Zehn Stunden unseres Lebens

19:35 Uhr - Matthew

Sobald er den Laden betreten hatte, fiel Matt wieder ein, wieso er Clubgänge eigentlich so verabscheute. Es waren zu viele Leute da, die sich gegen alle Regeln verhielten, die seine Eltern ihm die gesamte Kindheit über eingebläut hatten. Da waren Paare, die auf der Tanzfläche knutschten; Paare, die wild und verführerisch miteinander tanzten; Paare, die jetzt hundertprozentig auf der Toilette vögelten; und er, Matthew Simmons, Single und seit neustem ohne Vater.

»Was kann's sein?«, fragte der Barkeeper, sobald Matt sich auf einen der Barhocker niedergelassen hatte. Seine Jacke hatte er in der Garderobe abgegeben, damit sie ihn - bei was auch immer - nur nicht störte. Er bestellte ein Bier und nippte an der Flasche, sobald Mann hinter dem Tresen es vor ihm abgestellt hatte.

»Einmal Russian Flag!«, verkündete eine Stimme lauthals rechts von ihm. Einer der Barkeepern - es waren drei Frauen und zwei Männer - sah in ihre Richtung, bewegte sich allerdings nicht. Die Frau neben Matt wedelte mit der Hand.

»Vielleicht sollten Sie es einfach höflicher versuchen.«, schlug Matt vor.

»Ich hatte einen schlechten Tag.« Er betrachtete sie genauer. Ihr gesamtes Erscheinungsbild wirkte irgendwie zerschlissen, doch dieser Ort war ein Zuhause für alle. Ob von der Westlichen oder Östlichen Seite. Die Frau ließ ihre Hand sinken und setzte sich auf den freien Hocker neben ihm.

Er rutschte unruhiger auf seinem Sitzplatz herum, drehte die Flasche in seinen Händen. Das fühlte sich nicht richtig an, nicht jetzt. »Meiner war auch ziemlich mies.« Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Es schien Matt viel zu absurd, dass sie sich hier anschrien. Überhaupt erschien ihm der gesamte Club irgendwie seltsam.

»Kann ich einen Schluck haben?«

Er zögerte, wie immer, doch viel kürzer, alser es bei einer Fremden sonst getan hätte. Vor allem wenn diese von deröstlichen Seite der Stadt kam. Stumm schob er die Bierflasche zu ihm herüber.