66. Kapitel

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Matteo                                                    

Als es klingelt, werfe ich einen kurzen Blick zu Gaston, der grinsend nickt. Ich habe ihm von Lunas Zettel erzählt. Und auch er hat mir etwas Neues erzählt. Er und Nina sind endlich zusammen. Und wie schon befürchtet, grinst er jetzt noch mehr als früher. Zuerst dachte ich, dass das gar nicht möglich ist, doch heute habe ich festgestellt, dass es möglich ist. In Rekordzeit packe ich meine Sachen zusammen und stürme aus dem Klassenzimmer. Bevor ich es jedoch ganz verlassen kann, hält mich Gaston zurück.
      »Was?«
Frage ich gestresst.
      »Ich wollte dir nur viel Glück wünschen.«
Ich verdrehe die Augen und setze meinen Weg weiter fort, als mich plötzlich wieder eine Person aufhält.
      »Was?«
Ich drehe mich um und blicke in Ambars Gesicht.
      Erst jetzt fällt mir auf, dass sie uns wirklich in Ruhe gelassen hat.
      »Ich habe erfahren, dass du nicht mehr mit Lunita zusammen bist.«
Wieder verdrehe ich die Augen. Apropos in Ruhe gelassen werden.
      »Wenn du meinst.«
Sie lächelt.
      »Endlich bist du zur Vernunft gekommen. Ich habe dir eine Zeit lang echt abgekauft, dass du sie liebst. Ich wusste ja, dass du ein guter Schauspieler bist, aber so gut.«
      »Ich liebe sie nach wie vor.«
Entgegne ich und drehe mich um. Draussen, will ich gerade das Gelände verlassen, als mich wieder jemand aufhält. Wollen die mich heute eigentlich alle verarschen?
      »Was?«
Sage ich nun etwas lauter und drehe mich um. Simon steht vor mir und er sieht nicht sehr glücklich aus. Mit ihm muss ich so oder so noch ein Wort reden.
      »Gut, dass du mich aufgehalten hast.«
Ich trete näher an ihn heran und bemühe mich dazu ihm nicht direkt eine reinzuhauen. Er hat meine Luna geküsst. Vor meinen Augen.
      »Wieso hast du sie geküsst?«
Frage ich.
      »Sie ist nicht mehr mit dir zusammen, also habe ich das Recht dazu.«
Ruhig bleiben.
      »Ist dir vielleicht in den Sinn gekommen, dass sie dich nicht küssen will?«
Er stösst ein Lachen aus.
      »Ja, genau. Darum hat sie den Kuss erwidert.«
Sie hat den Kuss erwidert? Nein, das kann nicht sein. Luna würde mich nie anlügen.
      »Ich glaube es war Einbildung. Denn Luna hat mir erzählt, dass sie den Kuss nicht erwidert hat und ich glaube ihr.«
Das hat er jetzt nicht erwartet.
      »Und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest.«
Noch ein letztes Mal sehe ich ihn mit zusammengekniffenen Augen an, bevor ich Richtung Park laufe. In der Hoffnung, dass mich niemand mehr aufhält. Als ich an unserem Platz ankomme, sehe ich weit und breit keine Luna. Mit zielstrebigen Schritten gehe ich auf die Bank zu und sehe einen kleinen Korb darauf liegen. Ein kleines Lächeln erschleicht meine Lippen, doch trotzdem frage ich mich, wo Luna ist. Ich setze mich auf die Bank und mache den Korb auf. Es liegen mehrere Sandwiches drinnen, Getränke und Lunas Tasche. Wieso lässt sie das alles hier herum liegen? Noch einmal sehe ich mich um, falls Luna vielleicht doch irgendwo steht, doch ich sehe sie nicht. Stirnrunzelnd nehme ich mein Handy hervor und rufe sie an. Es geht nur die Mailbox ran. Ich mache ihre Tasche auf, doch dort ist das Handy nicht. Wieso hat sie ihr Handy ausgeschaltet? Und wo ist sie? Ich sehe nach rechts, als mich plötzlich etwas blendet. Ich blicke nach unten und sehe Lunas Mondkette. Augenblicklich breitet sich in mir Sorge aus und ich stehe gestresst auf. Wo ist sie? Wieder nehme ich mein Handy hervor und rufe meine Mutter an.
      »Hallo?«
      »Ist Luna zu Hause?«
Frage ich gleich und hoffe, dass sie ja sagt.
      »Nein, sie war vorher kurz da. Sie hat gesagt, dass ihr euch trefft.«
Gestresst fahre ich mir durch die Haare.
      »Sie ist nicht da.«
      »Wie sie ist nicht da?«
Ich seufze.
      »Sie war hier. Alle Sachen sind hier, aber jetzt ist sie nicht mehr hier.«
Erkläre ich.
      »Und ausserdem liegt ihre Kette hier.«
      »Diese Mondkette?«
Fragt sie.
      »Ja.«
Meine Mutter sagt nichts mehr.
      »Ihr ist etwas passiert. Ich spüre es.«
Was ist, wenn die, die ihre Eltern umgebracht haben, sie gefunden haben? Und sie jetzt irgendwo hinbringen? Oh Gott, ich will gar nicht daran denken. Meiner Mutter geht wahrscheinlich das Gleiche durch den Kopf.
      »Ich informiere die Polizei.«
Ich nicke, obwohl sie mich nicht sieht.
      »Komm sofort nach Hause.«
Gerade als ich ihr widersprechen will, unterbricht sie die Leitung und ich höre nur noch das Tuten. Nachdenklich sehe ich in die Ferne.
      »Wo bist du?«
Flüstere ich.

Zu Hause, überrenne ich fast meine Mutter.
                »Was haben sie gesagt?«
Ich sehe, dass sie keine guten Nachrichten hat.
                »Sie werden sehen, was sie machen können. Es wäre zu früh, um die Suche zu starten, da sie noch nicht einmal eine Stunde vermisst wird.«
In meinem Bauch breitet sich meine Wut aus.
                »Zu Früh? Haben sie auch nur eine Sekunden daran gedacht, was passieren kann? Wissen sie überhaupt, um wen es sich handelt?«
Sie nickt.
                »Ich habe ihnen erklärt, dass es sich um Luna handelt, doch sie sind bei ihrer Aussage geblieben.«
Nervös laufe ich hin und her. Mehrere Szenarien spielen sich in meinem Kopf ab. Wo ist sie? Wurde sie entführt? Ist es vielleicht schon zu spät? Innerlich schüttle ich den Kopf. Ich kann nicht einfach tatenlos rumsitzen.
                »Ich gehe sie suchen.«
Beschliesse ich und gehe zielstrebig auf die Tür zu.
                »Das ist zu gefährlich. Wir wissen nicht, wo sie ist. Genauso wenig wir wissen, mit wem sie ist.«
Kurz sehe ich auf den Boden, bevor ich zu ihr blicke.
                »Ich könnte mir das nie verzeihen, wenn ihr etwas passiert.«
Ich sehe, wie die Augen meiner Mutter glänzen.
                »Lieber setze ich mein Leben aufs Spiel, statt dass sie verletzt wird.«

Lutteo - Das Böse Blut in mirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt