《Kapitel 36》▪James▪

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Claire war verschwunden. Um das zu erkennen, musste ich noch nicht mal auf das Seil in meinen Händen schauen, das ich von dem Geländer des Balkons abgerissen hatte. Nein, mein inneres Gefühl sagte mir, dass sie weit, weit fort von mir war. Sie hatte sich dazu entschieden zu gehen, und war lieber in halsbrecherischer Höhe auf das Dach geklettert als meiner Anweisung zu folgen, den Tag in meinem Apartment zu verbringen. Sie hatte mich verlassen.

Mit einem wütenden Fluch warf ich das Seil gegen die Scheibe der Glastür, die auf den Balkon führte und daraufhin in tausende Scherben zerbrach. Und das alles nur, weil sie ihren Sturrkopf durchsetzen und Jessica retten wollte!

Ich spürte ein drückendes und gleichzeitig stechendes Gefühl in meinem Herzen, welches sich anscheinend dazu entschieden hatte, vor Wut zu zerplatzen und vor Angst zu zerspringen, weil Claire nicht mehr da war. Ohne sie war mein Herz nicht mehr ganz. Verzweifelt presste ich meine Hand auf die Stelle meiner Brust, an der ich mein Herz wie verrückt schlagen fühlte, damit es nicht aus meiner Brust sprang. Nach ein paar tiefen Atemzügen war dieses stechende, beängstigende Gefühl verschwunden und nur noch der Gedanke an Claires Verschwinden übrig.

Ich hatte ihr ein Versprechen gegeben, dass nichts uns je wieder trennen würde, und daran würde ich mich auch halten. Selbst dann, wenn es ihre eigene Entscheidung war, die uns getrennt hatte.

Was ich jetzt brauchte, war ein wirklich guter Plan. Wenn Claire tatsächlich so dumm gewesen war und beschlossen hatte, Jessica im Alleingang zu retten, befand sie sich jetzt mit Sicherheit schon längst bei Maxim. Sie war in Gefahr und ich durfte keine Zeit mehr verlieren, wenn ich sie dort hinaus holen wollte. Also zückte ich mein Smartphone und rief Victor an.

Eine halbe Stunde später stand ich in Jessica Gilberts Wohnung, eine Liste von möglichen Verstecken in der Innentasche meiner Lederjacke, an denen sich Maxim aufhalten könnte. Victor hatte sie mir gefaxt, während wir bei unserem Telefonat besprochen hatten, wie ich Claire retten konnte.

„Maxim wird Miss Claire nur aus einem Grund entführt haben: um sie an Lestat auszuliefern, Sir. Wir müssen also Maxim finden, bevor er die Chance hat, sie an Lestat zu übergeben. Denn dann .."

Dann wird Lestat Claire töten, aus Rache dafür, dass ich mich von der Familie abgewandt habe. Schon klar." Ich legte einen nüchternen Unterton in meine Stimme, um zu verhindern, dass sie vor Angst bebte. Vor Victor hatte ich noch nie Angst oder Schwäche gezeigt, aber in diesem Moment konnte ich gerade so ein Beben in meiner Stimme verhindern, weil die Angst um Claire mir beinahe den Verstand raubte.

Sir? Ich weiß, dass Sie sich um Miss Claire sorgen", bemerkte Victor und zerbrach damit meine kühle Fassade. „Aber wenn Sie Miss Claire wirklich retten wollen, dann dürfen Sie nicht wie der Mann denken, der sie liebt. Nein, Sie müssen wie der Vampir denken, dem seine Beute weggenommen wurde. Sie müssen mit Ihrem Verstand denken und nicht mit Ihrem Herzen, denn manchmal kann Liebe einen blind machen, Sir. Und mit Blindheit helfen Sie Miss Claire nicht weiter, Sir."

Dann hatte Victor aufgelegt und ich war seinem Rat gefolgt. Mit den kühlen Instinkten des Vampirs in mir war ich bis zu Jessicas Wohnung gefahren, hatte die verschlossene Tür aufgebrochen und war hinein gestürmt. Nun stand ich über die Leiche eines fremden Mannes gebeugt, der den Geruch nach Tod und Angst verströmte. Nur sehr schwach lag darunter eine Witterung, die mir so vertraut war, dass ich sie trotzdem sofort erkannt hatte. Claire. Sie war hier gewesen und hatte mit diesem Mann noch kurz vor seinem Tod gesprochen.

Ich folgte ihrer Witterung bis zur Feuertreppe. Auch hier war Claires Geruch nur schwach zu wittern, aber dennoch vorhanden. Offenbar hatte Maxim sich nicht die Mühe gemacht, seine Spuren zu verwischen, als er mit Claire über die Treppe geflohen war. Ob sein Verstand schon zu getrübt war und er es vergessen hatte oder ob er die Witterung mit Absicht hinterlassen hatte, konnte ich nicht sagen. So oder so war es die Spur, die mich zu einem der Verstecke auf der Liste führen würde. Sie würde mich zu Claire führen.

Ich musste also nicht lange überlegen, als ich von der Feuertreppe sprang und mit meinen Füßen auf dem Bürgersteig landete. Jetzt konnte mich nichts mehr von Claire fernhalten, ich würde sie finden und retten. Und ich würde jeden, der sich mir dabei in den Weg stellte, mit gutem Gewissen töten.




Ich habe mir überlegt, die letzten Updates in einer Lesenacht zu veröffentlichen, weil ich euch nicht länger auf die Folter spannen möchte:D Wann genau ich die Lesenacht mache, weiß ich noch nicht genau, höchstwahrscheinlich morgen oder übermorgen😄

Eine Nacht mit einem Vampir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt