Gott im Park (Auszug)

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Ganz schlimm war die Sache mit dem kleinen Tobias. Das war der Augenblick, als ich wusste, dass es trotz aller Berechtigung aufhören musste.
Ich erwischte ihn nicht richtig, brachte ihm nur eine Fleischwunde bei.
Der Junge geriet in Panik und rannte weg. Ich verfolgte ihn - wusste, dass ich es zu Ende bringen musste.
Meine Euphorie verflog, als ich ihn dann festhielt und er mir mit schreckgeweiteten Augen und weit offenem Mund ins Gesicht schaute.
Ich stach trotzdem zu - panisch, überhastet, ohne Überlegung. Es dauerte endlose Ewigkeiten, bis er zu schreien aufhörte. Ich stellte das Radio in meinem Kopf leiser und wartete auf das beruhigende Hintergrundrauschen, das sich aber diesmal nicht einstellen wollte.
Kniete sehr lange vor seinem kälter werdenden Körper.
Wusste, dass es aufhören musste.
Ich erinnere mich: Für jedes Kind einen.
Nur so konnte ich der Macht des Götzen entrinnen.
Ich trennte mir mit dem blutverkrusteten Messer den kleinen Finger der rechten Hand ab. Ich glaube nicht, dass ich geschrien habe (bezweifle, dass ich es konnte).
Den Finger verscharrte ich mit dem Kind.

aus: Gott im Park

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