Der zehnte Tag

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Tag Nummer 10 oder Spuren im Regen.

Am Freitag wachte ich mit schmerzenden Knochen, pochendem Kopf und verquollenem Gesicht auf.

Ich spürte mein Herz in meiner Brust schlagen und fühlte mich so elend wie noch nie zuvor in meinem Leben. Das war vermutlich eine Übertreibung angesichts der Tatsache, dass ich mich überraschend häufig in letzter Zeit so mies wie noch nie zuvor fühlte, aber ich fand es war okay ab und an mal ein bisschen zu übertreiben

Und jetzt war definitiv die Zeit zum Übertreiben.

Er war weg und ich hatte absolut keine Ahnung wie ich alles wieder gerade rücken konnte. Egal wie sehr ich mir den Kopf darüber zerbrach, die rettende Lösung für das vorliegende Problem wollte mir einfach nicht in den Sinn kommen und das Einzige, was das Herumgrübeln bewirkte, waren die langsam schlimmer werdenden Kopfschmerzen.

Was erwartete er denn jetzt von mir? Und was erwartete ich von ihm? Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich das Recht hatte irgendetwas von ihm zu erwarten, aber andererseits waren Erwartungen natürlich auch etwas, dass man nicht so einfach abstellen konnte. Niemand stellte sich hin und sagte: Oh! Schau mal. Der Erwartungshebel ist ja umgelegt... So geht das nicht! Ich schalte mal lieber zurück auf „Erwartungslos".

Aber erwartete ich denn überhaupt noch irgendetwas oder waren meine Erwartungen inzwischen so niedrig geschraubt, dass sie eigentlich nicht mehr existierten?

Gestern Abend war ich hysterisch gewesen und komplett überfordert mit der Situation, jetzt war ich nur noch ratlos und verwirrt.

Irgendetwas hatte eine Schlussreaktion in ihm ausgelöst. Irgendetwas hatte diesen Ausbruch herauf beschworen und ich war mir ziemlich sicher, dass es ganz allein die Schuld von April 2.0 war.

Vielleicht hatte er einfach Angst. Angst verletzt und liegen gelassen zu werden und er glaubte mir nicht. Er glaubte nicht, dass er für mich wunderschön und atemberaubend und strahlend sein konnte. Er war aufmerksam und intelligent und tiefgründig und talentiert in so vieler Hinsicht, aber er dachte er wäre es nicht wert.

Wir hatten doch beide Angst, wieso also konnten wir sie nicht gemeinsam überwinden?

Wieso mussten wir scheitern, bevor wir begonnen hatten?

Ich rannte vielleicht weg, aber wieso ließ er mich allein und half mir nicht dabei diese Ängste zu besiegen? Wir hätten und gegenseitig helfen können.

War das nicht so in einer Beziehung? Das man sich gegenseitig half und stützte?

Oder hatte er einfach gemerkt, dass er mich gar nicht brauchte? Hatte er gesehen, was unter seinen schwarzen Kratzern war und beschlossen, dass bei mir nur noch Kratzer vorhanden waren und er das nicht konnte?

Nein. Bestimmt nicht. So verkorkst war ich ja jetzt auch nicht und es wäre dumm sich darauf auszuruhen.

Außerdem hatte er gesagt ich solle mich melden, wenn ich wusste was ich wollte. Es war also kein Schlussstrich oder? Das Dumme an der ganzen Geschichte war, dass ich einfach nicht wusste, was ich eigentlich wollte. Da hatte er schon recht gehabt.

Wieso war er dann aber nicht geblieben um mir zu helfen und die Fragen zu beantworten die ich mir jede Nacht stellte?

Reichte es nicht, dass ich ihn liebte?

Ich wollte mir diese Fragen nicht stellen, aber es musste wohl sein. Man kam nicht weiter wenn man sich niemals diese Fragen stellte.

Mein Dad hatte mal gesagt die Kunst de Lebens war zu lernen sich mit dem Unwohlsein wohlzufühlen, denn anders würde man im Leben nicht weiter kommen.

12 Tage AprilOnde as histórias ganham vida. Descobre agora