Wiedersehen mit Freude?

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Als schließlich die Tür geöffnet wurde...
Noah.
Ihm stand die Verwunderung ins Gesicht geschrieben, aber einen Augenblick später zog er mich schließlich in seine Arme.
"Hi Alice. Komm doch erstmal rein."
Seine Wohnung war nicht modern eingerichtet, eher kahl und schlicht, wenn nicht ein bisschen traurig. Wir kamen in ein kleines Wohnzimmer. Dort stand eine Couch, ein kleiner Fernseher und ein Tisch. Die weißen Tapeten lösten sich schon langsam von der Wand. Alles in allem sah es hier schrecklich aus. Aber nun stellte ich die Frage, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte.
"Warum musstest du damals gehen?"
"Hör zu Alice. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was damals passiert ist. Mir wurde nur im Nachhinein erzählt, was passiert ist."
"Das ist mir egal, ich möchte nur eine Wahrheit hören, die ich glauben kann."
"Also gut.
Wir wurden getrennt, weil unsere Mutter nicht für uns beide sorgen konnte. Mit drei hat sie dann entschieden, mich zu unserem Vater zu geben, jedoch bin ich dort nie angekommen." Er seufzte einmal,ehe er weiter sprach.
"Naja und dann bin ich in ein Kinderheim gekommen. Um genau zu sein hatte ich eine scheiß Kindheit. Keiner hat sich um mich gekümmert. Ich hatte niemanden.Tja und dann wurde ich mit siebzehn entlassen und habe beschlossen ein neues Leben anzufangen. Nachdem ich hier einen Platz auf der Highschool bekommen habe, bin ich hierhin gezogen. Um meine Wohnung und meinen Lebensunterhalt zu finanzieren arbeite ich halt bei Starbucks."
Ich habe ja alles erwartet, aber dass er genau so eine Scheiße durchgemacht hat, hatte ich nicht erwartet.
"Aber erzähl du jetzt mal. Was hast du die ganzen Jahren gemacht?"
Und dann erzählte ich ihm alle spannenden Details aus meinem Leben. Von dem verschwinden meines Bruders, bis hin zum Wiedersehen. Das einzige, was ich ausließ war das mit der Vergewaltigung. Alles musste er auch nicht wissen.
Und schließlich schliefen wir in seinem Bett dicht aneinander gekuschelt ein.

Am nächsten morgen beschloss ich nicht in die Schule zu gehen, denn ich hatte ich jetzt noch einiges vorzubereiten. Als allererstes jedoch rief ich Dad an. Mit ihm hatte ich noch einiges zu besprechen.
Nach dem fünften Tuten nahm er schließlich auch mal ab:
Morgen Dad.

Morgen Alice. Warum rufst du mich an, wenn du doch in der Schule sein solltest?

Ich habe heute Nacht bei Mara übernachtet und die Schule fällt heute aus, weil es so warm ist. Ich bin gleich wieder zu Hause.

Eine kleine Notlüge kann ja nicht schaden. Da Dad heute seinen freien Tag hat, habe ich entschieden, ihn mal mit Noahs Auftauchen zu konfrontieren.
Da Noah noch schlief und ich Hunger hatte, musste ich also wiederwillig selbst Frühstück machen. Eine halbe Stunde und fünf verbrannte Pfannkuchen später, entschied sich schließlich auch mein geliebter Bruder mal aufzustehen.
"Mmh das riecht gut. Was gibt es denn?" "Pfannkuchen", nuschelte ich ihm entgegen. "Oh da ist aber jemand ein Morgenmuffel." Ich schenkte ihm noch einen gespielten, ernsten, vernichtenden Blick.
"Noah möchtest du heute mitkommen, Dad kennenlernen?" "Hm ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist."
Nach längerer Überredungskunst hatte ich es dann doch geschafft, dass Noah sich bereit erklärte mit "nach Hause" zu kommen.
Ich zog mir meine Klamotten von gestern an und so fuhren Noah und ich zu Dad. Wir hielten noch kurz bei Starbucks und ich holte mir einen Milchkaffee. Noah blieb im Auto, da er eigentlich heute hätte arbeiten müssen. Er hat sich aber krank gemeldet und es kommt glaube ich nicht so gut, wenn er hier jetzt kerngesund auftaucht.
Und so fuhren wir weiter zu mir nach Hause.
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"Bin wieder da." Schrie ich durchs Haus. "In der Küche." Ich gab Noah ein Zeichen, dass er mir folgen soll und so standen wir schließlich in der Küche.
"Hallo Alice! Oh... wen hast du denn da mitgebracht? Dein Freund? Warum hast du mir das nicht vorher gesa..." Ok das reichte. Dass er seinen eigenen Sohn nicht erkannte, ist definitiv zu viel. "Das ist Noah, dein Sohn und mein Bruder", schrie ich ihn an.

Stille

Wenn ich eines hasste, dann war es diese Totenstille. Keiner traute sich etwas zu sagen. Ich wagte einen kurzen Blick in die Augen meines Vaters, bereute es aber sofort wieder.
Keine Emotionen waren zu erkennen. Seine Gesichtszüge schienen, als wäre nichts passiert. Eiskalt wie immer.

He is (a/my) fucking BadboyWhere stories live. Discover now