin ich dann hier? Still in der Ecke sitzen und mich mobben lassen, das kann ich auch gut zuhause", giftet er, bevor er aufsteht und in der tanzenden Menge verschwindet.

Unschlüssig, ob ich ihm hinterherlaufen soll oder nicht, bleibe ich noch sitzen. Doch dann packt es mich und ich erhebe mich seufzend, um ihm zu folgen. 

Resort de la Pheya 16 - PhoenixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt