Kapitel 38: Lucans erster Vampirgeburtstag

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• Lucan •

Was will der Vampirmeister von und zu Adelsarsch denn noch? Da steht er in seinem feinen Gewand, als wäre er der Herrscher der Zeit und sieht mich an. Das ist wieder so ein Moment, wo ich fest überzeugt bin, dass unsere Positionen falsch sind. Und weil es Vittorius ist, der wirklich alle Geschäfte und sämtliche Themen im Blick hat, bestätigt das meine Gedanken nur.

„Gestattest du mir der Erste zu sein?", fragt Vittorius dann zaghaft.

„Der Erste?", hake ich irritiert nach.

„Ja, der Erste, der dir heute gratulieren darf", erbittet er dann allen Ernstes.

Genau genommen ist er das so oder so, weil er offiziell meine rechte Hand ist und danach wird Kyrill sich aussprechen, weil er der dritte Mann auf oberster Ebene ist. Wer wann und wie und wo danach kommt, interessiert mich nicht. Ich bin noch immer einfach nur Lucan und der hat seine Geburtstage nie so gefeiert bekommen.

Ich nicke ihm einfach zu, was Besseres fällt mir auf seine Frage nicht ein.

Dann nutzt Vittorius seine Vampirschnelligkeit aus und rennt mich halb um, weil er mich nun ganz fest und herzlich in seine Arme zieht. So verharren wir einen Moment und ich kann wahrnehmen, wie tief ihn das hier bewegt.

„Ich wünsche dir alles Gute zu deinem ersten Vampirgeburtstag, Lucan", sagt er dann leise, weil er noch immer fast an meinem Ohr dran ist.

„Danke, Vampirmeister", kommt es aus mir heraus.

Es hat sich noch nie so sehr jemand über meinen Geburtstag gefreut, nicht mal ich selbst. Es ist ungewohnt.

„Ich habe ein Geschenk für dich. Also, genau genommen ganz viele, aber das hier ist persönlich", sagt Vittorius und löst sich zeitgleich von mir.

Er greift nun in die Innenseite seines Fracks und holt ein kleines Stoffbündel heraus. Ich nehme den besonders weichen Samt entgegen und ziehe dann an der Schlaufe, die den Stoff beisammen hält. Zum Vorschein kommt eine kleine längliche Schachtel, die ich dann vorsichtig öffne.

Darin befindet sich eine Klammer, um einen Umhang am Körper zu befestigen, allerdings in dunklem Silber und mit einer besonderen Figur. Ich bekomme große Augen und nehme sie in die Hand, mit meinem Daumen fühle ich über das kalte und glatte Metall.

„Die Klammer von Kharon, um Reisende auf ihrem Weg zu beschützen und zu begleiten", stelle ich dann staunend fest.

„Und in dunkles Silber gehüllt, damit du bei deiner Tätigkeit als Schattengerechter seinen Schutz genießt", erklärt Vittorius mit einem Lächeln.

Es ist mein erstes Geschenk, was ich je bekommen habe und ich kann mir kein besseres Geschenk, als dieses vorstellen. Materielle Dinge haben nicht so viel Wert für mich, aber das hier ist, wie er schon gesagt hat, persönlich.

„Es ist perfekt. Vielen Dank", sage ich dann ehrlich und aufrichtig.

Einen Moment lang trifft sich unser Blick und das Band zwischen Vampirmeister und Spross fühlt sich besonders wohl und behütet. Dann aber wird der Blick von Vittorius ernst, er ergreift die kleine Schachtel, nimmt sie mir aus der Hand und haut dann ein paar mal auf meinen Kopf.

„Das heißt aber nicht, dass ich diese ganze Sache gut heiße! Haben wir uns da verstanden?", betont er nun streng.

„Jaha!", sage ich mit einem Grinsen.

Dann erhalte ich die Schachtel wieder, wo ich die Klammer zurücklege und vorerst in meinem Kleiderschrank ablege, wo der Umhang für die nächtlichen Aktionen verweilt. Ob Kharon so ein Gott ist, der solche Aktionen überhaupt gut heißt? Wenn ich dem jemals begegnen sollte, was sicher nie passieren wird, weil er immerhin ein verdammter Gott ist, frage ich ihn.

Prinz LucanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt