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"Das ist Noelia und sie hört Stimmen!"

"Ich höre KEINE Stimmen!"

"Jaja, leugnen bessert das ganze aber nicht!"

"Jaja heißt 'leck mich am Arsch'"

"Gerne doch Noelia. Aber vielleicht stellst du dich selbst vor!"

"Ich höre keine Stimmen."

Ich stehe im Büro einer komischen Psychotante und die Tusse versucht zu erklären, ich würde Stimmen hören.

"Ich bin Noelia und habe keine Ahnung warum ich hier bin."

"Das ist schön Noelia, möchtest du dich vielleicht mit Gudrun auf dein Zimmer begeben?"

Gudrun? Alles klar. Ich schnaufe und folge der Tusse abermals durch die langen Gänge.

"So Noelia, das ist ab jetzt dein trautes Heim.", informiert sie mich.

"Hören sie auf zu scherzen, das ist kein Heim, sondern 'ne Zelle.", motze ich. Sie kaut ihren Kaugummi und schiebt mich hinein. Das angebliche Zimmer besteht aus einem Tisch und einem Bett, Tageslicht kommt nicht hinein. Die einzige Lichtquelle ist eine surrende Neonröhre an der Decke. So ziemlich genau das, was man sich unter einer Psychiatrie vorstellt. Ich setze mich auf das Bett, es knackt und quietscht leise. Die Tusse wendet sich zum gehen.

"Ist das eigentlich Ihre echte Haarfarbe?", frage ich interessiert. Vor Empörung schnappt sie hörbar nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Die Tür schlägt. Ein Schlüssel dreht sich herum. Ich bin allein.
Meine Augen wandern hoch zur Decke. Die Neonröhre flackert. Wie viel Uhr ist es?
Ich sitze nun gut zwei Stunden hier in diesem Raum, plötzlich geht das Licht aus. Es ist komplett dunkel.

Die Tür knarrt, davon werde ich wach. Die erste Nacht in diesem Gebiet scheint überstanden zu sein. Fröhlich schneit Gudrun aka blonde Tusse hinein.

"Ich habe eine wunderbare Nachricht für dich Noelia!", strahlt sie, "du darfst in ein Jugendheim für gestörte Jugendliche und brauchst nicht hier zu bleiben."

"Das ist ja wunderbar.", antworte ich sarkastisch.

"Nach dem Mittagessen geht es los.", teilt sie mir noch mit, bevor sie die Tür schließt. Ich schließe die Augen noch einmal.

Die Silvesternacht. Ich sehe nach draußen, dort sitzt er fernab der Party mit all seinen wunderschönen Tattoos. Er hat nur ein T-Shirt an.

"Nimmt ihm vielleicht mal jemand die Vodkaflasche aus der Hand?", ruft einer von hinten. Ich gehe raus. Ich hole mit der flachen Hand aus und schlage ihm mit voller Wucht in den Nacken, um den Überraschungsmoment zu nutzen und ihm die Flasche aus der Hand zu ziehen. Ich schütte den Inhalt auf den Bordstein.

"Wie viele hattest du davon?"

"Nur dschwei!", lallt er und hält zwei Finger in die Höhe. Draußen steht noch eine Wasserflasche, welche nun ziemlich kalt sein sollte. Ich drehe sie auf und kippe sie ihm kurzerhand über den Kopf. So tropfnass sieht er einfach göttlich aus.
Ich setze mich verkehrt herum auf seinen Schoß und schlinge die Arme um seinen Hals, meinen Kopf lege ich auf seine Schulter.

"Ich bin ein schlechter Mensch.", flüstert er.

"Nein, bist du nicht.", entgegne ich leise und streiche beruhigend über seinen Rücken.

"Ist dir nicht kalt?", fragt er mich nach einiger Zeit. Ich weiß nicht, wie nüchtern er mittlerweile ist, aber er redet wieder ziemlich klar.

"Vielleicht."

"Geh doch rein, wenn dir kalt ist."

"Ich bleibe hier, außerdem bist du warm.", während ich das sage kuschle ich mich noch näher an ihn heran. Auch er zieht mich näher zu sich ran.
Es fängt an zu regnen, ich bleibe trotzdem sitzen. Irgendwann sehen wir uns an und legen unsere Lippen aufeinander. Er fährt mir mit der Zunge über die Unterlippe.
Er kann verdammt gut küssen.

"Hast du schon mal jemanden geküsst, Babygirl?" Ich schüttle den Kopf.

"Du bist gut, Babygirl.", lächelt er.

"Deine Tattoos sind schön.", sage ich.

"Fass sie ruhig an." Ich berühre seine Rückenmuskeln. Fahre mit den Händen hinunter zu seiner Hüfte. Dann beginne ich seinen Bauch vorsichtig hoch zu streicheln. Ich umkreise seine gepiercten Nippel und er stöhnt ganz leise. Ich nehme die Hände wieder unter seinem durchnässten Shirt hervor und vergrabe meinen Kopf in seiner Schulter.

"Sollen wir nicht langsam hineingehen?", frage ich. Ich packe ihn an der Hüfte und helfe ihm hoch. Leicht schwankend folgt er mir ins Haus.

Ich ziehe ihn die Treppe hoch. Lege ihn dort mehr oder weniger auf dem Bett ab und setze mich daneben. Er schließt die Augen und greift nach meiner Hand.

Be an Angel  Where stories live. Discover now