5. Kapitel: Saurons Auge

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Die Gemeinschaft des Ringes näherte sich Moria stetig und je näher sie kamen, desto unruhiger wurde Amina. Nicht wegen dem Ring. Aber sie spürte die schmerzliche Angespanntheit ihrer Nerven. Denn irgendetwas, vielleicht ihre besonderen Fähigkeiten als Elbin, sagte ihr, dass sie dort unten, in den Minen von Moria, eine böse Überraschung erleben würden. Sie alle. Hätte ich doch nur nie entschieden, durch die Minen zu gehen! Aber über den Pass... Nein. Das wäre auch unmöglich gewesen!, dachte sie, innerlich zerrissen. Die Dunkelheit des Ringes griff abermals nach ihren Gedanken und wieder wehrte Amina sich mit dem Mut der Verzweiflung. Bei jedem ihrer Schritte fiel Cala in seiner Scheide lautlos gegen ihr Bein und diese regelmäßige Wiederholung von etwas Vertrautem beruhigte Amina ein bisschen. Der Himmel über den Gefährten war grau, der Wind eisig. Nichts war zu hören außer den Schritt der anderen und ihren Atemzügen. Selbst die Bäume schienen nicht zu rascheln, obwohl doch der Wind wehte. Irgendetwas, sagte sie zu sich selbst stimmt hier nicht. Überhaupt nicht. Heftig schüttelte die junge Elbin den Kopf, versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. Aber irgendetwas verklebte sie, machte es ihr unmöglich. Zitternd blieb sie stehen und gebot alle Macht auf, die sie nicht darauf verwenden musste, den Ring zu bekämpfen. Sie stieß ihre Gedanken in die der Tiere, zog sie wieder zurück und trieb ihr eigenes Bewusstsein in den Boden. Was war es, was diese Gegend hier verseuchte wie ein schleichendes Gift? Wie eine Krankheit?
Aus dem Nichts blitzte ein rotes, lidloses Auge in ihren Gedanken auf. Das Entsetzen schnürte Amina die Kehle zu, sie rang nach Atem und schrie. Keuchend riss sie die Augen auf, aber alles, was sie sah, war Saurons roter Blick und sie konnte nicht aufhören, zu schreien.
Die anderen Gefährten waren ebenfalls stehen geblieben und starrten sie mit verständnislosem Entsetzen an. "Was ist los?", Gimli klang aufs Höchste alamiert, während er Gandalf diese Frage stellte. "Der Ring.", sagte der Zauberer nur. "Können wir... irgendwas tun?", fragte Legolas, sichtlich erschrocken. "Nein. Diesen Kampf muss sie allein austragen. Denn er findet nur in ihrem Kopf statt.", erklärte Gandalf.
Saurons Auge lastete wie eine Flamme auf Aminas Willen und sie spürte die Risse darin, spürte, wie ihre Hand die Kette suchte. Nein., von irgendwo her nahm sie die Entschlossenheit, telepathisch zu sprechen. Ich werde. Dir nicht. Gehorchen! Der Eine wird fallen und du mit ihm! Das Bild von Saurons Auge in ihrem Geist flackerte, Amina riss ihre Hand von der Kette und senkte den Kopf. Du kannst viele Willen allein mit deinem Blick brechen, dunkler Fürst. Aber meinen nicht! Just in dem Moment, als Saurons lidloses, rotes Auge erneut aufflackerte, erschien in der flammenden Pupille eine Gestalt. Schwarz und riesig, mit einer eisernen Krone und in Amina verkrampfte sich alles vor Hass. Dann sprach der dunkle Fürst: Ich habe einen Zauber auf dich gelegt, weil du mein bist. Mit einem zischend Laut, ganz anders als die getragene Sprechweise der Elben, biss Amina die Zähne aufeinander. Ich gehöre nur mir selbst!, fauchte sie und dann nahm sie alles an telepathischer Macht zusammen, was sie hatte, ließ nicht einen winzigen Funken ungenutzt und trennte ihr Bewusstsein von dem Ring, von Sauron, riss sich aus der Schwärze. Dann blinzelte sie und sah in die verwirrten, angsterfüllten Gesichter der anderen. "Merke: Duelliere dich niemals mental mit Sauron.", sagte sie und lächelte schief. Dann fielen ihre Augen flackernd zu und sie brach zusammen. Der Ring fiel, an seine Kette gebunden, klirrend neben ihr zu Boden. Ich habe einen Zauber auf dich gelegt, weil du mein bist.
Als sie sahen, wie ihre Ringträgerin zu Boden fiel wie eine leblose Puppe, erschraken die anderen. Selbst Gandalf sah beunruhigt aus. "Was ist mit unserer Ringträgerin?", fragte Boromir scharf und schien ausnahmsweise mal nicht an den Ring zu denken. "Aus ihren letzten Worten lässt sich schließen, dass sie soeben ein Zusammentreffen mit Sauron hatte.", sagte Gandalf. "Sauron?", Legolas wirbelte herum und bespannte seine Bogensehne mit einem dreifachspitzigen Pfeil. "Wo?" "Er hat noch keine wirkliche Gestalt, das einzige was er schon ist, ist in ein lidloses Auge am Schwarzen Turm in Barad-dûr. Doch sein Geist ist stark, er war es immer.", fuhr Gandalf fort. Der Waldelbenprinz ließ den Pfeil sinken und steckte ihn wieder in den Köcher zurück. "Aber warum das?", wollte Aragorn wissen. "Warum ist sie-?" "Nun, sie atmet noch. Hätte sie den Kampf verloren, wäre sie tot.", antwortete Gandalf nüchtern. "Oh.", brummte Gimli und stützte sich auf seiner Axt ab. "Jedenfalls", fuhr der Zauberer fort "können wir hier nicht bleiben. Hier sind wir zu ungeschützt." "Ungeschützt? Bei allem Respekt, Gandalf der Graue. Wir sind in einem Wald. Wo gibt es besseren Sichtschutz als hier?", forderte Legolas ihn heraus, seine blaugrauen Augen blitzten. "Von oben, ja. Aber du vergisst die Orks.", sagte Aragorn sanft. Darauf bedachte Legolas ihn mit einem Blick, in dem Wut genauso mitschwang wie Zweifel. "Wir gehen nach Süden. Dann sind wir weiter weg von Moria.", bestimmte Gandalf. "Gut. Aber wir können unsere Ringträgerin nicht hier lassen, oder?", Boromir legte den Kopf schräg, seine Augen waren schmal. "Das wäre sehr von Nachteil für uns." "Natürlich lassen wir sie nicht hier. Ohne sie hat unsere gesamte Mission keinen Sinn.", antwortete Legolas und warf den Kopf hoch. "Ich trage sie." Gimli öffnete den Mund, sah aus, als wollte er irgendetwas spöttisches sagen und ironischen Applaus spenden, aber dann senkte er die Hände und schloss den Mund wieder. "Mach das.", sagte er dann. Legolas warf ihm einen kurzen Blick zu, dann trat er zu Amina, kniete sich neben sie und nahm sie hoch. Das schwarze Haare fiel ihr wirr in das vom Schlafmangel blasse Gesicht, ihre Augen waren geschlossen, aber immerhin, sie atmete ruhig und regelmäßig. Vorsichtig richtete Legolas sich wieder auf. "Süden sagtest du, Gandalf? Dann gehen wir." Der Zauberer nickte und die Gefährten folgten ihm, als er sich in Richtung Süden in Bewegung setzte.

Die Ringträgerin -Die Macht des Einen- || Herr der Ringe FFDonde viven las historias. Descúbrelo ahora