Der elfte Tag

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Tag Nummer 11 oder Schnitzeljagd im Wolkenbruch

Natürlich stand ich nicht um 8:30 Uhr auf, wie ich es vorgehabt hatte, sondern erst um halb 10.

Hektisch zog ich mich an und endete mal wieder mit zwei unterschiedlichen Socken an den Füßen. Wenigstens waren es diesmal zwei und nicht nur eine. Das Socken-Problem verschlimmerte sich also zumindest nicht und das war ja schon mal ein Anfang.

Auf dem Weg aus meinem Zimmer stieß ich dennoch prompt gegen einen der Bücherstapel, denn der Tag wäre ja auch nicht schön gewesen, wenn ich nicht ein bisschen Chaos schaffte.

Jetzt erst fiel mir wieder ein, dass ich überhaupt keinen Plan hatte, was mit den Zeigern, die auf den nächsten Hinweis deuteten gemeint war oder wo ich sie finden konnte. Also setzte ich erst einmal wieder auf mein Bett und zerbrach mir ein bisschen den Kopf. Falls da denn überhaupt noch Kopf übrig war zum Zerbrechen.

Um 10 Minuten vor 10 fiel mein Blick auf die Uhr, die direkt neben meinem monströsen Schrank hing.

Der Zeiger zeigte direkt auf einen der Bücherstapel, die sich oben auf dem Ungetüm stapelten.

Aufgeregt schleifte ich meinen Drehstuhl neben den Schrank, huschte wieder zum Schreibtisch und kramte ein Lineal aus der Schublade.

Dann kletterte ich auf den Stuhl und bemühte mich möglichst nicht schon beim Aufstieg wieder runter zu fallen.

Etwas wacklig kam ich zum Stehen und legte das Lineal an den Zeiger der auf die Zehn zeigte und zog von dort eine imaginäre Linie zu einem der Bücher im Stapel.

Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel" von Bradley Somer.

Er hatte mich ausgetrickst! Er hatte geschrieben ich könne den Hinweis nur am Tag finden, dabei war genau das ein weiterer Hinweis darauf gewesen, wo sich der Hinweis verbarg. Dieser Fuchs!

Ich schüttelte das Buch und ein Foto fiel heraus. Es segelte langsam und bedächtig auf den Boden zu, um dort gemütlich auf dem Rücken liegen zu bleiben.

Ich stieg ächzend wieder von dem Stuhl, der schon bedenklich knarzte und wankte. Dann stellte ihn zurück an seinen Platz und hob anschließend das Foto auf.

Es zeigte mich, mit in den Nacken gelegtem Kopf und feinen Nieseltröpfchen überall auf dem Gesicht verteilt.

Ich musste lächeln, denn ich hatte gar nicht bemerkt, dass er das fotografiert hatte.

Ich drehte das Foto um.

Du hast bestimmt gemerkt, dass ich mit dem Schlafen ein bisschen ausgetrickst habe. Entschuldigung dafür.

Den nächsten Hinweis findest du bei einem tollen Partner.

Ratlos ließ ich das Foto sinken.

Ein toller Partner? Wer sollte das bitte sein? Ich war niemals mit jemand anderem zusammen gewesen seit wir uns kannten.

Meine Gedanken wanderten zu Junia, die sicherlich voll und ganz mit ihren verliebten Gedanken an Jasper beschäftigt war.

Darauf ließen zumindest die unzähligen Nachrichten schließen, die sie mir mitten in der Nacht geschickt hatte.

Ein paar davon schwärmerisch, ein paar andere sehnsüchtig und der Rest war ein kleines bisschen verzweifelt, weil sie sich fragte, ob er sie denn überhaupt mochte.

Wenigstens war sie nicht mehr sauer auf mich. Bei Junia war das so eine Sache.

Manchmal wurde sie richtig biestig wenn man sich einen Tag nicht meldete, aber an anderen Tagen fing sie an sich unnötig viele Sorgen zu machen und sich wie eine besorgte Glucke aufzuführen.

12 Tage AprilWhere stories live. Discover now