Kapitel 32: Getrennte Wege

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• Vittorius •

Den frischen vierten Tag des zwölften Monats verbringen wir in geselliger und gemütlicher Runde. Immanuel und Antonia erzählen meinem staunenden Spross vom Alltag der Familie, vor allem, wenn man der Mediziner der Umgebung ist. Die Last auf Arthurs Schultern zu verteilen behagt den beiden nicht, aber ich bin mir sicher, dass er das Erbe der Familie mit gutem Beispiel anführen wird. Außerdem wird Arthur noch seinen Bruder Oskar haben, der ebenfalls eine Familie Gründen und weitere Erben in die Welt setzen kann.

Und beide lassen sich für die Forschungen ihres Großvaters begeistern, zum Leidwesen von Lucan.

Der sitzt nun nämlich im Studierzimmer von Immanuel und bekommt Blut abgenommen, dabei dürfen die zwei Buben zusehen und löchern ihren Großvater wohl mit neugierigen Fragen. Lucan ist aber so nett und bietet sich als Versuchskaninchen an.

Antonia und ich sitzen schon ziemlich amüsiert und Scherze treibend daneben und bewundern Lucans Geduld, die er mit den zwei Jungen hat. Er willigt dann sogar ein, dass die beiden zusammen mit dem Großvater ein paar Tests an ihm durchführen dürfen. Immanuel will vor allem den Heilprozess von Lucans Blessuren untersuchen, aber mein geübtes Erdmagie Raster zeigt schon an, dass alles in bester Ordnung ist.

Dennoch liegt Lucan nun oberkörperfrei auf einer Liege und lässt sich den Rücken abtasten, wo Arthur und Oskar freudig mitmachen und auch mal ihre Erdmagie ausstrecken dürfen.

„Großvater, warum hat Fürst Lucan so viele Muskeln und du nicht?", will Arthur dann neugierig wissen.

„Arthur! Sowas fragt man doch nicht!", belehrt Antonia ihren Sohn direkt.

Zugegeben, so eine Wortwahl ist schon unerhört, aber Arthur grinst nur breit und bringt das Gegenargument des Jahres.

„Aber wie soll ich sonst lernen, wo der Unterschied ist?", fragt er und schaut in Immanuels Augen.

„Menschen haben nun mal einen anderen Körperbau. Du hast auch dunkelbraune Haare und dein Bruder blonde Haare. Solche Unterschiede gibt es auch im Körperbau", beginnt Immanuel seine Erklärung.

Das geht noch einige Sätze, Fragen und Erklärungen so weiter, wobei es Lucan zunehmend unangenehm ist, wie alle auf seine entblößten breiten Schultern starren. Antonias Blick sagt aber auch alles, die wäre sehr gerne Teil der medizinischen Studie. Das ist aber nun mal kein Berufsstand, den eine Frau verfolgt. Frauen mischen eher Tränke und Mixturen zusammen, um als Kräuterkundlerin tätig zu sein oder ihren Gemahl die medizinischen Mittel herstellen zu können. Immanuels Frau war auch Kräuterkundlerin, Antonia hat dieses Erbe aber nie angetreten. Sie war schon früh dem Sohn des Dorfanführers versprochen, mit dem sie dann vermählt war und die zwei Söhne gezeugt hat.

Eine ziemlich asoziale Geschichte, aber das erzähle ich besser ein andern mal. Ihren verträumten Blicke auf Lucan werden auch leider nur das bleiben: Verträumte Blicke.

Unsere kleine Gruppe verlagert sich nun wieder in den Wohnbereich, wo Antonia das Abendessen für die Familie vorbereitet und wir Herren einen ordentlichen Schluck Whiskey zu uns nehmen. Immanuel und ich trinken auch ordentlich einen über den Durst, weil ich nun mal selten hier bin und man das genießen muss.

Nun, das hätte ich lassen sollen, wie ich dann feststelle.

• Lucan •

Im Laufe des Abends und von Glas zu Glas mehr, bei denen ich mich zurückhalte, fühle ich mich unpassender in meiner neuen Stellung als Herrscher einer Länderei.

Prinz LucanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt