Kapitel 102

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In den nächsten Tagen hörte ich das erste Mal wieder was von Jenna. Meistens schrieb sie mir über Whatsapp und ich versorgte sie mit Bildern von meinem Gips. Meine Mutter ließ nicht locker und blieb tatsächlich, obwohl Marco noch einige Tage da war. Am Freitag begleitete sie mich in die Allianz Arena zum Spiel gegen Hamburg. Als wir auf die VIP-Parkplätze fuhren standen schon wieder viele Reporter an den Absperrungen und wollten unbedingt ein Statement von mir. "Ich hasse es", schnaufte ich, als meine Mutter meinen Audi auf einen Parkplatz nähe des Eingangs abgestellt hatte. Ich quälte mich aus dem Wagen und hüpfte zum Rollstuhl. Erst jetzt wurde mir klar, wie dumm meine Aktion eigentlich war. Sie schob mich zum Eingang und wenig später standen wir im Aufzug, der auf die Tribüne fuhr, weil ich ja schlecht die Treppen hochkam. "Hoffentlich hocken die alle noch in der Lounge", schnaufte ich, als sich die Türen öffnete, weil ich hoffte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu bekommen. Als wir zur Tribüne kamen bestätigte sich diese Hoffnung aber nicht. Die Ränge waren gestopft voll mit Menschen. Mit meiner Basecap im Gesicht schob mich meine Mutter zu unserem Sitzplatz, der sich ganz unten befand und wo ich auch gleich auf Gianluca Gaudino traf, der verletzt zuschaute. "Servus", schnaufte er besorgt und schaute mich von oben herab an, "wie gehts dir?" "Unverändert", zuckte ich mit den Schultern und gab meiner Mutter ihre Tasche, die sie auf meine Beine gelegt hatte. "Hallo", grinste Gianluca, als meine Mutter hinter mir auftauchte und gab ihr die Hand. Ein Glück dauerte es nicht mehr lange bis zum Spielbeginn, doch die Blicke töteten mich fast. Als ich mich mit Hilfe von meiner Mutter auf den Sitz hievte wollte ich am liebsten im Boden versinken, doch ich wollte beim ersten Auftritt meiner Mannschaft live dabei sein. "Was macht dein Bänderriss?", fragte ich meinen Kollegen. "Wird schon besser, vielleicht kann ich in zwei Wochen wieder anfangen zu trainieren", erklärte er. Ich wünschte in dem Moment, dass ich auch in zwei Wochen wieder laufen könnte, doch ich musste noch eine halbe Ewigkeit damit warten. Endlich kamen die Mannschaften auf den Platz gelaufen und die Menschen neben mir standen begeistert auf. Ein Glück saß ich ganz vorne und halb im Gang, sodass ich nicht lauter Hintern in meinem Blickfeld hatte. Ich schaute auf mein Handy und sah, dass mir Jenna geschrieben hatte. Wir haben hier tatsächlich SKY und Philipp hat dich schon entdeckt! schrieb sie und mich wunderte das gar nicht, weil ständig irgendwelche Kameras auf mich gerichtet waren oder an mir vorbei fuhren. Wäre mir lieber, wenn er mich auf dem Platz sehen würde:( antwortete ich und nahm einen Schluck aus meinem Becher. Wenig später wurde das Spiel angepfiffen und die Augen waren nicht mehr auf mich, sondern auf das Spiel gerichtet. Ich zog meine Brille auf, um dem Spiel besser folgen zu können und lehnte mich zurück.

Jenna PoV:

Wir saßen alle vor dem Fernseher und schauten das Spiel, nur Felix war wieder irgendwo unterwegs. Mario kam ständig ins Bild. Bei Fehlern seiner Mannschaft, am Anfang, wenn er irgendetwas zu Gianluca sagte oder wenn er kurz traurig schaute. Man konnte fast meinen er wäre interessanter als das ganze Spiel. "Er schaut so traurig aus", schnaufte Irina, als er nach dem ersten Tor von Arjen jubelte. Die ganzen Menschen neben ihm standen auf und klatschen miteinander ein, doch Mario schaute zu ihnen hoch und ballte die Fäuste. "Jetzt werd mal nicht sentimental Prinzessin", entgegnete ich, "der Mann ist 27 Jahre alt". "Ja aber das ist so berührend", jammerte sie und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. "Willst du mich jetzt verarschen oder was?", grinste ich, "du weinst weil Mario sich das Bein gebrochen hat?" "Hast du gerade sein Gesicht gesehen?", wollte sie wissen und wischte sich eine Träne von der Wange. "Reiß dich zusammen", entgegnete Fabian, auf dessen Schoß Lia saß und schon völligst verwirrt schaute. "Ihr seid komisch", entgegnete Philipp. "Wieso denn ich jetzt bitte?", fragte ich. "Du musst die ganze Zeit brechen und Tante Irina weint die ganze Zeit", erklärte er. "Die ganze Zeit doch nicht", beschwerte sich meine Schwägerin. "Doch tust du", mischte ich mich wieder ein, "wir haben gestern Revolverheld gehört und du musstest auch weinen". "Ach ihr Weiber", schüttelte Fabian den Kopf und widmete dem Spiel wieder seine Aufmerksamkeit. Ich beobachtete Irina noch kurz von der Seite, doch sagte dann nichts mehr. In der Halbzeit stand es 2:0 durch einen Doppelpack von Arjen und es schien auch keine Gefahr von Seiten der Hamburger zu kommen. Es war wieder ein strahlender Nachmittag, deswegen nutzten wir die freie Zeit uns im Pool abzukühlen. Nach der Werbung ging es weiter, wie immer mit viel zu vielen Bildern vom verletzten Mario Götze. "Unsere Mutter sieht ja auch begeistert aus", grinste Fabian ironisch. "Wahrscheinlich hat sie keine Lust mehr darauf Marios Hausmädchen zu spielen", meinte ich. "Das hält sie schon noch aus", entgegnete er. Das Spiel endete 3:0, da Costa in der 80. Minuten noch ein Traumtor reinhämmerte.

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Onde histórias criam vida. Descubra agora