07. - Wiedersehen mit Severus Snape

723 40 2
                                    

Während Eleonora versuchte, mit Snape Schritt zu halten, fiel ihr auf, wie schnell und entschlossen er ging. Sein schwarzer Umhang flatterte hinter ihm her, während er mit zielgerichteten Schritten durch die Gänge marschierte. Sie musterte ihn genauer und stellte fest, dass sich an seinem Erscheinungsbild kaum etwas verändert hatte. Elf lange Jahre waren vergangen, seit sie zuletzt in Hogwarts gewesen war und doch schien Snape wie ein zeitloses Abbild seines früheren Selbst.

Sein Haar, so dunkel wie der Rest seines Aufzugs, fiel in glatten Strähnen an seinen Schultern herab und das schwarze maßgeschneiderte Gewand schien förmlich mit ihm verschmolzen zu sein. Sein kantiges, blasses Gesicht strahlte keine Spur von Freude oder Leichtigkeit aus, sondern verkörperte weiterhin eine eisige Kälte, die durch seine finstere Miene noch verstärkt wurde. Trotz seiner relativ jungen Jahre – höchstens fünf oder sechs älter als sie selbst – ließ ihn diese düstere Ausstrahlung älter wirken. Die tiefschwarzen Augen, die unter dichten, dunklen Augenbrauen hervorlugten, schienen jeden Funken von Empathie zu ersticken. Seine Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst, als ob er jede unnötige Bewegung vermied, um keine Emotionen preiszugeben. Eleonora konnte förmlich spüren, wie sehr er darauf bedacht war, den Rundgang so schnell wie möglich zu beenden. Trotzdem bemühte sie sich, freundlich zu bleiben.

„Es ist schön, Sie wiederzusehen", begann Eleonora um die Stille zu brechen, doch ihre Worte wurden von Snapes kühlem Blick unterbrochen. 

Eine unangenehme Spannung lag in der Luft, doch Eleonora ließ sich nicht entmutigen und versuchte einen weiteren Anlauf.

„Beeindruckend, wie unverändert alles geblieben ist", reflektierte sie. „Hogwarts sieht noch genauso aus wie früher."

Wieder keine Antwort. Ihre Worte prallten an ihm ab, als wären sie ein Hauch von Luft. Sein Gesicht blieb ausdruckslos und Eleonora wurde klar, dass er kein Interesse an Smalltalk hatte. Schweigend folgte sie ihm, während sie bemüht war, seinem schnellen, beinahe raubtierhaften Gang nachzukommen – als wäre er bereits auf der Jagd nach seiner nächsten Beute. Schließlich erreichten sie den Westflügel im siebten Stock und blieben vor der Tür mit der Nummer 10 stehen.

„Ihr Büro", erklärte er knapp. „Die Mahlzeiten werden zu festgelegten Zeiten serviert: Frühstück von 6 bis 9 Uhr, Mittagessen von 12 bis 14 Uhr, Abendessen von 19 bis 21 Uhr.

Ein leichtes Grinsen huschte über Eleonoras Lippen. „Dann hat sich seit meiner Zeit tatsächlich nichts geändert", stellte sie amüsiert fest. 

Snape hüllte sich in eine unangenehme Stille, die jede mögliche Kommunikation erstickte. Er würdigte Eleonora keines Blickes, als sei es ihm die Mühe nicht wert, auf ihre Worte einzugehen.

„Ich geleite Sie nun zu Ihren Gemächern", erwiderte er sichtlich genervt. Es war klar, dass er diese Aufgabe – oder wie er es sicher ausdrücken würde – diese Strafe, so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. Doch trotz seiner offensichtliche Abneigung gegen sie, zwang sie sich, ruhig zu bleiben und keinen Konflikt zu provozieren.

„Professor Snape, sind Sie nach wie vor für den Unterricht im Tränkebrauen zuständig?"

Auch wenn die Antwort offensichtlich war, hielt sie es doch für höflich, ihn zu fragen. Schließlich wusste sie bereits, dass Lupin das Fach Verteidigung gegen die Dunklen Künste übernehmen würde - jenes Fach, das Snape schon seit einer gefühlten Ewigkeit versuchte, zu ergattern. Doch offenbar schien Dumbledore seine Gründe zu haben, warum er ihm auch nach 11 Jahren Dauerbewerbung diese heiß begehrte Stelle verwehrte.

Ein knappes Nicken war seine einzige Antwort.

„Oh toll!", kam es begeistert von ihr. „Die Tränkekunst ist auch eine meiner größten Leidenschaften! Es wäre mir ein Vergnügen, in Zukunft mit Ihnen zusammenzuarbeiten."

„Das wäre eine einseitige Form des Vergnügens", verkündete er trocken, ohne sie anzusehen.

Eleonora unterdrückte einen frustrierten Seufzer. Snape war unerbittlich in seiner Abweisung und schien keine Gelegenheit auszulassen, sie herabzusetzen. Damit war endgültig die Frage geklärt, ob er in all den Jahren auch nur einen Hauch von anständigen Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen entwickelt hatte  – natürlich nicht.

„Wie schade, ich hätte mir gewünscht, dass wir über die neuesten Fortschritte in der Welt der Zaubertränke sprechen könnten", erwiderte sie, unbeeindruckt von seinen herablassenden Worten.

"Es steht außer Frage, dass ich nicht hier nicht bin, um Ihre Wünsche zu erfüllen, Miss Tonks", spottete er und schritt weiter voran.

„Ich danke Ihnen für die Klarstellung", warf sie ihm mit einem sarkastischen Unterton entgegen. „Ich dachte nur, Sie wären ein Zauberer, der seine Kenntnisse im Tränkebrauen gerne erweitern würde, aber da habe ich mich wohl geirrt."

Bei diesen Worten hielt Snape abrupt inne. Wie in Zeitlupe wandte er sich zu ihr um und richtete seine schwarzen Augen nun das erste Mal auf sie. Verachtung spiegelte sich in seinem Blick wider, während er sich bedrohlich nah zu ihr beugte.

„Ich bezweifle, dass Ihre Fähigkeiten auch nur annähernd ausreichen, um mit mir in irgendeiner Form zu konkurrieren, Fräulein Tonks", zischte er mit einem abfälligen Ton, bevor er seinen Blick abwandte und mit einem kaum menschlichen Schritttempo weiterging.

Die überhebliche Arroganz in Snapes Blick entfachte ein Feuer der Wut in Eleonora. Offenbar waren Abwertung und Zynismus die einzigen Kommunikationsformen, die Mr. Schwarz-Schwarz-Schwarz beherrscht. Sie war längst keine unerfahrene Schülerin mehr, die nur oberflächliche Kenntnisse im Tränkebrauen besaß. Nein, diese Kunst war ihre Leidenschaft, ihr Leben. Jede freie Minute verbrachte sie damit, in die Tiefen der Alchemie einzutauchen und ihre Fertigkeiten zu perfektionieren. Obwohl sie versucht war, ihm zu erwidern, biss sie sich auf die Unterlippe, um ihre aufsteigende Empörung zu zügeln. Sie wusste, dass ein Wortgefecht nur zu weiteren Spannungen zwischen ihr und Snape führen würde, und beschloss, für den Moment zu schweigen. Doch sie schwor sich innerlich, zu einem späteren Zeitpunkt erneut das Gespräch zu suchen. Sie würde ihm schon zeigen, welche Fähigkeiten sie im Laufe der Jahre entwickelt hatte.

Schließlich näherten sie sich dem Turm der Ravenclaw-Gemächer, der durch eine steinerne Wendeltreppe erreichbar war und stoppten vor einer eleganten, mit blauen und silbernen Verzierungen geschmückten Tür.

„Ihre Gemächer!", verkündete Snape gleichgültig. „Ich nehme an, Sie können sich nun alleine zurechtfinden."

Ohne auch nur auf eine Antwort zu warten, wandte er sich ab und ließ Eleonora allein im Flur zurück. Eigentlich hatte sie ihm noch für den Rundgang höflich danken wollen, doch sein schnelles Abwenden schnitt ihr die Sprache ab. Seufzend sah sie ihm einen Moment nach und war erleichtert, endlich von seiner eisigen Gegenwart befreit zu sein.





Eleonora Tonks - und das Geheimnis der Phönix-Feder  [Snape x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt