XXIX

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Der Tag der Prüfungen rückte immer näher und dann war er auch schon da. Es begann etwas später als der normale Unterricht, da wir Schüler noch etwas mehr Zeit zum Lernen in letzter Minute haben sollten. Die Prüfungen begannen im Klassenrum, wo uns Mrs. Jones die Zettel austeilte. Es waren zwölf aneinander getackerte Blätter, die alle Fächer in kurzen, aber trotzdem relativ schweren Aufgaben behandelten. Amy und ich stießen uns unter dem Tisch gegenseitig an, als wir unsere Namen auf das erste Blatt schrieben.

Wir hatten die letzten Tage intensiv zusammen gelernt und ich war sicher, dass wir beide auf jede noch so schwierige Frage eine Antwort wusste. Doch bereits die zweite Frage bereitete mir Kopfzerbrechen. Das Thema war Deutsch und man sollte in einem ellenlangen Satz die Kommata richtig setzen. Ich hatte zwar eigentlich keine Probleme mit deutscher Grammatik und Rechtschreibung, doch das klappte alles nur in der direkten Praxis.
Wenn ich darauf achten sollte, wo ich was machte, dann ging es schief, doch wenn ich zum Beispiel Texte schrieb ohne mich speziell auf die Zeichensetzung zu konzentrieren, dann hielt es sich mit den Fehlern in Grenzen.

Amy stupste mich vorsichtig an und deutete dann verzweifelt auf eine Matheaufgabe. Ich schlug die betreffende Seite auf und las mir die Aufgabe durch. Ich war zwar kein Mathegenie, doch allemal besser als Amy, die schon bei Wurzelziehen und dergleichen schlapp machte.

,,Drei." hauchte ich und Amy lächelte mir dankbar zu. Ich wandte mich wieder meinen eigenen aufgaben zu und atmete einmal tief durch, bevor ich auf gut Glück zwei Kommata in den Satz einfügte. Als Begründung schrieb ich einfach nur, dass der teil zwischen den Kommata ein eingeschobener Nebensatz war, auch, wenn ich mir ziemlich sicher war, dass er auch alleine stehen konnte, also ein Hauptsatz war.

Als ich nach etwa drei Stunden nach vorne ging, um meine Arbeit abzugeben, stieß ich beinahe mit Sara zusammen. Sie kniff ärgerlich die Augen zusammen und hauchte gefährlich leise:
,,Denk ja nicht, dass ich nach der Sache mit dem Zettel und der nächtliche Aktion schon ruhe geben. ich werde ein Auge auf dich haben. Auf dich und auf Amy."

Das war eine Anspielung darauf, dass ich Amy die Lösung für eine der Aufgaben gegeben hatte, ganz sicher. Ich nickte provokant und quetschte mich an ihr vorbei. Allerdings schaffte ich es nicht ganz ohne Schaden, da Sara mir vorher noch ihren Ellenbogen unter die Rippen rammte.

***

„Mann, wenn ich diesen Test bestehe, werde ich definitiv sowas von gläubig!" stöhnte Jay und streckte sich auf meinem Bett aus. Nach den Prüfungen hatten wir eine Pause von einer Stunde, bevor wir Elementbändiger uns in einer der Turnhallen treffen sollten. Jay und Mila sowie Cole waren mit in mein Zimmer gekommen, während Amy jetzt schon ihre Prüfung hatte.

Ich lachte kurz auf, doch just in diesem Moment öffnete sich die Tür und Sara steckte den Kopf in den Raum.
,,Was macht ihr denn hier?" fragte sie unwirsch.

,,Äh, das ist auch mein Zimmer." erwiderte ich gestellt freundlich, obwohl ich Sara am liebsten ins Gesicht gesprungen wäre. Ich wollte es mir zwar nicht eingestehen, aber ich hatte immer noch etwas Angst vor ihr. Oder eher vor dem, was sie noch von mir verlangen würde.
Glücklicherweise hatte die zickige Elfe heute wohl beschlossen, gnädig zu sein. Sie verzog nur angewidert das Gesicht und trollte sich dann. Auch Cole erhob sich.

,,Lasst uns schonmal losgehen. Dann haben wir noch etwas Zeit zum üben und es ist nicht so knapp auf knirsch." schlug er vor. Wir machten uns auf den Weg und betraten die bereits recht gut gefüllte Turnhalle. Auf dem weg zu unserer Stammecke ganz hinten, in der ich Noah entdeckte, lief ich Corey über den Weg. Obwohl ihr Anne davon abgeraten hatte, wollte sie heute unbedingt bei den Prüfungen teilnehmen und hatte sich nicht einmal von dem Einwand abbringen lassen, dass sie wahrscheinlich schlecht abschneiden würde.

FeuerseeleWhere stories live. Discover now