5.

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Wieder saß Luke auf dem Dach. Seine Eltern stritten gerade, und genau deswegen, war er wieder gegangen. Heute war der Himmel voller Wolken, und man konnte nur den Mond etwas durchschimmern sehen. Luke seufzte, als sein Handy schon wieder vibrierte und 'Mama' anzeigte. Er ignorierte den Anruf, und drückte wieder auf 'Play' und the strays von Sleeping with Sirens war wieder zu hören.
Es war wieder die Stimme von Michael, die ihn aus seinen Gedanken riss. "Hi", sagte er und setzte sich neben Luke.
"Es wird bald regnen, du solltest nicht hier draußen sitzen."
Luke antwortete wieder nicht.
"Ich kenn' dich zwar noch nicht all zu lange, aber ich weiß, dass irgendwas nicht mit dir stimmt. Also was ist los?"
"Meine Eltern."
Michael nickte. "Da kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Mein Dad ist nach einem Streit mit meiner Mutter abgehauen, und hat dann im betrunkenen Zustand einen Unfall gebaut bei dem er gestorben ist, und meine Mutter ist an einer Überdosis gestorben." Michael zeigte keine Emotionen. "Ich... tut mir leid für dich", flüsterte Luke.
"Bin nicht der einzige der seine Eltern verloren hat..."
"Bist du deswegen bei einer der Gangs dabei?"
"Ja. Ich war damals dreizehn, und hatte eigentlich keinen. Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt mitzumachen, und dann hab' ich mit einem der damaligen Anführer geredet. Ich habe immer illegal hier gelebt. Das Geld für die Miete und so weiter, hab' ich gestohlen oder anders bekommen." Jetzt zeigte Michael, wie es ihm wirklich ging, denn Tränen sammelten sich in sein Augen.
"Was meinst du damit, dass du das Geld anders bekommen hast?"
"Ein Typ, der damals unserer Gang angehört hatte, hat uns Jüngeren zur Prostitution gezwungen, und hat mehr als die Hälfte von dem Geld selber behalten. Ich und Ashton, der damals auch dabei war, haben ihn umgebracht. Es war ein Versehen und", Michael schluchzte und sprach nicht mehr weiter.
Luke hatte keine Ahnung was er tun sollte, und zog ihn deswegen in eine Umarmung, die der rothaarige sofort erwiderte.
"Bis heute weiß niemand außerhalb der Familie, dass meine Mutter tot ist", das war der letzte Satz, den Michael sagte, bevor er in Tränen ausbrach.
Gut zehn Minuten saßen sie so da, während es begann, über ihnen zu donnern und zu blitzen. "Wir sollten langsam wirklich gehen", flüsterte Michael, die Stimme noch immer total brüchig.

Michael war gerade dabei, einem der Typen die an der Bar saßen, einen Kaffee herzurichten, als jemand neues das Café betrat. Er hatte die den Kopf gesenkt, und unter seiner Kapuze schauten nur einzelne blonde Strähnen heraus. Michael seufzte, schnappte sich einen Stift und Block und lief zu dem Jungen, der sich in die hinterste Ecke gesetzt hatte. "Was darf ich Ihnen bringen?", Michael zwang sich selber ein Lächeln auf, obwohl der Junge nicht aufsah. "Ein Bier, bitte", meinte er knapp.
Michael runzelte die Stirn und fragte verwirrt nach: "Luke?" Sofort blickte er auf. "Was machst du hier?"
"Ich arbeite hier", Michael versuchte es wieder mit dem Lächeln, und schaffte es dieses Mal sogar. "Du bist übrigens noch zu jung für Alkohol."
"Ich weiß", Luke seufzte. "Dann nehm' ich halt ein Glas Wasser, okay?"
Michael nickte, und verschwand wieder hinter den Tresen. Er hätte hier mit jedem gerechnet, außer Luke.
Genau dieser war jetzt wieder in sein Handy vertieft, darauf wartend, dass Michael ihm sein Getränk brachte. Es war Samstag und seine Eltern waren den ganzen Tag Zuhause, und da er keine Lust hatte, auch nur in ihre Nähe zu kommen, war er hier her gekommen. Zuvor war er nie hier gewesen, aber es gibt ja bekanntlich immer ein erstes Mal.
Luke wurde aus seinen Gedanken geschreckt, als jemand ein Glas vor ihm anstellte. "Ich hab' etwas anderes bestellt", dieses mal war es Luke, der verwirrt war, als Michael vor ihm ein Bier abstellte. "Wird schon niemand mitbekommen, aber zahlen musst du trotzdem", Michael grinste ihn an, musste dann aber wieder einem anderen Typen sein bringen. Luke beobachtete den rothaarigen eine Zeit lang, trank immer wieder einen Schluck von dem ekligen Getränk und schaute ab und zu auf sein Handy.

{15.06.2016}

rooftop talks. →muke clemmingsKde žijí příběhy. Začni objevovat