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Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete, war niemand darin. Ich wusste nicht, ob ich das jetzt gut oder schlecht finden sollte. Gut, weil ich so ungestört war und schlecht, weil niemand das Zimmer abgeschlossen hatte. Jeder hätte mir etwas klauen können!

Ich schloss die Tür, warf mich auf mein Bett und streckte mich erst einmal ausgiebig. Mein Blick fiel auf meinen noch fast leeren Kleiderschrank, der mich vorwurfsvoll anzuschauen schien. Stöhnend hievte ich mich hoch und räumte Kleidungsstück für Kleidungsstück den Inhalt meiner Koffer in den Schrank.

Zumindest das, was hineinpasste. Es bleiben noch einige Sachen über, die ich beim besten Willen nicht mehr in den wirklich fürchterlich kleinen Schrank reinstopfen konnte.

Kurzerhand öffnete ich die Schublade meines winzigen Nachttisches, stapelte die übrig gebliebenen Klamotten rein und drückte die Schublade mit aller mir zu Gebote stehender Kraft zu.

Leider verhakte sich eine Unterhose von mir in der Führungsschiene der Schublade, die sich daraufhin weder vor noch zurück bewegen ließ. Genervt krallte ich meine Finger um den Knauf des Faches, stemmte meine Füße gegen die Wand und zog.

Mit einem lauten Knack! löste sich der Knauf aus seiner Halterung, ich fiel mit mächtig Schwung nach hinten und krachte auf meinen Hinterkopf. Erschrocken zuckte ich zusammen und fühlte augenblicklich etwas Heißes zwischen meinen Fingern. Ich öffnete meine Hände und ließ dann entsetzt den Kommodenknauf los. Er brannte! Der Knauf brannte!

Kaum schlug das Holzteil auf dem Boden auf, erloschen die Flammen. Vorsichtig hob ich ihn auf und drehte ihn in meinen Händen interessiert hin und her.

,,Na, das Teil ist hin." Murmelte ich leise vor mich hin. Der ehemals heile Griff des Nachtschränkchens war vollkommen verkohlt, an einigen Stellen regelrecht ausgebrannt. Was hatte ich schon wieder getan? Und vor allem, wie?!

Als sich plötzlich die Tür schwungvoll öffnete, steckte ich das Holzstück schnell in die Schublade und stellte mich instinktiv davor. Sara kam durch die Tür spaziert, beäugte mich misstrauisch und setzte sich auf ihr Bett.

,,Was?" Knurrte sie, als ich sie weiterhin ansah.
,,Nichts." Ich drehte mich demonstrativ weg und schüttete den Inhalt des Umschlags von Mrs. Walsh auf meine Bettdecke. Stundenplan und Schulordnung kannte ich bereust, also nahm ich ein schneeweißes Blatt Papier in die Hand. Es fühlte sich dick und weich an, fast wie Stoff. Neugierig faltete ich es auseinander.

Individuelle Kurse

1. Deine individuellen Kurse sind auf dich und deine Fähigkeiten abgestimmt. Du musst sie besuchen.

2. Deine individuellen Kurse finden montags bis freitags statt.

3. Deine individuellen Kurse schulen dich und deine Fähigkeiten. Sie sind notwendig. Passe also gut auf.

4. Wer krank ist, darf nicht alleine herumexperimentieren. Das könnte schief gehen.

5. Du darfst keine individuellen Kurse von anderen Wesen besuchen. Falls du das tust, folgt die Strafe auf dem Fuße.

6. Individuelle Kurse sind gefährlich. Du kannst dabei andere verletzen. Sei also vorsichtig.

7. Du darfst deine individuellen Kurse nur dann besuchen, wenn du körperlich und geistig komplett fit bist.

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