FÜNFZEHN oder wie Elaine in ihre Kuchenschwärmereien verfiel

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Mittags gab es bei der Familie Engel nur Torte, doch sie konnte nur sagen, dass es bei ihrer Familie nicht selten dazu kam. Allein in den letzten drei Monaten kam es allein schon drei Mal zu Tortensonntagen oder mehrere Male eher zu Kuchensonntagen. Aber vor allem Elaine fand dies so überhaupt nicht schrecklich. Diesen Sonntag gab es Schokoerdbeertorte, die Torte hatte Dora gebacken und bevor es Zeit war sie anzuschneiden, hatte Dora die ganze Zeit um die Torte geschlichen. Ihr Blick hatte jede Person angestarrt, die auch nur in die Nähe ihrer Torte kam. Aber dies war einfach eine persönliche Erfahrung von jeder Bäckerin der Familie. Sobald ein männliches Mitglied der Familie in die Nähe von Kuchen oder anderen süßen Gebäcken kam, war es Zeit dieses schnell in Sicherheit zu bringen. Auch wenn Elaine zugeben musste, dass auch sie schon das ein oder andere Mal etwas von der ein oder anderen Torte genascht hatte.
Die beste Torte von ihrer Tante war die Himbeertorte. Diese wurde von jedem Mitglied der Familie zu den Geburtstagen erwünscht. Doch dann war sie meistens so schnell alle, dass nicht jeder ein Stück abbekam und diese Person war nicht selten Dora selbst gewesen.
Deswegen machte sie sie nun auch nicht mehr an Geburtstagen. Aber vielleicht wurde die Schokoerdbeertorte ihre neue beste Torte oder auch nicht. Nur dies würde immerhin bald geklärt.
"Es gibt Torte. Hey Raphael, willst du nicht auch mit uns Torte essen. Das ist meine neuste Kreation."
"Gerne Dora. Dankeschön."
Gemeinsam setzten sie sich an den Esstisch und warteten darauf, dass die Torte endlich angeschnitten wurde.
Als Dora dann das Messer aus der Torte zog, stürzten sich die anderen direkt darauf. Schnell hatte jeder ein Stück auf seinem Teller und man konnte kurz darauf Geräusche des Genuss. Dora schien sehr zufrieden mit sich zu sein und auch für die anderen war die Torte vollkommen gelungen.
"Was gibt es bei euch so Neues?" fragte dann Dora ihren Neffen.
"Ach nichts Besonderes. Ich wurde letztens gefragt, ob ich nicht bei einer Hochzeit als Fotograf arbeiten könnte."
Diese Nachricht kam für alle am Tisch ziemlich überraschend. Auch für Liana war diese Information neu, dies konnte Elaine aus ihrem überraschten Gesichtsausdruck schließen. Liana riss nämlich ihre Augen für einen kurzen Moment auf und starrte ihren Freund an. Dieser Moment dauerte zwar nicht lange, aber dennoch hatte Elaine den Gesichtsausdruck ihrer zukünftigen Schwägerin in Spee bemerkt.
"Und das nennst du nicht besonderes?" lachte Mia da kurz auf. "Das sind fantastische Neuigkeiten."
Plötzlich erschien Elaine eine perfekte Möglichkeit, um einen ihrer Wünsche etwas voran zu bringen. Also ergriff sie ihre Gelegenheit. "Genau, wann entscheidest du dich endlich mal dafür dein Studium abzubrechen und deine Karriere endlich zu starten?"
"Ich habe euch doch gesagt, dass ich erst mein Studium beenden will. Außerdem ist der Beruf eines Fotografen nicht unbedingt die sicherste Berufswahl. Das Studium macht mir dazu auch noch so viel Spaß. Ich denke, dass mir auch der Beruf in der IT bestimmt auch Spaß machen wird." versuchte sich ihr Bruder direkt wieder raus zu reden.
Liana schnaubte neben ihr nur und machte dadurch ihr Unverständnis für ihren Freund deutlich. Aber sie konnte seine Sichtweise noch nie nachvollziehen. Wahrscheinlich würde Liana für Elaines Plan ihn zum Studium Abbruch zu bringen, so wie es ihr 63. Wunsch war, eine wichtige Rolle spielen. Weil Liana als Kunststudentin genau wusste, wie es wahr, wenn seine Zukunft weniger als ungewiss war, würde sie ihren Bruder vielleicht helfen können. Die Beiden könnten gemeinsam zuerst ihre Schwierigkeiten überwinden und dann zusammen berühmte Personen werden. Eine berühmte Künstlerin und ein weltweit gefeierter Fotograf, das wäre doch ein schönes Pärchen.
Lächelnd nahm sie den letzten Rest ihrer Torte in den Mund. Auch die anderen hatten ihr Stück längst verputzt. Ihr Vater, Raphael und Josh hatten auch schon ihr Zweite aufgegessen. Mia aß gerade noch an ihrem Zweiten, genauso wie Dora. Es war schon interessant, wie schnell die anderen waren im Gegensatz zu ihr. Dabei war Elaine einer der Ersten die sich das nächste Stück nahm und nun war sie die Einzige, die noch nicht ihr Zweites auf ihrem Teller hatte, denn auch Liana legte sich schon ihr zweites Stück auf ihren Teller.
Als nächstes war sie dran. Schnellt nahm auch sie ihr zweites Stück.
Wie viel Zeit man doch manchmal mit unnötigen Gedanken verschwenden konnte, lernte sie genau in diesem Moment. Denn als sie von ihrem Teller hochschaute, starrte jeder an dem Tisch sie und Raphael abwechselnd an. Fragend blickte sie zu Raphael, der aber zuckte nur mir den Schultern.
"Dann frage ich halt genauer. Woher kennt ihr beiden euch eigentlich?"
"Aus der Schule, Liana. Er hat sich letztens in der Schule einfach so an meinen Tisch gesetzt und wir sind uns seitdem mehrmals über den Weg gelaufen." fing sie an zu erklären. Die Wünsche ließ sie dabei außen vor.
Raphael übernahm danach. Er dichtete den perfekten Anfang einer Freundschaft zusammen und ließ dabei verständlicher Weise die Sache mit ihren Wünschen außen vor. Ihr gefiel die Art wie er ihre Geschichte umänderte. Auf einmal erschien sie vollkommen normal. Diese Normalität lernte sie erst seit ihrer Diagnose zu schätzen. Während er die Fragen von Dora und Liana beantwortete, fing Elaine den Blick ihres Bruders auf. Dieser sagte ungefähr so viel aus wie tausend Worte. Er wollte scheinbar dringend mit ihr sprechen. Fragend versuchte sie mehr aus ihrem Bruder rauszubekommen, doch dieser formte mit den Lippen das Wort später und Elaine nickte verstehend.
Danach versuchte sie den Redeschwall von Liana und Dora zu unterbrechen und Raphael zu helfen. Dies funktionierte sogar überraschend gut.
Am späten Nachmittag verabschiedete sich Raphael von der Familie und sofort drehte sie sich zu Josh um. Mit ihrem Blick deutete sie klar und deutlich an, dass das Später genau jetzt gekommen war. Also stieg ihr Bruder hinter ihr die Treppe hoch und folgte ihr in ihr Zimmer. Abwartend beobachtete sie ihren Bruder dabei, wie er durch ihr Zimmer schritt und alles ganz genau begutachtete. Er wollte ganz eindeutig nur Zeit schinden. Doch zum Glück hatte Elaine alle Zeit der Welt, zumindest solange dies nicht über ihr Jahr hinausging.
"Weißt du noch, wie wir früher immer zusammen über unsere Zukunft gesprochen haben?"
Sie nickte. Natürlich erinnerte sie sich daran. Früher hatten sie sich immer, nachdem sie einen Albtraum gehabt hatte, auf Josh's Bett gesetzt und dann ihre Zukunft geplant. Damals hatten sie immer gesagt, dass sie später ein Haus nebeneinander haben würden und dass sie seine Hochzeit planen dürfte. Außerdem wollte er ein Vetorecht auf die Hinsicht ihres Ehemanns haben. Damals hatte sie dem noch zugestimmt, doch heute erschien ihr das ziemlich bescheuert.
Auf einmal holte ihr Bruder eine kleine Schatulle hervor. In der Schatulle steckte ein feiner, silberner Verlobungsring. "Denkst du sie wird 'Ja' sagen?"
"Aber natürlich, doch denkt daran, ich werde deine Hochzeit mit planen." voller Freude fiel sie ihrem Bruder um den Hals.
"Das war der Plan. Warum sonst hätte ich denn sonst den Ring jetzt schon gekauft? Ich brauche doch meine Hochzeitsplanerin auf meiner Hochzeit."
"Du machst ihr wegen mir einen Antrag?" entsetzt über diese Erkenntnis starrte sie ihn an. Doch er schüttelte nur leicht mit dem Kopf. "Das hätte ich doch früher oder später sowieso gemacht. Ich liebe sie über alles und will mein Leben mit ihr verbringen. Aber ich will auch meine beiden Schwestern auf meiner Hochzeit haben, deswegen wird die Hochzeit wohl eher früher als später stattfinden."
Damit war es wohl geklärt. Ganz allein, ohne dass sie nachhelfen musste würde sich wohl ihr 57. Wunsch erfüllen. Sie würde auf Joshuas Hochzeit dabei sein. Lächelnd nahm sie ihren Bruder noch ein weiteres Mal in den Arm.

Es muss schließlich nicht jeder Wunsch mit Raphael erfüllt werden...

Ich schreibe nächste Woche Spanisch. Müsst ihr noch irgendwelche Klausuren schreiben?

Würdet ihr Josh zum Studium Abbruch raten?

~Liv

How I would like to say GoodbyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt