II

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,,Hallo Mom." Murmelte ich und stieg in das Auto ein. Meine Mutter musterte mich.
,,Faye." Sagte sie. Nur meinen Namen. Aber auch dieses eine kurze Wort reichte, um mir all ihre Gefühle vor die Füße zu werfen. Wut, Enttäuschung und auch ein bisschen Resignation.

Schweigend schnallte ich mich an, wandte mein Gesicht dem Fenster zu und wartete darauf, dass meine Mutter losfuhr. Was sie aber nicht tat. Stattdessen drehte sie sich zu mir nach hinten, sah mich lange an und sagte dann:
,,Ich glaube, du hast mir etwas zu sagen."
,,Nein, glaube ich nicht." Erwiderte ich genervt.

,,Faye." Sagte meine Mutter wieder. ,,Ich habe einen Anruf bekommen, dass ich meine Tochter bitte abholen soll weil sie von der Schule verwiesen wurde. Kannst du mir bitte erklären, was passiert ist?"
Ich schwieg immer noch.

,,Na gut." Mom startete den Motor und drehte sich nach vorne. ,,Du kannst es mir auch zuhause erzählen, wenn dein Vater auch dabei ist."

Na super! Dann durfte ich mich gleich zwei vorwurfsvoll glotzenden Augenpaaren entgegensetzen. Vielen Dank auch. Dabei hatte ich doch wirklich nichts gemacht! Aber das hatte Mr. Fisher herzlich wenig interessiert. Er faselte nur irgendwas von ,,Moralische Verfehlung", ,,Gefährliche Brandstiftung" und ,,Inakzeptable Körperverletzung". Ich hatte ihm nur mit einem Ohr zugehört, jedenfalls nachdem das Wort Schulverweis das erste Mal gefallen war.

Als meine Mom endlich den Wagen auf unserer Auffahrt parkte, sprang ich sofort aus dem Auto und wieselte ins Haus, in der Absicht, mich in meinem Zimmer zu verschanzen und nie wieder rauszukommen. Leider hinderte mich mein Vater daran, der im Flur auf mich wartete und mich ins Wohnzimmer lotste. Dort setzte er sich an unseren Esstisch und deutete wortlos auf den Stuhl gegenüber. Ich nahm zögerlich Platz und bereute es gleich wieder. Jetzt war es zu spät, aufzustehen und mich in meinem Zimmer zu verbarrikadieren. Auch Mom kam jetzt ins Wohnzimmer und setzte sich neben Dad. Ich kam mir vor wie bei einem Verhör.

,,Faye." Begann Dad, ,,Wir müssen reden."
,,Es war ein Versehen!" Sagte ich automatisch.
Mom's Blick schoss zu mir. ,,Was war ein Versehen?"
Mist. Mist, Mist, Mist!

,,Äh... Also... Alles, denke ich."
,,Was alles? Erzähl es uns." Dad guckte mich streng an.
,,Die Kurzfassung?"
,,Wir bitten darum."

,,Also, ich war mit Maddy zusammen und dann kam Alex und ich bin wütend geworden."
,,Wieso?"
,,Weil er mich beleidigt hat. Naja, jedenfalls habe ich dann meine Saftflasche umklammert und auf einmal..."

,,Auf einmal was?" Mom guckte mir mit ihrem Erzähl-es-mir-oder-ich-kassiere-dein-Handy-ein-Blick an, der einen immer dazu brachte, alles zu erzählen.
,,Auf einmal... Hat sie gebrannt. Und ein Junge hat Feuer gefangen." Ich zuckte mit den Schultern.
,,Es... hat gebrannt?" Fragte Dad entgeistert. Er und Mom tauschten einen vielsagenden Blick.

,,Faye." Sagte Mom. ,,Wieso hat es gebrannt?"
,,Ich... Keine Ahnung. Einfach so." Wieder zuckte ich mit den Schultern. Meine Eltern schwiegen.

,,Äh. Ist alles okay?" Erkundigte ich mich.
,,Nein. Also Ja. Also... " stotterte Dad. So kannte ich ihn und Mom gar nicht.
,,Wir müssen dir etwas sagen." Meinte Mom. ,,Du bist kein normaler Mensch."

Ich lachte laut los. Kein normaler Mensch. Ich! Dass ich nicht lachte!
,,Faye, wir meinen es ernst." Sagte Dad.
,,Ich bin völlig normal." Entgegnete ich, immer noch lachend.
,,Nein Faye, das bist du nicht. Du... Du bist eine... eine Elementbändigerin." Mom senkte den Blick.
,,Eine was?" Hakte ich nach. ,,Was soll das sein?"

Meine Mutter knetete nervös ihre Hände. ,,Es gibt Menschen auf dieser Welt, die eines der drei Elemente beherrschen können. Wasser, Erde, Luft."
,,Und Feuer." Platzte ich dazwischen.
,,Nein, nicht Feuer." Dad wirkte tatsächlich sauer. ,,Die Feuerbändiger wurden schon vor Jahrhunderten ausgerottet."
,,Aber, warum..." begann ich.

,,Das ist nicht wichtig." Fiel Mom mir ins Wort. ,,Wichtig ist nur, dass es keine Feuerbändiger mehr gibt. Bis du kamst."
,,Bis ich kam." Wiederholte ich.
,,Bis du kamst. Du bist einzigartig." Antwortete Mom vielsagend.

Das war doch völlig verrückt! Ich rechnete noch immer damit, dass meine Eltern gleich laut loslachen und sich auf die Schultern klopfen würden und sich alles als ein Witz entpuppte. Allerdings sah es danach so gar nicht aus.

,,Wenn ihr wüsstet, dass ich so ein Element... Dings bin, warum habt ihr es mir nicht gesagt?" Ich legte den Kopf schief.
,,Wir wussten es nicht." Dad seufzte. ,,Weil nur deine Mutter eine Elementbändigerin ist, ich aber nicht. Normalerweise entdecken Elementbändiger ihre Kräfte schon früher. Deswegen waren wir uns sicher, du wärst normal."

Ich schluckte. Das war alles ein bisschen viel für mich. Ich war im Geiste immer noch nicht weiter als Du bist nicht normal. Mein Gehirn weigerte sich schlichtweg, diese neuen Informationen zu verarbeiten.

,,Und... was jetzt?" Fragte ich, nachdem minutenlang niemand etwas gesagt hatte.
,,Jetzt müssen wir handeln." Meinte meine Mom. ,,Du musst lernen, deine Kräfte zu beherrschen. Da können wir dir aber nicht helfen. Ich kenne mich mit Feuer nicht aus und bin außerdem eine ziemlich schlechte Erdbändigerin."

,,Und das heißt?" Ich konnte es einfach nicht begreifen. Wollte es nicht begreifen.
,,Du musst auf ein Internat. Da kannst du alles lernen." Mom grinste mich unsicher an. ,,Es tut mir Leid, aber anders geht es nicht. Ich hoffe, du verstehst das."
Ich lehnte mich zurück.
,,Wie heißt das Internat?" Vielleicht konnte Maddy ja mitkommen! Das wäre echt super!

,,Arcalia." Mom legte eine Künstlerpause ein. ,,Aber du wirst niemandem sagen dürfen, dass du dort hingehst. Es... es ist nicht gut, wenn normale Menschen davon erfahren, verstehst du?"

Und schon war meine Hoffnung zerstört. Aber mein eigentliches Problem war etwas anderes. Was sollte ich Maddy sagen? Ich hatte Angst, mich ihr gegenüber zu verplappern. Sie würde Fragen stellen, wo ich jetzt hingehen würde, was passiert war, und und und. Ich fühlte mich irgendwie nicht im Stande, sie anzulügen. Das hatte ich noch nie gemacht.

,,Und... wann soll ich da hin?" Hakte ich schüchtern nach.
,,Übermorgen." Antwortete Dad wie aus der Pistole geschossen. ,,Je eher, desto besser."
,,ÜBERMORGEN?!" Kreischte ich. Wann genau hatte ich diesem Internatsaufenthalt noch mal zugestimmt? Ach ja. Gar nicht.

,,Ich hab keinen Bock auf so ein scheiß Internat! Und ich will auch kein scheiß Feuer beherrschen können! Und überhaupt ist mir das alles gerade zu viel!" Oh Gott. Ich war tatsächlich zu einer Heulsuse mutiert!

,,Das verstehe ich." Meinte Mom, stand auf und ging um den Tisch herum. ,,Aber du hast keine Wahl. Sei uns bitte nicht böse, Faye. Es ist zu deinem Besten."
Sie breitete die Arme aus und drückte mich an sich. Zu meinem Besten! Ha! Ich könnte auch einfach nicht auf dieses Internat gehen, wäre auch mal eine Idee! Trotzdem erwiderte ich Mom's Umarmung mit einer gewissen Dankbarkeit. Wahrscheinlich würde ich das in nächster Zeit ziemlich lange nicht mehr tun können.

,,Sei uns nicht böse." Bat auch Dad und schlang seine Arme um uns beide.
,,Bin ich nicht." Murmelte ich zurück. ,,Ich hab euch lieb."

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So, das war's auch schon wieder. Ich finde irgendwie, Faye lässt sich so leicht überzeugen. Seht ihr das auch so?
Verbesserungsvorschläge in die Kommentare.

Widmung geht an MyraAlina . Weil ich gerade an sie denken musste.

Bis demnächst.

🖤MissWriter13

FeuerseeleWhere stories live. Discover now