《Kapitel 38》▪Claire▪

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Ich wusste nicht, wie lange ich schon regungslos an die Gitterstäbe gelehnt saß und darüber nachdachte, wie ich Jess und mich befreite. Die traurige Wahrheit war, dass ich keine Ahnung hatte. Ich hatte keine Ahnung, was ich hier tat, und anstatt uns beide zu befreien, würde ich bald für unseren Tod verantwortlich sein.

Ich umschloss mit meinen Armen meine angezogene Knie und schaukelte leicht vor und zurück. Ich hatte nie wirklich überlegt, wie ich einmal sterben würde. In hohem Alter vielleicht, wenn meine Haare schon grau waren und ich zum Gehen einen Rollator brauchte. Wenn meine zwanzig Enkel um mich versammelt waren und wir ein letztes Mal gemeinsam lachten. Und dann würde ich mich abends in mein Bett legen und friedlich einschlafen – nur dass ich danach nie wieder aufwachen würde.

Ja, so zu sterben hörte sich ... gut an, irgendwie. Es hörte sich nach etwas an, auf das man sich freuen konnte, weil man sein ganzes Leben schon hinter sich gebracht hatte. Aber direkt nach dem Collegeabschluss zu sterben, hörte sich ganz und gar nicht gut an. Es hörte sich nach Versagen an. Ich lachte leise. Was die Leute wohl auf meinem Grabstein zu lesen bekommen würden?

„Hier ruht Claire Demont. Sie hat als Tochter, Freundin und Geliebte eines Vampirs gelebt und ist gestorben als Versagerin." Ich schüttelte mich vor Lachen, ohne überhaupt zu wissen, was genau so komisch an meiner Situation war.

„Was lachst du denn so merkwürdig? Immerhin bist du nicht gestorben, weil dein Gehirn zu Wackelpudding wurde, sondern weil du deine beste Freundin retten wolltest. Du bist keine Versagerin, Claire, sondern eine Heldin." Jess' schwache Stimme ließ mich hochschrecken. Hastig drehte ich mich um und schaute in ihre Zelle. Tatsächlich, ähnlich wie ich es tat, saß Jess an die Gitterstäbe gelehnt und schaute zu mir hinüber. Ihr vertrautes Gesicht war vor Schmerzen verzerrt und mit Blut befleckt, aber sie war am Leben. Das war alles, worauf es ankam.

Mit Freudentränen in den Augen lächelte ich sie an. „Maxim meinte, dass du nie wieder die alte sein würdest, dass du wie eine Verrückte in deinem Kopf gefangen wärst. Aber du bist hier, bei mir. Und dein Gehirn ...fühlt es sich echt wie Wackelpudding an?"

„Eher, als hätte er Stacheldraht in meinen Kopf gefüllt." Jess lächelte schwach. „Ich weiß nicht, wie lange ich noch dagegen ankämpfen kann. Ich weiß nicht, wie das sein kann, aber er bemerkt es, wenn es tue. Dagegen kämpfen. Und ich weiß nicht, wieviel Zeit mir bleibt, bevor er mich umbringen wird – nein, nicht mich, sondern nur meine Persönlichkeit. Er ist wahnsinnig, Claire. Die ganze Zeit redet er davon, dass irgendeine Jennevre in mir wohnen soll, was mir echt Angst macht. Oh, und er ist ein Vampir. Ich weiß, du denkst jetzt, dass ich vollkommen verrüc-"

„Nein, ich glaube dir", unterbrach ich Jess und rutschte noch ein wenig näher an die Gitterstäbe, damit sie mich besser sehen konnte. „Ich weiß von den Vampiren Bescheid und hätte es dir sagen sollen. Und ich weiß auch, dass du hier bist, weil du mir helfen wolltest. Weil du dachtest, dass ich bei James in Gefahr bin, aber das stimmt nicht. Im Gegenteil, wir lieben uns. Und die wirkliche Gefahr lauert irgendwo in diesem Gebäude und möchte mich einem noch viel gefährlicherem Vampir ausliefern. Wir müssen von hier fliehen, Jess, bevor es zu spät ist."

„Du hast recht." Jess nickte zustimmend. „Aber wie kommen wir aus diesen Zellen heraus? Wir haben nicht mehr viel Zeit, bis Maxim zurückkommt. Mindestens zweimal am Tag geht er nämlich in dieses Verließ und gibt mir etwas von seinem Blut zu trinken, ob ich möchte oder nicht."

„Ich habe eine Idee", sagte ich zögernd, denn mein Plan war noch nicht wirklichausgereift. Im Gegenteil, er war riskant und impulsiv. Und er hing von mehreren Faktoren ab – einer davon war Maxims geisitge Zurechnungsfähigkeit, und die war nicht gerade in einem guten Zustand. „Wie wäre es, wenn ..."






Eine Nacht mit einem Vampir Onde as histórias ganham vida. Descobre agora