01:12 Uhr - Joanne

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Im Osten brachen achtzig Prozent der Bewohner ihre Schullaufbahn ab. Siebzig davon noch vor ihrem ersten Abschluss, die anderen schmissen das College. Es gab sogar Fälle, da wurden die Kinder im Haus gar nicht erst zur Schule geschickt, allerdings sind die dann in ihren Familien bessern dran, als Joe es war. Der einzige Grund, wieso sie in der Schule gelandet war, waren die stillen Stunden in der Wohnung, die ihre Mutter verlangte.

Es gab vieles, was Joe dem Mann neben ihr erzählen wollte, doch Matthew würde vermutlich nicht mal verstehen. Er würde es seltsam finden, vielleicht wäre er wütend, grundlos. Sie betrachtete ihn von der Seite.

Im Osten werden sechzig Prozent der Kinder geschlagen. Manche von ihnen sogar von Fremden.

»Komm, wir müssen raus.« Matt war aufgestanden und lehnte sich zu ihr herunter. Sie sah ihm mit einem Grinsen entgegen. Auch wenn Joe nicht die Statistiken für geschlagene Kinder im Westen kannte, wusste sie, dass es auch hier passieren musste. Matthew hatte ihr gesagt, dass westliche Eltern genauso schlimm seien.

Scheiß Eltern gab es überall.

Joe folgte Matt aus dem Bus und sah sich in der Gegend um. Gepflegte Reihenhäuser mit schicken Vorgärten. Es waren Wohnblöcke, doch sie sahen definitiv besser aus, als alle Häuser im Osten zusammen. Auf Joes Seite gab es kein Wohnblock, der nicht mit Graffiti vollgesprüht war.

Selbst an Joes Haus hatten mal Kids etwas gesprüht. Sie wird nie vergessen, wie ihre Mutter wütend nach der Flinte gegriffen hatte und die drei Jugendlichen vom Rasen verjagte. Sie war damals sieben gewesen.

In Matts Gegend gab es keine Graffitis. »Selbst in unseren saubersten Gegenden, gibt es mindestens eins.«, sprach sie laut aus. Matthew sah sie von der Seite an.

»Eins was?«

»Ein Graffiti.«

Sie sahen einander an. In die Augen, mit derselben Intensität wie in der Bar wenige Minuten zuvor. Joe brauchte ihn.

Und obwohl sie mitten auf einem Vorplatz standen, auf den so ziemlich jeder Bewohner dieser Straße auf die beiden hinabsehen konnte, küsste Matt sie.

Der Kuss war sanfter, zärtlicher. Er versprach alles und nichts.

Zehn Stunden unseres LebensWhere stories live. Discover now