Lauschiger Abend

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Ich bin Dankbar für die Entscheidung vor zwei Jahren. Da hatten John und ich beschlossen, Ortungschips in unsere Handys zu integrieren. Nachdem ich wieder von den Toten auferstanden bin. Nun macht es sich bezahlt. 

Auf der Rückbank des Taxis navigiere ich den Fahrer durch London, aus London. Dabei beachte ich den Kilometerzähler gar nicht, der schon über 50 Pfund hinaus ist und munter weiter steigt. Am Ende hält das Taxi vor einem Cottage, mitten im nirgendwo. Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon mal hier war. Aber ich denke, eher nicht.

Das Cottage ist hell erleuchtet und die Tür steht offen, als wenn noch jemand erwartet wird. Aus dem Schornstein quillt Rauch und als ich aus dem Auto steige rieche ich Tee und Gebäck. 

Schnell begleiche ich meine Schuld beim Fahrer und gehe auf das kleine Haus zu. Es ist schon dunkel, so sehe ich nicht viel vom Vorgarten. Aber es sieht so aus, als würde er sehr Grün bepflanzt sein. 

Naja, im Sommer, jetzt liegt eine Schneedecke über die gesamte Umgebung. Manch einer hätte wohl gesagt, es sieht Märchenhaft aus. Für mich eher, Langweilig und eintönig. 

Es hatte wieder angefangen zu schneien, also beeile ich mich zur Tür zu kommen und sie wieder hinter mir zu schließen.

Ich hatte eine kleine Diele erwartet und drei Räume die davon abgehen, sowie eine Treppe. Aber Fehlanzeige. Das Cottage muss renoviert worden sein. Und nicht zum ersten mal Frage ich mich, wie John hier drauf gekommen ist? Es passte nicht zu ihm. 

Ich hänge meinen Mantel neben die Tür und stelle meine Schuhe neben John seine. Erst dann drehe ich mich wieder zum Loft-Zimmer um. Anders kann man es nicht nennen.

Links von der Tür befindet sich einiges dunkles Gebälk, die früher wohl zu einer der tragenden Wände gehörte und grenzt so ein wenig die Küche vom Flur ab. Diese ist im Landhausstiel gehalten, Klein aber Fein würde manch einer sagen. Im Raum stehen noch mehr Balken, die einen ländlich bis gemütliche Atmosphäre entstehen lassen. Gegenüber der Tür befindet sich eine Glasfront, die den Blick auf das Schneetreiben bietet. Davor steht eine Couch aus dunklen Stoff und mehrere Sessel, die alle irgendwie zusammengewürfelt scheinen. Ein Fernseher steht nicht unweit von ihnen entfernt. Ein Kamin der in der Mitte des Raumes frei steht und knisternd das Zimmer erleuchtet. Dunkler Dielenboden mit verschiedenen größeren und kleineren Teppichen belegt. Rechts von der Tür, vor den Fenstern dann eine Treppe nach oben und direkt neben der Eingangstür Rechts, eine Tür zum Wandschrank unter der Treppe.

John sehe ich nicht. Aber ich höre ihn, oben. Wahrscheinlich räumt er seine Tasche aus. Ich drehe mich zu Küche und hole Tassen aus dem Schrank. Der Tee ist ja schon fertig und das Gebäck steht auch schon auf einem Beistelltisch bei einen der Sessel. Gerade wollte ich mich setzen, als John runter kommt. 

„Ich dachte schon, du kommst doch nicht mehr", lächelt er leicht. 

Trotzdem sehe ich, das er noch immer wütend ist. Ein komisches Gefühl von Reue durchflutet mich und ich gehe langsam auf ihn zu. Auf halben Wege treffen wir uns und bleiben stehen. 

„Es tut mir leid", sage ich und lege den Kopf etwas schräg, da meine Stimme sich so fremd anhört. 

Johns Gesicht hellt sich auf und ich bin wieder mal fasziniert, wie schnell er zu beruhigen ist. Wahrscheinlich auch besser so, sonst wäre er immer auf mich sauer, bei den ganzen Sachen die ich immer verzapfe...

So aber kann ich mit wesentlich leichteren Herzen auf ihn zu gehen und in meine Arme schließen.

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Die Atmosphäre zwischen uns ist angespannt, ich kann es förmlich knistern hören. Wir sind uns so nah! Ich bemühe mich meinen Atem ruhig zu halten und beobachte weiter wie Christopher anscheint Gedankenverloren spielt. Ob es ihm auch so geht? Ich schaue auf sein Profil und verfolge wie er hart schluckt, sein Adamsapfel sich hoch und runter bewegt und er den Kiefer anspannt. Ich muss tief Luft holen und habe plötzlich das Gefühl weglaufen zu müssen, damit ich nicht irgendwas unüberlegtes tue. Aber ich bleibe sitzen.

Ich bin so abgelenkt, das ich nicht bemerke wie Christopher aufgehört hat zu spielen. Er dreht sich zu mir um, unvermittelt, so dass ich ihn immer noch anstarre. Jetzt direkt in seine Augen. Diese brennen sich mit einer ungeahnten Intensität in meine, das Grün scheint zu lodern. „Mycroft...", sagt er rau. Ich erfahre nicht mehr was er sagen wollte, da bei mir das letzte bisschen Beherrschung flöten gegangen ist.

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Was uns zerreißtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt