14 | Kampf der Titanen

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Es dauerte eine Weile, bis auf der Sturmwind Ruhe eingekehrt war. Darrel hatte die Neuigkeiten seiner Freunde freudig aufgenommen und sie hatten noch ein wenig geplaudert und Rum getrunken. Irgendwann waren Yan und Ronan gemeinsam in Ronans Kabine verschwunden und Darrel hatte kurz überlegt, sich ebenfalls zur Ruhe zu legen. Doch nun, da alle schliefen, musste jemand auf das Schiff aufpassen. Da er ohnehin aufgekratzt war, entschied er, es wie Hannah zu machen, und legte sich mit seinem Ledermantel an Deck, um die Sterne zu beobachten, die langsam von den aufziehenden Wolken verdeckt wurden. Selbst hinter dem Schutz der Reling spürte Darrel, wie der aufkommende Wind kälter wurde, und war nur froh, dass die Bucht und die Insel einen gewissen Schutz boten. Langsam übermannte auch ihn die Müdigkeit, und er schloss für einen Moment die Augen.

Ein eiskalter Schauer lief Darrel über den Rücken, als ein gleißend heller Blitz am Himmel über seinem Schiff zuckte und kurz darauf ein heftiges Krachen ertönte. Der Donner schickte einen unheilvollen Groll durch die Luft, während sich dunkle Wolken über dem Meer zu wälzen schienen, als ob sie drohend nach dem Schiff griffen. Der erste Regen fiel auf seine Haut, und Darrel spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten. Ein unbestimmtes Gefühl der Gefahr breitete sich in ihm aus, als ob etwas Unheilvolles in der Dunkelheit lauerte und nur darauf wartete, zuzuschlagen. Er stand auf und wandte sich um, doch die Szene, die sich ihm bot, verstärkte nur sein beklemmendes Unbehagen. Auf dem Meer tobte der Sturm bereits in voller Wucht. Schwarze Wellenberge türmten sich gegen den nachtgrauen Himmel und verdeckten immer wieder den Horizont, als ob sie die Welt verschlucken wollten.

Während Darrel hoffte, dass sein Schiff den Sturm gut überstehen würde, sah er tatsächlich auf einem der Wellenberge ein Schiff auftauchen – eine düstere Silhouette in der Finsternis, wie ein Geist, der aus den Abgründen des Ozeans auftauchte. Wer auch immer das war, musste auf direktem Weg in den sicheren Hafen sein, doch in dieser peitschenden Dunkelheit schien es keine Zuflucht zu geben. Wahrscheinlich war das Schiff zuvor in den Sturm geraten und nicht schnell genug durch die Strudel gekommen. Auch er und Hannah hatten damit ihre Probleme gehabt. Unwillkürlich richtete Darrel seinen Blick auf den Liegeplatz, an dem er die Wavedancer erwartete. Doch ein heftiger Schock durchfuhr ihn, als er im Licht eines weiteren Blitzes erkannte: Hannahs Schiff war nicht mehr da!

 Doch ein heftiger Schock durchfuhr ihn, als er im Licht eines weiteren Blitzes erkannte: Hannahs Schiff war nicht mehr da!

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Die Wavedancer tanzte mutig über die wilden Wellen, ihr Bug schnitt scharf durch die aufbrausende See. Hannah stand aufrecht am Steuerrad, ihre Augen fest auf das tosende Wasser gerichtet. Der Himmel war nun pechschwarz, nur ab und an von jäh auflodernden Blitzen erhellt, und der Sturm heulte wie ein wütender Geist. Unwillkürlich spürte Hannah einen Stich des Zweifels. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, mitten in der Nacht und im tobenden Sturm aufzubrechen. In ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung hatte sie nicht darauf warten wollen, dass ihre Freunde am nächsten Morgen Pläne schmiedeten. Doch nun, da sie die Mannschaft in dieser stürmischen Dunkelheit gezwungen hatte, zu solch später Stunde aufzubrechen, erschien ihr die Entscheidung als reiner Leichtsinn. Aber die Einsamkeit hatte sie so sehr bedrückt, dass sie dem Impuls nicht hatte widerstehen können. Als die Stimmen der Sturmwind langsam verstummt waren, war Yan nicht zurückgekehrt. Hannah konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie jetzt in den Armen ihres Liebhabers lag und die Wärme und Geborgenheit genoss, die Hannah sich ebenso sehnlichst gewünscht hätte.

Das gekaperte Herz (ONC 2024)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt