[6] Vivien

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𝕾ALEM GHTS, blinkte der Neon-Schriftzug über dem Eingang des Nachtclubs auf dem Charleston Boulevard

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𝕾ALEM GHTS, blinkte der Neon-Schriftzug über dem Eingang des Nachtclubs auf dem Charleston Boulevard. Das Licht war so grell, dass die ganze Straße noch meterweit im Sekundentakt pink ausgeleuchtet wurde. Die Buchstaben NI schienen schon längst den Geist aufgegeben zu haben.

Nach Vivien stiegen auch Izaiah und Moth, der den Verband um seinen Hals unter einem Rollkragenpullover versteckte, aus dem Wagen. Sie seufzte. Egal, wie sie auf ihn einredete, er hatte sich nicht davon abbringen lassen, mitzukommen.

"Was soll passieren? In einen Vampir verwandelt werden kann ich bestimmt kein zweites Mal," hatte er gegrinst.

"Aber einer von den Restless werden, zum Beispiel."

"Soweit wir es jetzt wissen, könnte ich das auch bei allem anderen, was ich tue. Deshalb müssen wir diesen Fall doch erst recht so schnell wie möglich lösen, oder nicht?"

Da war immer diese Leichtigkeit in seiner Stimme, dieses lockere Lächeln, das seine Lippen umspielte, dieses unbekümmerte Schulterzucken. Als hatte ihm einfach nie jemand beigebracht, was schlechte Laune oder Furcht waren. Auch nach fast drei Jahren stürzte er sich so übereifrig in Fälle, als wäre er noch der Grünschnabel, wie sie ihn nur spaßenshalber immer noch nannten, als müsste er sich immer noch vor ihnen beweisen.

"Es ist alles gut, wirklich. Mir geht's spitze. Wir schauen uns nur diesen Club an, und dann komm ich nach Hause. Mach dir nicht so viele Sorgen," hörte sie ihn gerade ins Telefon sagen, als sie sich daran machte, ihre Hörgeräte rauszunehmen. Der Bass dröhnte durch die Türen bis nach draußen, und sie hatte keine Lust auf Ablenkungen.

Sie war dankbar für diese beiden kleinen kostbaren Meisterwerke der Medizin, die ihr die Tür zu einem Teil der Welt geöffnet hatten, die ihr sonst von Geburt an verschlossen geblieben wäre. Aber noch viel dankbarer war sie dafür, dass diese Tür noch immer da war, und dass sie sie schließen und auch wieder öffnen konnte, wann immer sie wollte. Vivien liebte die Stille. Sie war ihre Zuflucht, ihr sicherer Hafen. Sie war Frieden, Klarheit, Konzentration.

Vivien zog den Revolver aus dem Holster an ihrem Gürtel, um die Trommel zu überprüfen. Sechs Silberkugeln, einen Clip hatte sie noch in einer weiteren kleinen Gürteltasche. Sie ließ sie die Trommel einmal drehen, schob sie wieder zurecht, dann steckte sie die Waffe zufrieden zurück. Ihr Gewicht an ihrer Hüfte war wie Balsam für die Seele, wie ein Mantra von sicher, sicher, sicher, das sie durchströmte.

Wenn es nötig war, hatte sie im Bruchteil einer Sekunde den kalten Stahl in ihrer Hand, der sich mittlerweile schon so vertraut anfühlte, wie eine Verlängerung ihres Arms, und den ersten Schuss abgesetzt. Sie hatte seit Jahren keinen mehr verfehlt.

Und was hat dir das letzte Nacht genützt?, fragte diese grässliche Stimme in ihrem Kopf. Wenn sie nur auch vor dieser irgendeine Tür zuschlagen könnte. In den Kopf schießen konntest du ihr nicht, ohne dabei vielleicht auch Moth zu treffen, und zwölf weitere Schüsse haben sie nicht aufgehalten.

Restless | ONC 2024 ✓Where stories live. Discover now