DAY TWENTYONE ~ NAMSEOK

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"Wo ist er?! Ich muss ihn sofort sehen!" Der Arzt sah leicht genervt zu mir herunter - ich saß auf einem Stuhl und war deshalb erheblich kleiner als er - und ging dann einfach an mir vorbei. Das war jetzt aber wirklich schon dreist! Einen heulenden, verzweifelten Jungen, der gerade dabei war, einen Freund zu verlieren, einfach zu ignorieren und ihm auch keine Auskundschaft darüber zu geben, wie es seinem Freund denn ging. Ich verlangte auch nicht nach viel! Ich wollte lediglich wissen, wie es um ihn stand. Er musste mir nicht mal sagen, ob er wach war, ob er sich denn je wieder bewegen konnte. Ich wollte nur wissen, ob die Chance bestand, ihn am Leben zu erhalten. Nur diese eine Antwort hätte mir gereicht.. Mehr Tränen flossen von meinen Augen runter über meine Wangen, bis diese schließlich auf den Boden trafen. Hätte ich gesagt, es würde nicht schon eine kleine Pfütze aus meinen Tränen inmitten des Flures im Krankenhauses existieren, hätte ich gelogen. Ich hatte zu große Angst.. Ich konnte ihm noch nicht mal sagen, was ich denn für ihn empfand.. Ich wollte ihm mindestens noch diese drei Worte sagen, die schon seit Jahren über meine Lippen kommen wollten, doch ich hatte nie einen passenden Moment gefunden. Genau in diesem Augenblick erkannte ich aber etwas - Es wäre nie zu einem richtigen, passenden Moment gekommen. Immer hätte mich etwas aufgehalten, wäre der Moment noch so perfekt gewesen. Es gab ihn einfach nicht ; diesen perfekten Zeitpunkt. Man musste den Moment selbst zu dem perfekten machen und es sich einfach nur trauen. Ich hätte nicht erwarten sollen, eines Tages mit ihm durch eine wunderschöne Blumenwiese zu laufen, händchenhaltend - was für Freunde eigentlich schon nicht wirklich üblich war. Lächelnd sah er zu mir und wollte unsere Lippen gerade zu einem verbinden, als ich die Worte schließlich aussprach ; so in meiner Vorstellung. In der Realität sah dies nun leider doch anders aus. Es gab keine Blumenwiese. Es gab nur das Krankenhaus, mit den vielen kranken und sterbenden Menschen. Mit Ärzten, Besuchern und Tränen. Freude kam in einem Krankenhaus, meiner Meinung nach, sehr selten auf. Zumindest verband ich ein Krankenhaus mit nichts Positivem. Nun saß ich dort, auf einem Stuhl neben dem Bett von Namjoon. Warum du? Warum hatte das Auto nur dich erwischt? Du hättest mich nicht retten dürfen, Namjoon! Nur deshalb lagst du nun hier. Du hättest mich einfach dort stehenlassen können.. Dann wärst du nun nicht in so einem schrecklichen Zustand. Wie konnte dieses Auto dich nur so schlimm zurichten? Hatte es so viel Geschwindigkeit, dass du nun so viele Verletzungen und sogar Brüche hattest? Namjoon.. Du durftest nicht sterben. Ich sorgte dafür. Jeden Tag. Als ich die Ärzte nach langer Zeit endlich überredet hatte, mir etwas Auskunft zu geben, ließen sie mich schließlich sogar in sein Zimmer, was bis jetzt eigentlich noch nicht einmal seiner Familie gestattet war. Wahrscheinlich hatten sie meine Angst gesehen. Meine Angst und diese pure Verzweiflung, die ich ausstrahlte. Oder sie waren einfach nur genervt von mir.. Dies war ebenfalls möglich. Ich hielt die zweite Möglichkeit sogar für wahrscheinlicher, als die erste. Vorsichtig griff ich nach Namjoons kalter, fast schon lebloser Hand. Wenn ich nur an seiner Stelle dort gelegen hätte.. "Bitte komm zurück zu mir..", flüsterte ich in sein Ohr, "Ich brauche die Namjoon.." Ich gab ihm einen kurzen, sanften Kuss auf die Wange, wich danach allerdings keinen Zentimeter von seinem Gesicht zurück. "Ich liebe dich..", hauchte ich und strich ihm dabei zärtlich mit dem Daumen über seinen Handrücken, wobei ich plötzlich einen leichten Druck spürte. Er hatte seine Hand bewegt.. Hatte er dies gerade wirklich getan?! Hoffnungsvoll blickte ich in sein Gesicht. Ich hatte Hoffnung, wieder in seine Augen blicken zu können. In seine wunder wunderschönen Augen.. Doch nichts.. Seine Augen waren fest geschlossen, er bewegte sich nicht mehr. Doch ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, was sogar mich etwas zum lächeln brachte. Er kämpfte weiter. Vielleicht ja sogar für mich..


24 DAYS WITH BANGTANWhere stories live. Discover now