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Ich bekomme nicht mehr alles was mir Mum auf den Zettel geschrieben hatte. Chyra und ich hatten zu lange geredet. Aber es ist mir relativ egal, als Mum sauer auf mich ist. Sie zieht ihr Gesicht, aber ich gehe nach oben.

Um sieben klingelt es unsere Haustüre. Tekla war schon vor zwei Stunden im Bad und hat sich fertig gemacht, während ich mit dem Laptop auf dem Schoß in meinem Bett saß und alle zwei Minuten mein E-Mail Postfach neu geladen habe.

Einfach keine der gefühlt tausend Unternehmen zeigt eine Reaktion auf meine Bewerbungen.
Es ist nicht so, dass ich nur eine bestimmte Ausbildung möchte (irgendeine wäre schon mal ein Anfang). Ich habe mich für so vieles beworben, nichts.

„Mella", ruft Mama von unten. Ich tu so, als hätte ich sie gar nicht gehört. Vielleicht kann ich diesem Abend doch irgendwie aus dem Weg gehen.

„MELLANIE!", schreit sie jetzt. Sie ist anscheinend immer noch sauer wegen heute Mittag.

Plötzlich klopft es an meiner Zimmertür. War es ihr jetzt auf einmal so wichtig, dieses Treffen? Sie kann Marianne selbst nicht leiden. Normalerweise kommt sie nie bis an meine Tür, höchstens schickt sie Tekla mich holen.
Ruckartig drücke ich die Türklinke herunter und stehe schließlich vor Mum. Sie sieht hübscher aus wie heute Morgen.
Mir fällt auf, dass ich selbst ganz und gar nicht gut aussehe. Ich trage immer noch meine Jogginghose. 

„Was schreist du denn so durch die Gegend. Ich bin nicht taub.", sage ich und Mum mustert mich von oben bis unten.

„Wie siehst du denn noch aus?"

Ich brauche nicht antworte, sie schleppt mich sofort ins Badezimmer und setzt ich auf den Hocker neben der Spüle.

„Es ist völlig egal, wie ich aussehe Mum. Marianne wird ihre Witze trotzdem reißen, Christian trotzdem dein Essen im den höchsten Tönen loben und Fabian, der bleibt Fabian."

Das Bild meines sich übergebenden Ichs auf Fabians Füße schwirrt mir vor meinen Augen herum.

Mums Haarspraystoß den sie mir direkt ins Gesicht sprüht lässt es verschwinden.
Dann knetet sie in meinen Haaren herum.

„Ich weiß, trotzdem solltest du lernen dich vor anderen Leuten angemessen zu verhalten und präsentieren. Tekla sitzt schon unten und zwar nicht im Schlabberlook!"

Vergeblich versucht sie meine kurzen Haare in eine Form zu bringen.
Ich schaue sie böse und gleichzeitig genervt von meinem Hocker Platz aus an.
Ich hasse sie dafür, dass sie das tut. Sie versucht mich mit meiner jüngeren Schwester zu vergleichen und glaubt ich wäre gekränkt deswegen oder ich würde mich ändern. Ph.

„Mum, ich bin neunzehn. Ich weiß sehr wohl wie man sich vor Leuten präsentiert." Übertrieben male ich imaginäre Gänsefüßchen vor mir in die Luft. „Außerdem sollst du nicht immer versuchen mich ändern zu wollen."

Ich stehe auf und knete selbst mit dem Blick im Spiegels eine einigermaßen gescheite Frisur hin.

„Manchmal muss man dir aber auf die Sprünge helfen." Sie mustert mich schon wieder. „Und jetzt zieh dir was gescheites an!"

Dann verlässt sie das Badezimmer. Ich öffne erst einmal das Fenster um den Haarspraygestank raus zu lassen.

Es riecht schon nach Essen als ich runter gelaufen kam. Natürlich habe ich mich anders angezogen, aber ich sehe an Mums Gesichtsausdruck, dass es ihr trotzdem nicht passt.
Ich nicke allen zu und versuche wenigstens ihnen ein Lächeln zu schenken.
Tekla klopft leicht auf den Stuhl neben ihr und ich setzte mich dort hin.
Ich sehe, dass Dad sich nicht mal rasiert hat. Worauf er normalerweise so viel Wert legt.

Vielleicht auch morgenWhere stories live. Discover now