50. Kapitel

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Matteo       

Langsam gehe ich die Treppe runter, meinen Blick stets auf Luna gerichtet.
      »Ist nicht so schlimm.«
Erwidert meine Mutter und sieht mich lächelnd an.
      »Luna hat in eineinhalb Stunden den Termin bei der Polizei. Willst du mitkommen?«
Leicht überrumpelt, dass Luna heute schon geht, nicke ich und sehe sie fragend an.
      »Ich gehe dann mal wieder in die Küche.«
Luna nickt und setzt sich auf das Sofa.
      »Du willst heute schon gehen?«
      »Ja.«
Es ist komisch sie wieder reden zu hören, aber es freut mich natürlich.
      »Findest du es nicht ein bisschen zu schnell?«
Ich setze mich neben sie.
      Sie schüttelt den Kopf und sieht dann verzweifelt zu mir.
      »Kommst du mit?«
Meint sie jetzt wirklich, dass ich nicht mitkomme?
      »Natürlich komme ich mit.«
Ihre Gesichtsmuskeln entspannen sich und sie fängt an zu Lächeln.
      »Dachtest du, dass ich nicht mitkomme?«
Frage ich.
      »Naja, du hast dich in letzter Zeit nur um mich gekümmert und da dachte ich, dass du vielleicht nicht mitkommen willst.«
Sie weicht meinem Blick aus.
      »Luna, ich habe dir doch gesagt, dass ich dich nicht alleine lasse.«
Langsam richtet sie ihren Kopf auf und sieht mir in die Augen.
      »Danke.«
Flüstert sie den Tränen nahe.
      »Du musst dich nicht bedanken. Das ist selbstverständlich.«
Sage ich, während ich näher an sie ran rutsche und einen Arm um ihre Schulter lege.
      »Nein, ist es nicht.«
Widerspricht sie mir, während sie sich an mir anlehnt.
      »Doch.«
Sie erwidert nichts mehr darauf, weshalb ich grinse.
      In diesem Moment kommt mir eine Erinnerung auf. Lunas Eltern sind gestorben, ohne ihr zu sagen, dass sie adoptiert ist. Das heisst, dass Luna es nie von ihnen persönlich erfahren wird. Ich sehe mich panisch im Wohnzimmer herum. Soll ich es ihr sagen? Oder soll meine Mutter es ihr sagen?
      »Snob!«
Reisst mich Lunas Stimme aus meinen Gedanken.
      »Ja?«
      »Nichts. Du sahst so gedankenverloren aus.«
Sagt sie lachend. Mein Herz erwärmt sich, als ich ihr Lachen höre. Ich habe es schon so lange nicht mehr gehört. Augenblicklich holen mich meine Schuldgefühle ein und ich stehe schnell auf, um zu meiner Mutter in die Küche zu gehen.
      »Ich komme gleich wieder.«
Luna nickt und wendet sich dem laufenden Fernseher zu.
      »Mama?«
      »Ja?«
Ich trete vorsichtshalber näher an sie ran, in der Angst, dass Luna das hören könnte.
      »Wer sagt es Luna?«
Sie lässt ihren Kochlöffel sinken.
      »Ich weiss es nicht.«
      »Jemand muss es ihr sagen.«
Beteuere ich.
      Zustimmend nickt sie.
      »Ich weiss.«
Kurz darauf schüttelt sie den Kopf.
      »Im Moment ist es kein richtiger Zeitpunkt. Wir werden es ihr sagen, wenn sich die Lage beruhigt hat.«
Ich nicke und gehe wieder raus, zu Luna.
      »Matteo!«
Ruft mich meine Mutter wieder zurück.
      »Ja?«
      »Könntest du den Tisch decken?«
Plötzlich taucht Luna hinter mir auf. Hoffentlich hat sie nichts von unserem Gespräch mitbekommen.
      »Ich helfe dir.«
Sie beginnt die Teller auf dem Tisch zu verteilen und ich das Besteck.
      »Isst Papa auch?«
Frage ich meine Mutter, obwohl ich die Antwort schon weiss.
      »Nein, er ist vorher rausgegangen.«
      »Okay.«
Sage ich und beisse mir auf die Unterlippe.

Nach dem Essen, haben wir uns noch schnell fertig gemacht und sind dann schliesslich rausgegangen. Ich sitze mit Luna hinten im Auto und beobachte sie von der Seite. Aufgeregt rutscht sie hin und her.
                »Lieferfee.«
Sie dreht sich zu mir.
                »Es wird alles gut, keine Angst.«
Nickend wendet sie ihren Blick wieder ab. Meine Mutter sieht besorgt zu Luna nach hinten, richtet ihren Blick dann aber wieder auf die Strasse.
                Schliesslich kommen wir auf dem Parkplatz an und steigen aus. Luna hat sich mittlerweile beruhigt, aber ich merke, da ich ihre Hand halte, dass sie immer noch aufgeregt ist.
                Wir betreten das Gebäude und bleiben erst einmal stehen.
                »Ich gehe mal schnell zum Empfang.«
Verkündet meine Mutter und macht sich auf den Weg.
                »Was werden sie mich fragen?«
Fragt Luna mich ungeduldig, während wir uns hinsetzen.
                »Fragen, die für sie wichtig sind und ihnen vielleicht weiterhelfen.«
Ich will nicht konkret werden.
                »Und was genau?«
                »Ich weiss es nicht, aber du schaffst das.«
Sie nickt und drückt meine Hand fester.
                »Luna?«
Mit schnellen Schritten kommt meine Mutter auf uns zu.
                »Du kannst jetzt schon gehen.«
                »Was?« Erschrocken weitet sie ihre Augen. »Jetzt?«
                »Ja.«
Langsam steht sie auf und blickt noch einmal zu mir. Mir ist klar, dass ich nicht mitkommen darf.
                »Du schaffst das.«
Ich umarme sie noch einmal. Deutlich höre ich ihr Herz an meiner Brust schlagen.
                »Wenn ich sie bitten dürfte.«
Eine Polizistin taucht auf und weist Luna daraufhin, dass sie ihr nach laufen soll. Noch ein letztes Mal sieht mich an, bevor sie um die Ecke verschwindet.

Lutteo - Das Böse Blut in mirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt