14.

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Nach dem kurzen Schock, dass mir David endlich mal schreibt, folgt die Verwunderung.
Ich fasse mich jedoch schnell und renne mit meinem Handy in der Hand die Treppen runter. Ich kenne David gut: Wenn es nichts wichtiges wäre, hätte er noch länger nicht mit mir geredet oder mir geschrieben.
In windeseile ziehe ich mir die erstbesten Schuhe an, die dort liegen, welche irgendwelche Sportschuhe sind. Noch bevor ich meine Jacke ganz anhabe, bin ich aus dem Haus und habe die Tür schon hinter mir zugezogen.
In dem Moment ist es mir zu umständlich den normalen Weg zu gehen, weswegen ich über die große Grasfläsche hinterm Haus jogge. Schließlich gehe ich um die Ecke des Hauses, um schnell zu klingeln. Reagiere ich über?
Weil ich es so eilig habe, bemerke ich fast nicht, dass ich David umgerannt hätte, wenn ich nicht rechtzeitig stehen geblieben wäre.
Wieso läuft er vor seinem Haus herum? "Kannst du bitte zu uns kommen?", heißt für mich, dass ich in das Haus gehen sollte. Obwohl ich ihn fast umgerempelt habe, hat er mich noch immer nicht bemerkt. Er läuft hin und zurück und reibt sich die Hände. Er hat nicht einmal eine Jacke an.
"David?", taste ich mich langsam heran.
Sobald er meine Stimme hört, dreht er sich zu mir hin und ich sehe nun erst wirklich wie aufgelöst er aussieht. Er scheint kurz vor einer völligen Verzweiflung zu sein.
Instinktiv laufe ich zwei Schritte auf ihn zu und bleibe kurz vor ihm stehen.
"Du bist schnell.", bemerkt er mit einem sehr schlecht vorgespielten Lächeln.
Ich verdrehe die Augen, obwohl es eine sehr ernste Situation zu sein scheint. "Lass den Scheiß. Du brauchst mir nichts vorzuspielen. Was ist los?", entgegne ich ihm.
David scheint es echt nicht gut zu gehen, da braucht er ausgerechnet mir nichts vormachen.
Ein klitzekleines Lächeln spielt auf seinen Lippen, bevor es wieder mit einer besorgten Miene ersetzt wird.
Er fängt wieder an vor und zurück zu laufen, aber nur so weit, dass ich ihn noch hören kann.
"Ich wusste nicht, wem ich außer dir bescheid sagen konnte. Ich weiß, wir sind grade nicht die aller besten Freunde." Mit jedem seiner Worte werde ich nervöser und versuche mir nicht das schlimmste Szenario auszudenken. Weil ich weiß, dass David so bald nicht von selbst aufhören würde wie verrückt hin und her zu gehen, gehe ich zu ihm und lege ihm die Hände auf die Schultern, sodass er stehen bleiben und mich ansehen muss.
Als er endlich relativ ruhig ist, frage ich:"Also was ist los? Wieso bist du so aufgewühlt und wieso läufst du wie verrückt ohne Jacke draußen herum?" David sieht mir ein paar wenige Sekunden in die Augen und antwortet, ganz im Gegenteil wie ich es vermutet habe, ganz direkt und schnell:" Meine Mutter ist da.", und nickt in Richtung des Hauses.
Das schockt mich. Wirklich. Ganz geschockt und ein wenig verwirrt, zeige ich auf das Haus und frage:"Sie ist hier? In eurem Haus?"
David nickt mit eiserne Miene, worauf meine nächste Frage folgt:"Und wieso bist du jetzt hier draußen? Nicht da drin mit deinen Eltern.."
David zögert nun gar nicht mehr. Es ist so, als wolle er einfach einmal alles rauslassen.
"Ich konnte nicht einfach dabei bleiben, wenn diese Frau einfach auftaucht und der Meinung ist unangekündigt aufzutauchen sei völlig okay. Ich konnte sie nicht ansehen. Papa hat mich in mein Zimmer geschickt, als sei ich ein kleines Kind, weil er und sie reden müssen. Ich hab frische Luft gebraucht. Dann hab ich dir irgendwann geschrieben, weil ich grade alleine echt nicht klar komme."
Ich nehme David ganz instinktiv in die Arme und drücke ihn fest. Ich weiß ganz genau wie sehr es David zu schaffen gemacht hat, dass seine Mutter einfach abgehauen ist. Natürlich ist es jetzt nicht einfach mit ihr zu reden oder überhaupt mit ihr in einem Zimmer zu sein. David hat in mehreren Gesprächen gemeint, ihm ging es ohne seine Mutter mit seinem Vater gut. Er braucht niemanden, der ihn nicht wollte. Das hat er gesagt.
David legt sein Kinn auf meine Schulter und umarmt mich einfach nur fest zurück. Manchmal braucht man einfach nur eine Umarmung, damit es einem etwas besser geht. Ich bemerke jedoch, dass er zittert. Deswegen löse ich mich aus der Umarmung, um ihm zu sagen:"Du zitterst. Wenn du nicht in euer Haus willst, kannst du einfach zu uns kommen. Du hast nicht mal eine Jacke an."

Er sieht mich kurz ohne etwas zu sagen an, nickt dann jedoch. Ich nehme seine rechte Hand in meine linke und ziehe ihn leicht mit in Richtung meines Hauses.
Aber wir kommen nicht weit. Kaum sind wir ein paar Meter von seinem Haus entfernt, wird dir Haustür geöffnet und Franz ruft nach seinem Sohn. David bleibt abrupt stehen und ich tue es ihm nach. David läuft wieder Richtung Haustür, lässt meine Hand dabei aber nicht los.
Frank sieht mich und sagt ganz schnell und ein wenig verwirrt Hallo und wendet sich wieder an seinen Sohn. "Kommst du bitte wieder rein? Wir müssen reden."
David sieht mich kurz an und ich nicke leicht lächelnd. Zögernd lässt er mein Hand los, bleibt aber trotzdem an seiner Stelle stehen. Ich weiß, dass das Gespräch, dass diese Familie nun haben wird mich nichts angeht und frage David einfach nur, ob ich draußen warten soll.

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