7. Kapitel: Das Gift des Ringes

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Amina spürte das Gift des Ringes immer noch in ihren Gedanken, als sie aufstand. Nicht wirklich freiwillig, aber der Boden und die Decke wurden rissig - die Hitze des Balrogs forderte ihr Tribut. Den Blick starr zum Ausgang gerichtet sagte sie kalt: "Wir gehen. Sonst bringt es uns auch noch um." Sie spürte, wie die anderen sie mit großen Augen ansahen, doch niemand wagte es, der Ringträgerin mit dem tränenverschmierten Gesicht und den kühlen Augen zu widersprechen. "Gut.", antwortete Aragorn dann und drehte sich um, hielt auf den Ausgang zu. "Gehen wir. Bevor die Orks uns erwischen." Sollen sie es nur versuchen!, dachte Amina grimmig, steckte ihr Messer weg und folgte Aragorn, den Kopf gesenkt. Auf gar keinen Fall würde sie zurückblicken, auf gar keinen Fall. Sonst würde sie wieder in Tränen ausbrechen. "Es nimmt uns alle mit, Ringträgerin.", erklang da Boromirs Stimme hinter ihr. "Er war ein großer Zauberer und sein Verlust schmerzt uns alle. Doch zuerst müssen wir aus diesen verfluchten Minen raus." Der Sohn von Denethor sagte tatsächlich 'verfluchte Minen'. "Ich gebe dir Recht, Boromir, Denethors Sohn. Die Orks könnten wieder herauskommen und das wäre in jedem Fall keine Freude.", die Antwort kam von Legolas und Amina biss die Zähne zusammen. Ihre Schuldgefühle machten ihr das Atmen schwer. Wie hatte sie es nur wagen können? Einen ihrer Gefährten mit einer Waffe zu bedrohen, da sein einziges Verbrechen gewesen war, sie davon abzuhalten, in den sicheren Tod zu laufen? Sachte schüttelte die junge Elbin den Kopf. Ihre Trauer um Gandalf überwog. Der Zauberer war, neben Elrond, eine der wenigen Personen gewesen, die sie mehr oder weniger regelmäßig gesehen hatte. Diese beiden hatten sie über die Geschehnisse in Mittelerde auf dem Laufenden gehalten, sonst wäre Amina früher oder später definitiv außen vor gewesen, aufgrund ihrer Abgeschiedenheit. Aber eine andere Lebensart kam für sie dennoch nicht in Frage. Der Tag würde kommen, an dem diese Mission beendet war und Amina würde wieder in das Leben zurückkehren, das sie kannte. Ich muss. Die Narben, die der Ring hinterlässt, sind zu tief. Ausdruckslos folgte sie Aragorn nach draußen, der Gang stieg stetig an und ihr siebter Sinn berichtete ihr, dass die Orks gerade erst aus ihren Verstecken spitzten, denn offenbar hatte das Auftauchen des Balrogs sie nicht weniger erschreckt als die Gemeinschaft des Ringes. Just, als die, nun nur noch fünf, Gefährten im Freien waren, sagte Gimli: "Ich hätt nicht gedacht, dass ich das sage... Aber ich bin froh, da wieder raus zu sein." "Nicht nur du.", murmelte Amina. Gimli sah sie an, nickte und meinte an Aragorn gewandt: "Es ist nicht der beste Platz hier, aber wir müssen unserer Ringträgerin einen Moment gönnen." Der rechtmäßige Thronerbe von Gondor legte den Kopf schräg und erwiderte schließlich: "In Ordnung." Die Dunkelheit nagte am Rande des hellen Himmels wie der Schmerz an Aminas Herz. Sie senkte den Kopf zu einem kurzen Nicken und ging einige Schritte von den anderen weg. Leise hörte sie hinter sich Aragorn zu einem der anderen sagen: "Lasst sie. Sie braucht es. Gandalf war uns allen ein Freund, aber ihrer insbesondere." Das stimmte und Amina, die inzwischen emotionslos zum Horizont starrte, biss sich auf die Lippen, um nicht noch einmal zu weinen. Aber sie hätte sich gar nicht sorgen müssen, denn nun, nachdem der Schock ein bisschen gewichen war, war ihre Trauer zu groß für Tränen. Zu tiefgreifend, zu kalt. Sie spürte, dass sie zitterte, aber nicht vor Kälte, sondern wegen dem Schmerz, der in ihr brannte wie ein Feuer. Doch seltsamerweise schwächte er ihre Abwehrmauer gegen den Ring nicht ab - Im Gegenteil. Amina schien es, als würde der Kummer diesen Wall sogar noch festigen. Ich werde nicht zulassen, dass ich ihm verfalle! Nie wieder!, schoss es ihr durch den Kopf und sie atmete scharf ein. Der Ring hatte Isildur verführt. Der Ring hatte Gollum verführt, der einst Sméagol hieß. Aber sie, Amina, Tochter von Eminel und Lamilas, würde der Ring nicht bekommen. Nicht ihre Seele, nicht ihren Verstand. Nein. Denn der jungen Elbin war klar: Wenn ihr Wille, den Ring zu zerstören, brach, war alles verloren.
Das wird nicht geschehen. Hoffe ich. Amina war klar, dass sie ihr Versprechen, dem Ring nicht zu verfallen, vielleicht nicht würde halten können. Aber sie würde ihr Möglichstes tun, nicht die dritte in der Reihenfolge zu werden. Obwohl sie wusste, dass der Ring ihr nicht antworten würde - zumindest nicht mit Worten - streckte sie ihre Telepathie an die Ränder seiner Dunkelheit. Du bist giftig! Nein, du bist das Gift! Deine Anziehung ist toxisch! Zur Antwort wallte die Finsternis auf, bäumte sich auf und krümmte sich wie eine Welle, doch Amina wob ihren unendlichen Schmerz um Gandalf in das Schild, mit welchem sie ihre Gedanken vor dem Ring schützte, und der Ring zog seine Dunkelheit wieder ein bisschen zurück.
Langsam blinzelte Amina. Sie hatte es geschafft. Sie hatte den Ring zum Zurückweichen gebracht. Durch ihren Schmerz sickerte Stolz wie ein Wassertropfen allmählich durch Stein. "Ich werde mein Bestes tun, mich nicht unterwerfen zu lassen.", gelobte sie flüsternd auf Elbisch. "Ich weiß nicht, ob es reicht. Aber ich werde mein Bestes tun." Wieder bäumte sich die Finsternis des Ringes auf, ging mit all der dunklen Macht auf den Wall nieder, den Amina schützend um ihren Verstand gelegt hatte. Einmal hatte er ihn schon durchbrochen und der Elbin war klar, dass er es wieder versuchte. Oh nein. Dieses Mal würde es ihm nicht gelingen! Ich bin immer noch eine Elbin!, dachte sie und schleuderte der bösen Energie eine Welle ihrer telepathischen Macht entgegen. Silber traf auf schwarz, kurz schien es, als würde der Ring erneut gewinnen. Doch als Amina das sah, dachte sie an Gandalf und daran, dass er nicht wollen würde, dass sie aufgab, sich unterwerfen ließ von Sauron und seinem Ring. Ihr Kummer gab ihr einen neuen Kraftschub und sie schlug die Dunkelheit zurück, drängte sie aus ihren Gedanken, bis an die äußersten Ränder ihres Bewusstseins. Weiter ging es nicht, denn immerhin war der Ring in ihrer Nähe. Dennoch zufrieden stieß Amina den Atem aus und warf sich die schwarzen Haare aus dem Gesicht. Jetzt, im Moment, war es ihr ein einziges Mysterium wie sie es hatte wagen können, eines ihrer Messer gegen einen ihrer Gefährten zu erheben. Und dann auch noch gegen Legolas, der ja immerhin der Waldelbenprinz war. Das war wahrlich ein Disaster gewesen! Aber, das wusste Amina auch, ohne den Einfluss des Ringes hätte sie das nicht getan - ein Messer gezückt. Niemals. So groß ihr Schock auch gewesen war, so groß ihre Trauer weiterhin war... Nein, ohne das Gift des Ringes in ihrem Verstand hätte sie niemals eines ihrer Messer gezogen. Nicht gegen die Gemeinschaft des Ringes. Höchstens gegen Orks. Doch das war, wie die junge Elbin fand, keineswegs verwerflich. Orks... Für einen Moment schnürte der Hass ihr die Luft ab, für einen Moment blitzten wieder die zerfetzten Leichen der Orks und ihrer Eltern vor ihrem inneren Auge auf. Dann blinzelte Amina mehrmals und verscheuchte die Erinnerung. Knapp über 70 Jahre alt war sie damals gewesen. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu Thranduil. Zum wiederholten Mal stellte sie fest, dass sie den König der Waldelben nicht hasste - trotz allem. Und wieder einmal war sie froh darum, dass Legolas anders war, als sein Vater. Wobei... jetzt war das auch gleichgültig. Amina blinzelte, zog die Augenbrauen zusammen und wandte den Kopf nach Osten. Der Rotschimmer hatte sich verstärkt - und das hatte rein gar nichts mit der untergehenden Sonne zu tun, die nun im Westen ihre letzten, orangen Strahlen über die Hügel schickte. Im Osten war Barad-dûr. Im Osten war Sauron. Als hätte der Ring gespürt, in welche Richtung sie blickte, wurde er auf einen Schlag schwerer und Amina zuckte zusammen. Ihre schlanken Finger schlossen sich um den Ring an der silbernen Kette. Allerdings nicht, weil sie gedachte, ihn zu benutzen. Das wäre so ziemlich das Allerdümmste, was ihr einfallen könnte. Denn in der Ring-Dimension konnten sowohl die Nazgûl als auch Sauron sie erblicken. Nein, nicht deswegen umklammerte Amina den Ring. Sondern weil sie sich danach sehnte, ihn von der Kette zu reißen und weit fort zu werfen. Nur war das unmöglich. Der Ring war ihre Verantwortung, sie war die Ringträgerin. Sie war dazu bestimmt, ihn nach Mordor zu bringen und in die flammende Schlucht des Schicksalsberges zu werfen. Genau das würde sie tun - sie musste. Aber noch etwas anderes musste sie tun, wie Amina beschloss. Vorsichtig sammelte sie ihre telepathische Macht und streckte sie nach den Gedanken der anderen Gefährten aus. Suchte nach einem ganz bestimmten. Da.
Legolas. Kann ich dich kurz sprechen?, fragte sie. Überraschung erreichte sie aus seinen Gedanken. Auf diesem Weg?, fragte er lautlos zurück. Wenn es dir nichts ausmacht, ja. Das, was ich sage, müssen nicht alle hören., erklärte sie. Ich verstehe. Dann, bitte. Sprich., erwiderte der Elbenprinz. Einen Moment lang zögerte die junge Elbin. Dann fuhr sie fort: Ich bitte dich um Verzeihung für meine Drohgeste gerade eben. Ich war nicht bei Sinnen, musst du wissen., sie schluckte. Der Ring warf seinen Schatten in meinen Verstand und ich wusste nicht mehr wirklich, was ich tat. Allerdings habe ich vollstes Verständnis, wenn du es vorziehst, mir nicht zu verzeihen. Denn ich kann keineswegs garantieren, dass das die letzte Aktion dieser Art war. Im Gegenteil, ich bin mir sogar sehr sicher, dass es noch einige Male passieren wird, dass ich irgendwelche schlimmen Dinge tun will oder sage, ohne mir dessen zu einhundert Prozent bewusst zu sein. Denn der Ring wird immer stärker, je näher wir Mordor kommen. In jeder Sekunde, in der Sauron an Macht gewinnt, tut dies auch der Ring. Ich kann mich gegen ihn wehren - noch und selbst das nur bis zu einem gewissen Grad. Ich weiß nicht, wie lange mein Verstand noch vergleichsweise klar bleibt, meine Energie vergleichsweise unangetastet. Der Ring setzt mir jetzt schon zu und es wird nicht besser werden. Die Ringträgerin zu sein, macht einsam und ich werde dieses Schicksal voll und ganz annehmen. Nachdem sie geendet hatte, schwieg Legolas mehrere Sekunden. Amina stand nach wie vor von den anderen abgewandt da, den Blick gen Osten gerichtet. Du bist nicht alleine., antwortete Legolas jetzt. Du hast uns. Wir sind deine Gefährten und wir werden uns erst dann endgültig von dir trennen, wenn der Ring zerstört und Sauron besiegt ist. Ein Lächeln huschte über Aminas Gesicht. Sie wusste nicht, warum. Seit ich mich erinnern kann, bin ich die Einsamkeit gewohnt. Von meinen Eltern einmal abgesehen. Vielleicht wurde ich deswegen zur Ringträgerin. Doch du hast recht, Thranduils Sohn. Selbst wenn sich die Gemeinschaft des Ringes verkleinern sollte - was sie ja bereits getan hat-, sie blinzelte einige neue Tränen fort und wischte sich eine entflohene hastig von der Wange alleine sein werde ich nicht.
Niemals. Wir gelobten in Bruchtal, dich zu unterstützen, Amina, Ringträgerin., sagte Legolas. Und daran werden wir uns halten. Sie konnte den Hauch einer unterbewussten Ergänzung in seinen Gedanken spüren, ging dem aber nicht nach. Denn nur, weil sie ihre telepathische Macht zum Kämpfen einsetzte, hieß das nicht, dass sie nicht den Anstand besaß, nicht in anderen Gedanken zu lesen. Also konzentrierte sie sich stattdessen auf ihre Erwiderung. Dafür werde ich euch allen immer dankbar sein. Ich bin es jetzt schon. Und komme mir jetzt nicht mit: 'Wir tun, was getan werden muss.' Ja, das tun wir alle. Aber dennoch sind wir sechs - fünf - es, die nun auf dem Weg nach Mordor sind.
Das sind wir und ich hege keinen Zweifel daran, dass wir es schaffen werden, den Ring zu zerstören. Dass DU es schaffen wirst., gab der Prinz der Waldelben zurück und Amina blinzelte verlegen, obwohl er das ja gar nicht sehen konnte. Ich hoffe, dass du recht behältst., antwortete sie und drehte sich dann um. Aragorn fing ihren Blick auf und musterte sie prüfend. "Besser?", fragte er. Amina nickte. "Ja." "Dann sollten wir uns von diesem Ausgang wegschaffen. Wenn wir hier raus können, können's die Orks genauso.", brummte Gimli. Das war natürlich beunruhigend und logisch zugleich und so formierten sich die Gefährten hinter Aragorn (vielleicht automatisch hinter ihm, weil er theoretisch ein König war) und machten sich wieder auf nach Osten. Die junge Elbin wusste, dass Gandalf es genau so gewollt hätte. Dass sie weiterzogen, obwohl er nun nicht mehr war. Der Ring fiel kühl gegen ihre Haut und sie erschauderte vor Abscheu. Sie war wirklich froh, wenn er zerstört war. Wirklich. Nun, aber eigentlich war es nur noch eine Frage der Zeit, wie lange sie noch dieser Meinung sein würde. Das war ihr klar. So klar wie Sil'ans Strahlen.

Legolas lief direkt hinter Amina. Er betrachtete ihre Bewegungen, elegant und geschmeidig, wie die aller Elben und aus heiterem Himmel kam es ihm in den Sinn, dass die Art, wie sie sich bewegte, ebenso wie die Art, wie sie ihr Schwert schwang oder vorhin das Messer gezückt hatte, ihn an eine Waldelbin erinnerte. Aber das war unmöglich, denn Amina war keine Waldelbin. Sie hatte kein Königreich, keinen König. Sie war immer mit ihren Eltern alleine gewesen und dann ganz alleine, nachdem diese gestorben waren. Woher also sollte sie eine Ausbildung haben, in welcher ihr die Waldelben-Art des Schwertkampfes beigebracht worden war? Unmöglich, vollkommen unmöglich. Oder? Diese Elbin brachte ihn noch um den Verstand! Ein Geheimnis umgab sie wie ein Nebelschleier. Ein altes Geheimnis, das sie seit langer Zeit hütete. Nur welches war das? Hatte es damit zu tun, dass sie ihre Eltern noch nie bei deren Namen genannt hatte? Doch welchen Grund könnte sie haben, das zu tun? War ihre Herkunft derart verwerflich? Schwer vorstellbar, denn alles an Amina, der Ringträgerin, war geprägt von der reinen Eleganz der Elben. Nachdenklich schüttelte Legolas den Kopf und trennte den letzten geistigen Faden, der Aminas Gedanken an seine gebunden hatte. Fast sofort bereute er es. Einen Moment lang dachte er an die schrecklichen Sekunden in den Minen von Moria zurück: Er hatte sie festgehalten, davon abgehalten, in ihrem Schock Gandalf hinterherzustürzen. Zuerst hatte sie sich gewehrt, hatte ihn angefleht, sie loszulassen - was Legolas natürlich nicht getan hatte. Doch dann... Jetzt im Nachhinein war ihm klar, dass in diesem Moment der Ring ihren geschwächten Zustand genutzt und sich in ihren Verstand geschlichen hatte. Dann war Amina ruhig geworden. Zu ruhig. Sie hatte eines ihrer Messer gezückt und es ihm drohend an die Kehle gehalten. Sie hätte ihn getötet, das wusste er. Sie hätte ihn wirklich getötet, wenn er sie nicht losgelassen hätte. Und wie sie ihn diesem Moment angesehen hatte... so düster, so kalt, so von Hass erfüllt. Doch der Schleier war von ihren blaugrünen Augen genauso schnell verschwunden, wie er gekommen war. Der Ring hatte es nicht geschafft, sie lange zu kontrollieren. Nur einen winzigen Moment. Aber das war schon erschreckend genug gewesen. Es würde wieder vorkommen, das war Legolas spätestens seit Aminas Versicherung vorhin klar. Trotzdem hatte er ihr vergeben, als sie ihn darum gebeten hatte. Oder um genau zu sein... er seufzte lautlos, hatte er es schon vorher. Schon in dem Moment, als sie das Messer so plötzlich hatte fallen lassen, als hätte sie sich daran verbrannt. Als sie auf die Knie gesunken war, schluchzend und zitternd in ihrer unendlichen Trauer. Auch jetzt, da ihre Tränen versiegt und ihre Atemzüge wieder ruhig waren, hatten ihre Bewegungen dennoch etwas Schwermütiges. Vermutlich würde es eine ganze Weile so bleiben. Doch das warf Legolas ihr nicht vor. Keineswegs. Auf einmal erinnerte der Prinz der Waldelben sich an etwas, was er vorhin, während seines telepathischen Gesprächs mit Amina, fast gedacht, es aber in letzter Sekunde in seinem Unterbewusstsein gehalten hatte. Er hatte zu ihr gesagt: 'Und daran werden wir uns halten.' Doch eigentlich hatte er noch etwas hinzufügen wollen: 'Und daran werden wir uns halten. Daran werde ICH mich halten.' Er hatte es nicht getan und konnte selbst jetzt nicht sagen, warum er es hatte sagen wollen. Amina faszinierte ihn, das war ihm vollkommen klar. Sie war ein Rätsel. Zugegeben, ein ausgesprochen hübsches Rätsel. Aber Schönheit war unter den Elben nun wirklich nichts unübliches. Vielleicht war es dieses eine große Geheimnis, das sie umwallte. Vielleicht war es dieser undeutbare Ausdruck in ihren Augen, wenn sie ihn ansah. Vielleicht war es die Dramatik dessen, was er bereits von ihrer Hintergrundgeschichte wusste. In jedem Fall wollte er sie kennen. Denn Legolas ahnte, dass alles, was sie tat, die Art, wie sie sich verhielt, der Fakt, dass sie ihre Eltern noch nie bei ihren Namen genannt hatte, allein dem Zweck diente, das große Geheimnis zu schützen. Feststand, dass dieses Geheimnis nur jene kannten, denen Amina vertraute. Nur... Das war das Problem. Legolas hatte es in ihren Gedanken gespürt: Amina vertraute niemandem wirklich. Außer sich selbst, außer Farnir. Sonst niemandem. Zumindest nicht genug, um das große Geheimnis offen zu legen. Wieder blinzelte der Elbenprinz mehrmals, richtete seine Konzentration wieder auf die Realität und betrachtete Aminas schlanke Gestalt mit dem gewellten, schulterblattlangen, schwarzen Haar. Er konnte die Fragen nicht verhindern, die sich ihm stellten: Wer bist du, Amina, Ringträgerin? Was ist dein Geheimnis, das du so sorgfältig hütest, dass du niemandem wahrhaftig vertraust?

Die Ringträgerin -Die Macht des Einen- || Herr der Ringe FFWhere stories live. Discover now