Keine Lügen!

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,,Passt alles? Schnürt das Kleid noch ein wenig enger! Und steckt ihr die Haare hoch!" der Butler rannte mit seinem bescheuerten Aufgabenpapier durch den Raum während fünf andere Personen sich um Cayas Aussehen kümmern und ihr gerade das Korsett so eng schnürten, dass sie beinahe keine Luft mehr bekam.

,,Ist das wirklich alles nötig, Barnabes? Ich meine... ist doch nur eine Rede." keuchte Caya und schnappte nach Luft.

,,Oh nein, Majestät, es ist nicht nur irgendeine Rede! Es ist das erste Mal, dass ihr vor das englische Volk tretet. Die Leute sehen zum ersten Mal ihre Prinzessin! Alles muss perfekt sein!" meinte der Butler und las weiter in seiner Schriftrolle.

,,Oh, das ist nicht gut... Wir haben noch gerade mal zwölf Minuten, dann muss ihre Majestät bereits auf dem Rednerbalkon stehen. Halb England wird anwesend sein..." murmelte er vor sich hin.

,,Ein bisschen Beeilung, wenn ich bitten darf!"

Alle Arbeiter legten einen Zahn zu.

Nach zwölf Minuten, die Caya ehrlich noch wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, durfte sie endlich vom Ankleidepodest steigen und sich auf dem Weg zum Balkon begeben. Dort durfte sie zwar noch nicht drauf, jedoch betrat sie das Vorzimmer, wo schon ihre Eltern standen. Sie begrüßte sie mit einem Knicks.

,,Du siehst wunderschön aus, Liebes..." meinte ihre Mutter und lächelte. Caya konnte das nicht. Lächeln war hierbei zu viel verlangt.

Durch das Fenster konnte sie einen Blick auf die Menschenmasse erhaschen.

,,So... So viele Leute sind da?" stotterte sie erschrocken.

,,Alle wollen dich sehen." sagte ihr Vater mit einem Hauch von Stolz in der Stimme.

Na sehr beruhigend, Dankeschön!

Plötzlich trat ein Sprecher in Anzug auf den Balkon zum Mikrofon und verkündete laut: ,,Geehrte Bürger Englands! Wir präsentieren ihnen voller Stolz und mit großer Freude die englische Kronprinzessin Caya Elisabeth!"

Nervös atmete Caya noch einmal tief durch ehe sie auf den Balkon stieg. Zitternd stellte sie sich zum Mikrofon und ließ ihren Blick über die Tausend Menschen schweifen die sich vor ihr versammelt hatten. Ein staunendes Raunen ging durch die Menge.

,,Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen. Es wird sicher allen bewusst sein, welches tragische Ereignis sich auf der Tower Bridge abgespielt hat. Es hat viele erschüttert. Dies war ein enormer Rückschlag und ich trauere um jeden einzelnen, der sein Leben bei dieser Tragödie verlor. Und dennoch, kann ich als englische Kronprinzessin bestätigen, dass kein Grund zur Sorge besteht..." fing sie an den Text aufzusagen den sie zuvor noch auswendig lernen musste. Alles Lügen... Sollte sie den Leuten etwas vormachen und einfach weiter reden? Oder sollte sie einfach alle warnen, sodass sie sich noch retten konnten. Es konnte doch nicht richtig sein, den Leuten alles zu verschweigen und ihnen zu sagen, es gäbe da draußen keine Gefahr! Also ob Lord Voldemort nur ein Märchen wäre! Schluss mit den Lügen, Schluss mit dem Versteckspiel!

,,Doch dem ist nicht so!" rief sie ins Mikrofon. Caya entschied sich den ganzen auswendig gelernten Text zu vergessen, und nurmehr die Wahrheit zu sprechen.

,,Da draußen lauert etwas, das uns alle in Gefahr bringt. Ich weiß es! Und es wartet nur auf den richtigen Moment, um uns alle anzugreifen und zu vernichten. Bringt euch in Sicherheit, versucht euch zu beschützen! Es wird kommen! Doch ich schwöre, bei Gott, ich werde nicht eher ruhen, bis dieses Unheil besiegt ist, und ich mein Volk auch weiterhin noch verteidigen kann. Denn ich werde niemanden zurücklassen und ich möchte auch niemandem etwas vorspielen! Wir sind in Gefahr! Wir alle! Doch eines kann ich versichern, solange ich auch nur ein Fünkchen Macht in dieser Monarchie besitze, werden wir hoffentlich schon bald wieder in Sicherheit sein! Gemeinsam sind wir alle stark!"

Caya schloss ihre Rede ab und blickte in die Stille Menge. Plötzlich fing jemand an zu klatschen... dann noch jemand, und plötzlich brach die komplette Menge in Jubel und tosenden Applaus aus.

Caya drehte sich um und blickte zu ihren Eltern. Die königlichen Berater sahen sie schockiert an.

,,Majestät! Ihr hättet die Leute doch besänftigen sollen! Das war doch der Sinn ihrer Rede!" jammerte Berater Nummer eins.

,,Das Volk wird komplett in Aufruhr sein! Und die Medien erst..." sagte Berater Nummer zwei.

,,Ich habe das getan, was ich für das Richtige hielt. Wozu die Leute einfach anlügen?" protestierte Caya, als sie wieder vom Balkon abgetreten war.

,,Das ist doch der Sinn daran! Wir lügen die Leute an und haben dafür unsere Ruhe!" stöhnte Berater Nummer eins wieder.

,,Ich finde Caya hat das großartig gemacht!" meinte auf einmal ihr Vater und legte eine Hand auf die Schulter seiner Tochter.

,,Das Volk anzulügen wäre falsch. Sie hat genau richtig gehandelt."

Beide Berater waren sprachlos und wandten sich schließlich wieder dem Papierkram zu.

,,Du wirst später eine wunderbare Herrscherin." flüsterte ihr Vater Caya zu. Sie lächelte matt.

,,Ich danke euch, Vater."

Hidden Princess (HP/Rumtreiber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt