Messer und Weihnachtslieder.

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Für Sasuke gab es kein Entrinnen.

Selbst im Büro herrschte der absolute Weihnachtswahnsinn. Überall Mistelzweige, leuchtend kitschige Dekorationen, Schüsseln voll mit Gaumenschmaus und Duftkerzen, die einem Zimt, Orange und Granatapfel um die Nase pfefferten. Selbst in den Toiletten war das Klopapier angepasst worden. 

Aber das hat man davon, wenn man in einem Unternehmen arbeitet, dass von Obito Uchiha geleitet wurde, der sich Anfang Dezember freudig den Namen San-Tobi gab und täglich Mini Schokoladen-Weihnachtsmänner unter seinen Arbeitern verteilte, um nicht als knausriger Boss dazustehen.

Sasuke schlug noch nach Feierabend in die Tastatur auf seinem Schreibtisch, während die dicke Wolkendecke eine Flut von Schneeflocken ausspuckte und den Asphalt erneut weiß bedeckte.
Seine Kollegen, Suigetsu und Karin, quatschten ihn seit gut dreißig Minuten zu.
Darüber, was sie alles die Feiertage über geplant  hatten und wie stressig der gestrige Bummel im Einkaufszentrum war.
Nichts, was Sasuke interessieren würde, also hörte er nur mit halbem Ohr zu.

„Hey, wie wärs, wenn wir am Wochenende durch die Straßen ziehen und Weihnachtslieder singen?", kam es plötzlich von Karin. „In der Stadt sind Chöre unterwegs, die freiwillige Teilnehmer suchen." Suigetsu summte zustimmend. „Jugo ist sicher auch dabei...Was sagst du, Sasuke?", fragte dieser dann und der schwarzhaarige schielte über seinen Bildschirm, um die beiden mit einer skeptischen Falte zwischen den Brauen anzusehen. Es dauerte ein paar Sekunden, bevor er antwortete.

„Seid ihr auf Droge?"

Karin lachte. „Nun komm schon, das wird lustig! Naruto würde es sicher gefallen."

Das würde es, ja, nur wird sich Sasuke diese Blöße selbst seinem Sonnenschein zur Liebe nicht geben.
„Nur über meine Leiche", brummte er deshalb und machte sich zurück an die Arbeit.

„Klopf, Klopf", zwitscherte es von der offenen Bürotür. Alle Köpfe schnappten in die Richtung.
Es war Obito. „Na, Na, was soll die schlechte Laune, Ebenezer Scrooge", grinste er und stellte ihnen drei Weihnachtmänner auf den Tisch. „Es ist bald Weihnachten."
Sasuke verdrehte die Augen.

„Mr. Ich bin zu cool für alles, weigert sich, mit uns Weihnachtslieder singen zu gehen, weil es ihm peinlich ist!", schnappte Karim beleidigt.

„Das es mir peinlich ist, habe ich mit keiner Silbe behauptet. Ich habe keine Lust dazu, das ist alles."

„Wieso seid ihr eigentlich noch hier?", unterbrach Obito das Gespräch und sah auf seine Armbanduhr. „Ihr habt schon seit über einer Stunde Feierabend."

„Naruto ist bei einem jungen Pärchen, in der Nachbarschaft, zum Babysitten, es ist also egal, dass ich länger mache und ich will diesen Kram noch vor den Feiertagen fertig bekommen", sagte Sasuke, bevor er auf den weißhaarigen Volltrottel und die rote Hexe zeigte, „Und was die beiden angeht...sie haben einfach nur Spaß daran, mir den letzen Nerv zu rauben."

Schockiert hielt sich Suigetsu die Brust. „Welch unerhörte Unterstellung! Wir haben dich einfach nur soo lieb, Sasuki, und sind gern in deiner Nähe", grinste er breit. Sasuke wollte ihm das Grinsen aus dem Gesicht schlagen. Karin kicherte über die verniedlichte Version seines Namens.

„Das war's", brummte der junge Uchiha, ließ den PC runterfahren und stand auf „Ich gehe, bevor morgen in den Nachrichten ein Mord gemeldet wird." Danach schnappte er sich seine Tasche und verließ das Unternehmen.

Als Sasuke die Haustür aufsperrte und in einen dunklen Flur trat, war er verwundert.
Sein Freund hätte eigentlich schon längst zuhause sein sollen. Vielleicht war Naruto, mit den Eltern des Kindes ins Gespräch gekommen, aber es war schon fast acht und selbst wenn es so wäre, hätte der Blonde ihm eine Nachricht hinterlassen.

Plötzlich erklang ein hysterischer Schrei, der Sasuke aufschnappen ließ. Er spähte durchs Fenster und konnte dort Naruto sehen, wie er ohne Jacke, mit den Armen vor der Brust in ihrer Einfahrt stand. Sofort klingelten bei ihm die Alarmglocken, der einzige, der mit Naruto um diese Zeit sprechen konnte war ihr fieser Nachbar.

Der schwarzhaarige eilte zur Tür. Sofort erwischte der eiskalte Wind sein Gesicht. „Hey Baby, was machst du hier draußen? Komm rein, du wirst sonst krank werden."

Naruto bewegte sich langsam in Richtung des Hauses und schüttelte mit der Hand den Schnee aus seinem Haar. Sasuke schloss die Tür hinter sich ab und wickelte den jüngeren sofort in eine Umarmung, der sich bibbernd an ihn kuschelte.
„Schön warm...", murmelte er leise, während er seine kalten Hände unter Sasukes T-Shirt brachte, um sie an seinem Bauch zu wärmen. Der Uchiha wäre fast an die Decke gesprungen, ließ es aber zu.

Sie setzten sich auf das Sofa im Wohnzimmer, wobei Naruto mit dem Rücken zu Sasuke, zwischen dessen Schenkeln lag.
„Was hast du da draußen gemacht?"

„Als ich auf dem Weg nach Hause war, habe ich unseren Nachbarn gesehen, wie er in unserem Vorgarten stand..."

„Was?!"

Naruto nickte. „Er stand vor dem Schneemann und naja...es sah so aus, als hätte er etwas in der Hand. Wie etwa ein Messer. Ich hab mich dann an ihn herangeschlichen und als er mich bemerkt hat, ist er geflüchtet."

„Ich werde diesen Scheisskerl umbringen", knurrte Sasuke. Er setzte sich auf und straffte den Griff um Narutos Taille.

„Jetzt warte doch mal, wir wissen doch nicht einmal, was er tun wollte..."

„Naruto, er stand sicher nicht, mit einem Messer in unserem Garten, um sich ein Brot zu schmieren."

Betrübt sah der Blonde Sasuke an. „Meinst du, er wollte...den Schneemann kaputt machen?"

„Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber ich glaube genau das wollte er tun. Als ich sie aufgestellt habe, hat er deutlich gemacht, was er von dem Zeug hält."

„Aber warum?", seufzte Naruto unglücklich und ließ den Kopf hängen. Er legte ein Ohr an Sasukes Brust, der ihm tröstend durch Haar streichelte „Was haben wie jemals getan?"

Sasuke konnte nicht antworten. Selbst er wusste nicht, wieso der Mann so war. Er konnte es sich zwar denken, aber das würde er nicht vor Naruto aussprechen. Stattdessen küsste er den Nacken seines Freundes. „Lass es uns einfach vergessen, ok? Vielleicht hast du ihn genug erschreckt."

„Ich hoffe, du hast recht", Naruto drehte sich, damit er sich auf den Schoß seines Freundes setzen konnte. „Es ist doch bald Weihnachten...da sollte niemand gemein sein."
Der schwarzhaarige sagte nichts. Eine Millionen Gedanken liefen ihm durch den Kopf. Aber das wichtigste war, dass er Naruto sicher in seinen Armen halten konnte.

Nach einer Weile richtete sich Naruto auf, Sasuke blickte ihm fragend hinterher. Als der jüngere dann lächelte, zog er die Brauen nach oben.
„Ich finde es übrigens toll, dass du Suigetsu und Karin gefragt hast, ob sie am Samstag mit uns in der Stadt Weihnachtslieder singen wollen!" begann er, umarmte Sasuke ganz fest und fuhr fort „Das ist so süß von dir, Sas. Ich freue mich so!"

Sasukes Mund formte ein schockiertes „O", das Naruto nicht sehen konnte, weil er damit beschäftigt war, mit einem Lächeln seinen Freund zu befummeln, was Sasuke gleichzeitig davon abhielt die Sache richtig zu stellen.

Dieses Aß von Hoozuki, dachte er.
Er sollte ihn verkleidet in den Vorgarten stellen, in der Hoffnung, der ekelhafte Nachbar würde auch ihn abstechen wollen.
Ach was, er selbst würde es auch tun.

Also dann, auf zum Weihnachtslieder singen.

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1168 Worte

Weihnachts-ShortShotsStory -  SasuNaruWo Geschichten leben. Entdecke jetzt