Kapitel 8

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Namjoon

Die Fahrt im Auto verläuft Still. Meine Gedanken drehen sich um die Worte der Psychologin. Ein Teil in mir will ihren Worten kein Glauben schenken. Wenn Jin an Depressionen erkrankt wäre, dann hätte er es mir doch als sein Freund erzählt. Und wie könnte er überhaupt ohne mein Wissen zu einem Therapeuten gehen?
Die ganze Sache bereitet mir nicht nur Sorgen sondern auch Wut gegen mich selbst. Wie um alles in der Welt könnte ich sowas nicht gemerkt haben!?
Ich merke, dass meine Hände am Lenkrad anfangen zu zittern. Da ich so unmöglich weiter fahren kann, beschließe ich am Straßenrand zu parken. Aus dem Augenwinkel merke ich den fragenden Blick vom Jin auf mir. Gerade bin ich zu aufgewühlt um die richtigen Worte zu finden. Ich liebe Jin so sehr und es wird an der Zeit, dass wir nun endlich über das alles reden.
Ich atme einmal tief durch und fahr mit meiner zitternden Hand durch mein blond gefärbtes Haar.

"Wir müssen reden, Seokjin",sage ich Ernst und benutze daher sein richtigen Namen.

"Worüber willst du den reden, Namjoon?",fragt er desinteressiert und schaut mich nicht an.
Daher nehm ich sein Kinn zwischen meinen Fingern und zwing ihn mich anzuschauen. Damit hat er nicht gerechnet, er sieht mich überrascht an und versucht wegzugucken.

"Heute im Krankenhaus hat mich eine Frau namens Sunny angesprochen."

Sobald ich ihren Namen erwähne weiten sich seine Augen und er sieht mir endlich in meine.

"War das der Grund, weshalb du nicht ins Krankenhaus fahren wolltest? Deine Psychologin hat mir alles erzählt. Kannst du dir überhaupt vorstellen wie schockiert ich gewesen bin, wie ich mich fühle von einer fremden zu erfahren, dass mein Freund an einer Depressionen leidet. Nicht nur das, du .... du hast versucht dir das Leben zu nehmen..."

Mitten im Satz bricht meine Stimme ab und ich muss wieder tief Luft holen. Es fühlt sich an als würde ich jeden Moment ersticken, den Kloß in meinem Hals kann ich nicht so einfach runterschlucken. Das ich weine bemerke ich erst als Jins Fingerspitzen vorsichtig über meine Wange streichen. Es ist zwar eigentlich nichts großartig besonderes, doch diese Zärtlichkeit von Jin hab ich lange nicht mehr von ihm aus gespürt.

"Wieso hast du nichts gesagt? Du weißt doch, ich bin immer für dich da und werde nie aufhören dich zu lieben! Jin, du darfst mich nicht verlassen, du darfst nicht!"

Weinend ziehe ich den älteren in meine Arme und diesmal erwidert er diese Umarmung. Mein Gesicht verstecke ich in seiner Halsbeuge. Eigentlich muss ich stark ihm gegenüber wirken, aber der Gedanke ohne ihn leben zu müssen zerreißt mir das Herz. Das Herz, welches ohne ihn niemals weiter schlagen kann. Denn es schlägt ganz allein für ihn. Und für niemand anderen.

"Nicht weinen, Namjoon. So kenn ich dich doch gar nicht. Es tut mir wirklich Leid, okay? Ich hab nur an mich selbst gedacht und wollte es vor dir verbergen. Ehrlich gesagt hatte ich Angst, du würdest mich verlassen wenn du von dieser Erkrankung erfährst. Du fragst mich wieso, aber hast du die Sicht der Dinge mal aus meiner Sicht gesehen? Namjoon, du verbringst 24 Stunden am Tag mit deiner Musik. Natürlich macht es mich glücklich zu sehen, dass du dein Traum verwirklicht. Doch seit dem haben wir kaum zusammen Zeit verbracht. Dazu merkst du nicht mal was um dich herum passiert. Vor zwei Monaten hab ich meine Arbeit im Restaurant verloren. Seit dem ich arbeitslos bin hat alles angefangen. Sobald du fertig mit deinem Frühstück bist fährst du ins Studio. Nach dem Studio geht du mit deinem Team oft Essen oder auf Partys. Während du dein Spaß hast sitze ich Zuhause und frag mich was für ein Sinn mein Leben eigentlich noch hat. Letztens warst du so vertieft in deinem Song, da hab ich im Wohnzimmer geschlafen und am nächsten Tag hast du dich deswegen nicht mal gewundert. Weißt du, eigentlich fühle ich nichts mehr. Keine Liebe, kein Mut, nur das Verlangen zu verschwinden. Ich hab mich komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Damals bin ich mit
Absicht die Treppen eines Kaufhauses runter gefallen, in der Hoffnung Tod unten aufzukommen. Doch dies passierte nicht. Die Ärzte sagen es muss ein Wunder gewesen sein, dass ich außer Kratzer heil durchgekommen bin. Im Krankenhaus dann hab ich mich entschieden mich behandeln zu lassen. Einmal in der Woche gehe ich zur Therapie und zweimal im Monat das Gespräch mit der Psychologin. Ich wollte nicht, dass du es erfährst. Nicht auf diese Weise. Nichts davon ist deine Schuld. Auch wenn ich es nicht wirklich zeigen kann, ich liebe dich dennoch, mein Monster."

Über seine letzten Worte musste ich schmunzeln. Ich löse mich zwar ungern aus der Umarmung, doch ich will ihm ins Gesicht schauen. Dieses halte ich zwischen meine Hände fest.

"Gemeinsam schaffen wir das schon, wir besiegen diese verdammte Krankheit. Zusammen. Du bist nicht allein und solange ich hier bin wirst du niemals allein sein."

Ein schwaches Lächeln bildet sich auf sein so schönes Gesicht. Es genügt mir für den Anfang, immerhin lächelt er wieder.

"Danke. Danke, Namjoon."

"Nichts zu danken, bleib einfach an meiner Seite."

Shall we? || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt