Der Grinch wohnt nebenan.

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Es war ein knackig-kalter Dezembernachmittag. Die Tage waren kurz und die Nächte lang.
Nach stundenlangem Jammern, hatte Sasuke endlich zugestimmt, den großen, aufblasbaren Schneemann im Vorgarten anzubringen.
Eine bunte Reihe an Blättern lag auf dem Boden in der Küche, während das Paar sich gemeinsam die Anleitung durchlas.

Naruto saß daneben, spickte durch die einzelnen Zettel und sah anschließend auf den Karton, in der noch der Schneemann steckte. „Das ist zu schwer, Sasuke", schmollte er und verschränkte die Arme, „Ich verstehe kein einzelnes Wort in dieser blöden Anleitung. Wieso hast du nicht gesagt, dass es so schwer werden wird?"

„Um fair zu bleiben, du wolltest dieses Ding um jeden Preis, nicht ich", Sasuke bückte sich und küsste die Oberseite des blonden Schopfes, bevor er neben Naruto kniete. „Lass mich mal sehen, Baby."

Naruto schob die Papiere zu ihm rüber und stand auf. Sasuke las die Anweisungen der Anleitung mit Leichtigkeit durch. Die Informationen waren ziemlich einfach, aber er verstand, dass Naruto frustriert war. Der kleine Sonnenschein war nicht der Typ, der die Geduld hatte, sich lange Texte durchzulesen und sie korrekt mental zu verarbeiten. Außerdem würde er das auch ohne ihn schaffen. Naruto würde ihm ohnehin nur im Weg stehen und ständig fragen, wie lange es noch dauert.

„Ich werde den Schneemann aufstellen, Liebling. Wieso gehst du dich nicht einfach entspannen. Mach dir eine heiße Schokolade und schaue dir einen Film an, oder so. Ich bekomme das schon alleine hin", schlug Sasuke vor und Naruto seufzte erleichtert.
„Danke, Sas. Aber, es wird nicht zu lange dauern, oder?"

Der schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube nicht, ich muss nur sicherstellen, dass alle Verbindungsdrähte intakt sind."

„Weil du weißt, dass der Grinch heute Abend läuft und du hast versprochen, ihn mit mir gucken."

„Ich werde rechtzeitig fertig sein."

Naruto gab ihm einen Kuss auf die Lippen und streichelte dankbar über den Rücken des anderen, bevor er ins Wohnzimmer lief.
Kurz darauf verließ Sasuke, mit den Sachen das Haus, zusammen mit einer zweiten Schachtel, die im Flur stand. Es lag eine eisige Kälte in der Luft, aber Narutos Zärtlichkeiten wärmten seinen Körper auf.

Weniger als eine Stunde verging und schon stand der große Schneemann, mit rotem Weihnachtshut im Vorgarten und lächelte fröhlich. Es gab einen Knopf, mit Lautsprecher am Rücken der Figur, der ein Lied spielte, wenn man ihn drückte. Sasuke beschloss Naruto nichts davon zu erzählen.

Er öffnete die zweite Schachtel, in der sich eine leuchtende Vorrichtung befand, die Naruto vor ein paar Tagen heimlich im Internet bestellt hatte. Es war Santas großer Schlitten, mit allen Rentieren. Sasuke lachte zu sich selbst und fragte sich, ob dieser Weihnachtswahnsinn irgendwann aufhören würde. Aber wahrscheinlich würde es nur jedes Jahr schlimmer werden.

Er räumte gerade den Inhalt des Kartons aus, als er eine Tür zuschlagen hörte.
„Was in drei Teufels Namen soll diese pompöser Mist?", erklang eine hasserfüllte Stimme.

Sasuke schaute auf und sah den Nachbarn von nebenan, mit verschränkten Armen vor ihm am Gartenzaun stehen. „Es sind noch Wochen bis Weihnachten und sie stellen bereits diese Sachen auf? Das ist maßlos übertrieben."

Übertrieben ist, dass sie hier her kommen und mich mit ihrem Scheiß volllabern, wollte Sasuke zurückschießen, aber er biss sich auf die Zunge, um es nicht zu tun. Ihr Nachbar war ein alter, verbitterter, Alleinstehender Mann, der Naruto und ihm hasste, seitdem sie vor ein paar Monaten eingezogen waren.

Naruto war so voller Freude und aufgeregt, in diese Gegend zu ziehen, dass er extra seine Mutter darum bat, ein paar Leckereien zuzubereiten, die er dann in der gesamten Nachbarschaft verteilen konnte.
Sasuke wollte eigentlich mit den Leuten nichts zu tun haben, aber wenn sich der Blonde etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es kein zurück und er musste mitmachen.

Sasuke erinnerte sich noch gut an den Tag, als sie im Sommer an der Tür des alten Mannes halt machten. Bis zu ihm war eigentlich jeder freundlicher und zuvorkommender als der vorherige, aber sobald der Griesgram zum Vorschein kam, spannte sich das Wesen des schwarzhaarigen sofort an.

Der ältere Herr runzelte die Stirn, sah die beiden Männer mit dunklen Augen an. Sasuke schluckte, er wusste genau, was in dessen Kopf vorging und was für eine Art Mensch er war.
„Hallo!", begrüßte Naruto ihn herzlich „Ich bin Naruto und das ist mein Freund Sasuke, wir sind gerade nebenan eingezogen", er schnappte sich ein Stück des eingewickelten Kuchens von Kushina „Ich habe etwas für sie, meine Mutter hat es gebacken und—",
Weiter kam der Blonde nicht, denn der Mann schlug ihnen die Tür vor der Nase zu.

„Was habe ich getan?", fragte der jüngere mit trauriger Stimme. Naruto war bei so etwas immer schrecklich sensibel. Er konnte nicht verstehen, dass es Personen gab, die einfach nur böse waren. Sasuke liebte Narutos unschuldige, naive Art, er sah immer nur das Gute in den Herzen der Menschen, was aber gleichermaßen bedeutete, dass sein eigenes leicht zu verletzen war.

Sasuke wickelte sofort die Arme um ihn und brachte ihn tröstend an seine Brust, der in seine Jacke schniefte.
„Du hast gar nichts falsch gemacht. Ignorier ihn einfach."

Zusammen, mit einem niedergeschlagenen Naruto, ging er zu ihrem Haus zurück. Das letzte Stück des Kuchens lag in dem kleinen Korb, so als würde es sie verspotten. Sasuke stellte sicher, dass er die Haustür abschloss, sobald sie drin waren.

„Hey! Bist du taub, oder was? Du verdammte Schwu—"

Sasuke schnappte rechtzeitig aus seinen Gedanken, um den Mann davon abzuhalten, ihn mit der unverschämten Beleidigung zu bewerfen.
„Nennen sie mich niemals so."

„Und falls doch? Was willst du dagegen tun, hm?", spottete der Mann, „Es deiner Heulsuse von Freund erzählen? Wenn ich mich recht erinnere, ist heulen eine Sache, die er ziemlich gut kann."

Sasuke legte die Sachen in seinen Händen ab. Er wollte dem Mann das Tageslicht aus dem Gesicht schlagen, aber er steckte seine Fäuste in die Taschen seiner Jacke und atmete tief durch.
Naruto liebte diese Gegend, es war ein Ort an dem er schon immer leben und glücklich werden wollte. Sasuke sollte also nichts tun, womit er diesen Traum gefährden könnte.

Der Mann lachte leise. „Taub und stumm! Was für eine Kombination."

Sasuke fluchte zu sich selbst, als er hörte, wie der alte Griesgram zurück in sein eigenes Haus ging.
Der schwarzhaarige kochte vor Wut, während er die leuchtende Vorrichtung im Vorgarten anbrachte. Es dauerte gut zwanzig Minuten, bis sich sein Herzschlag wieder normalisierte.

Als dann alles angebracht war, brachte es ihn tatsächlich zum Lächeln. Der Horizont wurde langsam dunkler und endlich verband er den letzten Draht mit der Dekoration, woraufhin alles fröhlich zu leuchten begann. Er wischte den Schweiß von der Stirn. Er hatte länger gebraucht, als er dachte und es war anstrengend, vor allem in der Kälte, aber für Naruto würde er alles tun, nur um ein Lächeln auf dessen Gesicht zu sehen.

Sasuke machte sich auf den Weg zurück ins Haus. „Gerade noch rechtzeitig", grinste Naruto, der sich gerade aufs Sofa setzte und auf den freien Platz neben sich klopfte.
Der schwarzhaarige ließ sich sofort reinfallen und legte den Kopf auf Narutos Schoß.
„Du siehst müde aus", schmunzelte der jüngere.

„Was soll ich sagen...Weihnachten ist anstrengend...", seufzte Sasuke und Naruto streichelte ihm, mit entschuldigendem Blick durchs Haar. Danach richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Fernseher.

Sasuke drehte den Kopf, damit er auch etwas sehen konnte. Auf dem Bildschirm beobachtete er, wie die Kinder auf den Gipfel des Berges kletterten, um den mysteriösen Grinch zu sehen.
Er runzelte die Stirn.

Der Grinch lebte nicht auf dem Berggipfel, er wohnte nebenan.

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1251 Worte
(Und? Wer könnte der Mann sein? Eine Idee?🤭)

Weihnachts-ShortShotsStory -  SasuNaruWo Geschichten leben. Entdecke jetzt