Der siebte Tag

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Tag Nummer 7 oder wie man Schatten malt

Am Dienstag erlebte ich wahrscheinlich das erste Mal in meinem Leben den Sonnenaufgang mit, weil ich schon um 6:00 Uhr aufwachte.

Ich war so unglaublich müde, das ich mich sogar dazu zwang einen Kaffee zu trinken obwohl mich allein der Geruch schon halb umbrachte.

Ich konnte wirklich nicht verstehen warum Menschen dieses Zeug freiwillig schluckten. Es war genau wie diese Sache mit den Zigaretten. Wahrscheinlich stumpfte man der Ekelhaftigkeit gegenüber irgendwann einfach ab.

Irgendwann hat man sich bestimmt so an den Geruch gewöhnt, dass er einem gar nicht mehr auffiel. Oder man war so abhängig, dass es einem egal war, weil man es einfach brauchte. Wie die Luft zum Atmen.

Mich widerte es einfach nur an. Sowohl Zigarettenqualm, als auch Kaffeegeruch. Kaffee roch immer nach aufgebrühter Pisse mit Erde. Widerlich!

Genauso wie Sandstrände. Überall kleine Körnchen, die sich in der Kleidung und den Haaren festsetzten und fette, alte halbnackte Menschen und allgemein schwitzende Menschenmassen im Sommer. Alles nicht sonderlich wünschenswert.

Ich schüttelte mich beim Gedanken an all diese ekeligen Dinge ein bisschen und stellte die braune Brühe in der Tasse auf unsere hölzerne Arbeitsplatte.

Plötzlich hatte ich sogar noch weniger Bock den Kaffee zu trinken. Also beschloss ich lieber kalt duschen zu gehen, um wach zu werden.

Um halb 8 war ich bereits geduscht und fertig angezogen. Meine Haare fielen mir in sanften Locken über die Schultern und insgesamt war ich mit mir heute mal ganz zufrieden, denn nach der kalten Dusche und den drei Schlucken Kaffee waren sogar meine Augenringe ein bisschen weniger geworden.

Das Wetter war schön, die Sonne schien und die Vögel zwitscherten. Ein ziemlich klischeehafter guter Tag, aber ich war glücklich. Ich hatte es geschafft mir die Beine zu rasieren ohne meine gesamte Haut gleich mit abzuraspeln und dank ein bisschen Mascara und Kajal wirkten meine Augen irgendwie verrucht.

Ich war unglaublich gespannt auf die Kunstausstellung in der Galerie. Besonders weil ich noch nie ernsthaft bei so etwas gewesen war, denn Schulausflüge in irgendwelche stink langweiligen Kunstmuseen wo man auf jedem Bild mindestens eine nackte Frau sah zählten meiner Meinung nach nicht wirklich dazu.

Er wollte mich um 12:00 Uhr abholen, da die Ausstellung nur bis 17:00 Uhr ging und er meinte man müsse sich Zeit lassen um die Bilder auf sich wirken zu lassen und er fahre deshalb immer möglichst früh hin um keinen Zeitdruck zu haben.

Ein Glück für ihn das ich heute schon so früh auf den Beinen war.

Um 9:00 Uhr saß ich in meinem Zimmer und sortierte die Bücher aus der Reisetasche auf die Bücherstapel die 80 Prozent des Raumes dominierten und sich ein wenig drohend vor mir erhoben.

Mein Dad informierte mich darüber das er jetzt zur Arbeit fahren und die Zwillinge vorher bei Tante Katie abladen würde.

Als er mich zwischen den ganzen Büchern in meinem Zimmer auf dem Boden sitzen sah schüttelte er nur ungläubig und murmelte irgendetwas das stark nach "genau wie ihre Mutter" klang vor sich hin.

Ich lächelte daraufhin nur. Er würde meine Art Bücher zu ordnen nie verstehen. Als ich 10 Jahre alt gewesen war hatte er einmal versucht mir ein Bücherregal anzudrehen, aber ich hatte mich standhaft geweigert auch nur ein einziges meiner Bücher hinein zu stellen. Soweit kams noch!

Ich wusste auch ohne Regal ganz genau wo sich welches Buch in meinem Zimmer befand.

Als meine Familie dann unter lautem Getöse das Haus verlassen hatte und Ruhe eingekehrt war hielt ich es nicht mehr aus.

12 Tage AprilWhere stories live. Discover now